Evidenzstellentreffen der (Verwaltungs)Gerichte - 10 Jahre Verwaltungsgerichtsbarkeit

Dem wichtigen Thema angemessen fand das jährliche Treffen diesmal beim Verwaltungsgerichtshof statt. Im Vordergrund standen die Aufgaben der Evidenzstellen, insbesondere die Beobachtung der eigenen Rechtsprechung und die der Höchstgerichte sowie die Qualitätskontrolle vor Veröffentlichung im Internet. Weitere Themen waren die EuGH-Rechtsprechung zur DSGVO und der Einsatz von Künstlicher Intelligenz zum einfacheren Anonymisieren von Entscheidungen, für eine bessere Entscheidungssuche und effizientere Aktenführung.

Evidenzstellentreffen 2024

Präsident Univ. Prof. Dr. Rudolf Thienel begrüßte die Teilnehmer und bestätigte die Relevanz der Tagungsthemen auf EU-Ebene. Hans Peter Lehofer vom VwGH-Evidenzbüro setzte treffend mit seinem Vortrag die Zukunft in Evidenz halten fort und erläuterte die Aufgaben und Herausforderungen der Evidenzstellen, einschließlich der Qualitätssicherung (z.B. Normen, Rechtssätze, Anonymisierung) und der Problematik der föderalen Struktur der Verwaltungsgerichte.
Michael Suda von der Datenschutzbehörde referierte zur EuGH-Rechtsprechung zu Art. 26 DSGVO und deren Auswirkungen auf die Entscheidungsdokumentation im RIS (Rechtsinformationssystem). Es geht um die wichtige Festlegung von Verantwortungsbereichen und die Abgrenzung von Auftragsverarbeiter und Verantwortlicher.
Stefan Herdega vom LVwG OÖ demonstrierte anhand einer Originalentscheidung das Anonymisieren mit dem A-Tool von Balo.ai. Dieses KI-gestützte Anonymisierungstool ist bereits bei Gerichten in der Schweiz im Einsatz und wurde auf das LVwG OÖ angepasst, sodass auch (zusätzlich) Namen und Daten (z.B. Grundstücksnummern) erkannt werden. Ein großer Vorteil ist, dass man bereits ein (vor)anonymisiertes Dokument erhält und in einem eingeblendeten Fenster die gefundenen Personen, Organisationen, Orte, Nummern etc. mit einem Schieberegler annehmen oder wegnehmen kann.
Zu Mittag führte uns Präsidialvorstand Peter Doblinger durch die beeindruckenden Prunkräume bis zur Putten- und Löwenstiege.
Abschließend wurden moderne Suchtechnologien für Entscheidungsdokumentationen und die Chancen und Risiken des Einsatzes von KI bei Gerichten diskutiert. Angela Stöger-Frank von der BFG-Evidenzstelle präsentierte eine verbesserte Suche in der FINDOK (Finanzdokumentation) unter Berücksichtigung von verschiedenen Schreibweisen und Synonymen. Das Suchergebnis wird in einer nach Relevanz sortierten Trefferliste mit Filterfunktionen dargestellt und ein Inhaltsverzeichnis dient zum schnelleren Navigieren durch längere Entscheidungstexte. Revisions- oder Beschwerdeverfahren vor den Höchstgerichten dokumentiert die BFG-Evidenzstelle mit dem Vermerk „Beachte“.
Anton Geist von LexisNexis gab Einblicke in die Nutzung von großen Sprachmodellen wie ChatGPT, conversational search oder Accurate Summarization für die automatische Erstellung von Dokumentenzusammenfassungen, Inhaltsverzeichnisse und Entscheidungsentwürfen. Die „Stichwortsuche“ hat ausgedient, man erwartet sich (ausführliche) Antworten auf Fragen und Textvorschläge.

Die wichtigste Aufgabe der Evidenzstellen bleibt die Veröffentlichung der Entscheidungen im Internet, um die Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte und deren Haltbarkeit vor den Höchstgerichten sichtbar zu machen. Der Austausch und die strukturelle Zusammenarbeit sollen auch in Zukunft fortgesetzt und intensiviert werden. Für Gesprächsstoff beim nächsten Treffen 2025 ist gesorgt, wenn das Informationsfreiheitsgesetz (IFG) im September 2025 in Kraft tritt.