BFG-Newsletter 2025/03

Inhaltsverzeichnis

Beihilfen / FLAG
Einkommensteuer
Finanzstrafrecht
Gebühren und Verkehrsteuern
Körperschaftsteuer / Umgründungen / Stiftungen
Normverbrauchsabgabe, Kfz-Steuer
Umsatzsteuer
Verfahrensrecht
Landes- und Gemeindeabgaben, Verwaltungsstrafangelegenheiten
Zoll und Außenwirtschaft

Beihilfen / FLAG

Nur der rechtmäßige Aufenthalt in Österreich nach §§ 8, 9 NAG oder nach § 54 Asylgesetz 2005 begründet Anspruch auf FB nach § 3 Abs. 1 und 2 FLAG 1967 (hier: Asylbescheid gemäß § 3 AsylG 2005)

  • § 3 Abs. 1 bis 5 FLAG 1967, § 54 AsylG 2005, § 9 NAG, § 8 NAG
  • BFG vom 27.08.2025, RV/7100434/2024 (Zurückverweisung ans FA; Revision nicht zugelassen)

Rechtssatz 2: Der rechtmäßige Aufenthalt in Österreich aus anderen Gründen, ohne dass ein rechtmäßiger Aufenthalt nach §§ 8, 9 NAG oder nach § 54 Asylgesetz 2005 vorliegt, reicht nicht aus, um Anspruch auf Familienbeihilfe i.S. § 3 Abs. 1 und 2 FLAG 1967 zu begründen.

Alleinerzieherabsetzbetrag und Kindermehrbetrag, wenn keine steuerpflichtigen Einkünfte bezogen werden

  • § 33 Abs. 7 EStG 1988, § 3 Abs. 1 Z 3 lit. a EStG 1988, § 3 Abs. 1 Z 5 lit. b EStG 1988, § 3 Abs. 1 Z 7 EStG 1988, § 2 Abs. 3 EStG 1988, § 3 Abs. 1 Z 5 lit. a EStG 1988
  • BFG vom 28.08.2025, RV/7102385/2025 (teilw. Stattgabe; Revision nicht zugelassen)

Rechtssatz 1: Die Sozialhilfe (bedarfsorientierte Mindestsicherung), die Notstandshilfe, das Kinderbetreuungsgeld, die Familienbeihilfe und der Mehrkindzuschlag sind von der Einkommensteuer befreit. Der Bezug dieser Leistungen kann daher § 33 Abs. 7 erster Teilstrich EStG 1988 hinsichtlich der Anforderung der Erzielung von steuerpflichtigen Einkünften gemäß § 2 Abs. 3 Z 1 bis 4 EStG 1988 für die Erstattung des Kindermehrbetrages nicht erfüllen. Somit kann dahingestellt bleiben, ob der Bezug solcher Leistungen überhaupt zu steuerbaren Einkünften führt.

Rechtssatz 2: Der Bezug von Sozialhilfe oder Notstandshilfe kann schädlich für den Anspruch auf Erstattung des Kindermehrbetrages gemäß § 33 Abs. 7 EStG 1988 in der Fassung PrAG 2024, BGBl. I Nr. 153/2023, sein.

Einkommensteuer

Kein Öko-Sonderausgabenpauschale, wenn Bundesförderung noch nicht ausbezahlt wurde

  • § 18 Abs. 1 Z 10 lit. a EStG 1988
  • BFG vom 24.04.2025, RV/7100709/2025 (Abweisung; Revision zugelassen)

Voraussetzung für die Berücksichtigung des Sonderausgabenpauschales gemäß § 18 Abs. 1 Z 10 lit. a EStG ist einerseits die Auszahlung der entsprechenden Förderung und andererseits die entsprechende Datenübermittlung an die Abgabenbehörde. Zudem müssen die Ausgaben nach ausbezahlter Förderung den Betrag von 4.000 Euro übersteigen.

Doppelte Haushaltsführung: Anforderungen an den Familienwohnsitz; Bindungswirkung (§ 299 BAO)

  • § 16 Abs. 1 EStG 1988, § 16 Abs. 1 Z 6 lit. f EStG 1988, § 4 Pendlerverordnung
  • BFG vom 13.05.2025, RV/7104120/2024 (teilw. Stattgabe; Revision zugelassen)

Rechtssatz 1: Die Ausgaben für Pendlerpauschale und Familienheimfahrten betreffend (§ 16 Abs 1 Z 6 lit f und § 20 Abs 1 Z 2 lit e EStG) sieht seit 2014 § 4 Abs 1 Z 1 der Pendlerverordnung vor, dass der Familienwohnsitz dort liegt, wo ein in (Ehe)Partnerschaft lebender Steuerpflichtiger seine engsten persönlichen Bindungen und einen Hausstand hat, wobei als Hausstand (Abs 2 leg cit) der Besitz einer Wohnung gilt, die seinen Lebensbedürfnissen entspricht; kein Hausstand liegt vor, wenn Räumlichkeiten innerhalb eines Wohnverbandes einer oder mehrerer Personen, die nicht (Ehe)Partner sind oder mit denen eine Lebensgemeinschaft besteht, mitbewohnt werden. Für Kosten einer Wohnung am Beschäftigungsort fehlt eine derart einengende Definition. Das Gesetz stellt auch nicht explizit auf das Vorliegen einer "doppelten Haushaltsführung" ab. Zu prüfen ist das Vorliegen von "Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen" gemäß § 16 Abs 1 EStG. Solche können aber auch dann hinsichtlich einer Wohnung am Beschäftigungsort gegeben sein, wenn die Familienwohnung unentgeltlich überlassen ist bzw der Arbeitnehmer den Haushalt mitbestimmt und nicht bloß in einen fremden Haushalt eingegliedert ist, zumal nicht den Wohnverhältnissen am Familienwohnort maßgebliche Bedeutung zukommt, sondern – wie bereits erwähnt – der Zumutbarkeit einer Wohnsitzverlegung, wobei der Eignung der Wohnmöglichkeit am Beschäftigungsort, dem Wohnbedürfnis Rechnung zu tragen, maßgebliche Bedeutung beigemessen wird.

Rechtssatz 2: § 4 Abs 1 Pendlerverordnung kennt zwei Tatbestände – den in (Ehe)Partnerschaft lebenden Steuerpflichtigen (Z 1) und den alleinstehenden Steuerpflichtigen (Z 2). Für beide definiert Abs 2 den eigenen Hausstand. Weder in Abs 1 noch in Abs 2 werden die Tatbestände des Abs 1 Z 1 und 2 unterschiedlich behandelt. Es ist daher von einem einheitlichen Begriff des eigenen Hausstandes auszugehen. Daher hat sowohl der alleinstehende Steuerpflichtige, der eine Wohnung nur mitbewohnt, als auch der in Partnerschaft lebende Steuerpflichtige, der gemeinsam mit seinem Partner eine Wohnung nur mitbewohnt, keinen eigenen Hausstand im Sinne des § 4 Pendlerverordnung.

Überlassung von vier Luxus-Ferienwohnungen - Einkünfte aus VuV

  • § 28 EStG 1988
  • BFG vom 18.06.2025, RV/3100261/2024 (Abweisung; Revision nicht zugelassen)

Beachte: VfGH-Beschwerde zur Zahl E 2187/2025 anhängig.

Die Überlassung von vier luxuriös ausgestatteten Ferienwohnungen führt auch bei großem persönlichen Einsatz von Zeit und Mitteln nicht zu Einkünften aus Gewerbebetrieb, wenn keinerlei (entgeltliche) Nebenleistungen erbracht werden.

Die Ausgaben aus einer als Liebhaberei eingestuften Betätigung (Beteiligung) können nicht bei einem Beteiligten als Werbungskosten aus nichtselbständiger Arbeit abgesetzt werden

  • § 262 BAO, § 281a BAO, § 261 Abs. 1 BAO, § 34 Abs. 2 EStG 1988
  • BFG vom 18.08.2025, RV/7100073/2019 (Gegenstandsloserklärung/teilw. Stattgabe; Revision nicht zugelassen)

Rechtssatz 1: Die Gegenstandsloserklärung einer Beschwerde (Bescheidbeschwerde) gemäß § 261 Abs. 1 BAO mit Beschluss kann auch dann erfolgen, wenn keine Beschwerdevorentscheidung ergangen ist und kein Vorlageantrag gestellt worden ist. VwGH 29.1.2015, Ro 2015/15/0001 sieht ohne (notwendige) Beschwerdevorentscheidung nur für eine Entscheidung "in der Sache" und nicht für eine Formalerledigung die Unzuständigkeit des Bundesfinanzgerichtes vor.

Rechtssatz 2: Da Steuerpflichtige gleicher Einkommensverhältnisse im Regelfall gleich mit Einkommensteuer belastet sind, unabhängig von Erhebungsform und Entrichtungsform, sind die Raten zur Zahlung der eigenen Einkommensteuer nichts Außergewöhnliches und stellen daher keine außergewöhnliche Belastung im Sinne des § 34 EStG 1988 dar.

Kein rückwirkender Wegfall der Einkommensteuerpflicht für eine private Grundstücksveräußerung bei Eintritt einer auflösenden Bedingung

  • § 30 EStG 1988
  • BFG vom 20.08.2025, RV/5100793/2025 (Abweisung; Revision zugelassen)

Die Aufhebung des Verpflichtungsgeschäftes, das der Einkommensteuerpflicht gemäß § 30 EStG 1988 unterliegt, beseitigt nicht die ursprüngliche Veräußerung aufgrund des Eintrittes einer auflösenden Bedingung.

Doppelte Haushaltsführung eines Profisportlers und Schülers

  • § 16 EStG 1988, § 4 Pendlerverordnung
  • BFG vom 21.08.2025, RV/3100067/2025 (teilw. Stattgabe; Revision zugelassen)

Rechtssatz 1: Das Tatbestandsmerkmal des eigenen Hausstands gemäß § 4 Abs. 2 Pendlerverordnung ist nicht relevant für die Beurteilung, ob ein Abgabepflichtiger Werbungskosten für doppelte Haushaltsführung oder Familienheimfahrten geltend machen kann, da diese auf dem allgemeinen Werbungskostenbegriff des § 16 Abs. 1 EStG fußen und nicht auf den Bestimmungen, zu denen die Pendlerverordnung ergangen ist (Zorn in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG, 24. Aufl., § 4 Tz 350 ff).

Ausführliche Besprechung mit Praxishinweisen: Hell in BFGjournal 2025, 325

Finanzstrafrecht

Festsetzung einer Ordnungsstrafe im FinStrG-Beschwerdeverfahren durch das BFG

  • § 56 Abs. 2 FinStrG, § 157 FinStrG, § 287 BAO, § 172 Abs. 1 FinStrG
  • BFG vom 24.07.2025, AO/3300001/2025 (Abänderung zu Ungunsten der bf. Partei; Revision nicht zugelassen)

Rechtssatz 1: Die Festsetzung von Zwangs- und Ordnungsstrafen im finanzstrafrechtlichen Beschwerdeverfahren durch das Bundesfinanzgericht ist zulässig, da das Gericht gemäß § 157 zweiter Satz FinStrG alle Befugnisse der Finanzstrafbehörden hat und § 56 Abs. 2 FinStrG den Finanzstrafbehörden die Festsetzung von Zwangs- und Ordnungsstrafen ermöglicht.

Rechtssatz 2: Die Einhebung und zwangsweise Einbringung einer vom Bundesfinanzgericht im finanzstrafrechtlichen Beschwerdeverfahren festgesetzten Zwangs- oder Ordnungsstrafe obliegt gemäß § 287 BAO iVm § 157 vierter Satz FinStrG der vom Gericht bestimmten Finanzstrafbehörde.

Beschwerde gegen die Anordnung einer Hausdurchsuchung durch den Spruchsenatsvorsitzenden

  • § 152 Abs. 1 FinStrG, § 93 Abs. 7 FinStrG
  • BFG vom 25.07.2025, RV/3300003/2025 (Abweisung; Revision nicht zugelassen)

Beschwerden gegen die Anordnung und Durchführung einer Hausdurchsuchung gemäß § 93 Abs. 7 FinStrG sind keine Maßnahmenbeschwerden, sondern – ausnahmsweise zulässige – Beschwerden gegen verfahrensleitende Anordnungen im Sinne des § 152 Abs. 1 zweiter Satz FinStrG, sofern die Anordnung bei der Durchführung der Hausdurchsuchung nicht überschritten wurde.

Zurückweisung einer gemäß § 124 Abs. 1 FinStrG gegenstandslos gewordenen Beschwerde gegen Abweisungsbescheid

  • § 124 Abs. 1 FinStrG
  • BFG vom 08.08.2025, RV/7300027/2025 (Zurückweisung; Revision nicht zugelassen)

Rechtssatz 1: Unerledigte Beschwerden gegen die Abweisung eines Antrages auf Einstellung des Untersuchungsverfahrens sind nach dessen Abschluss kraft Gesetzes gegenstandslos und somit nicht mehr zulässig, weshalb sie zurückzuweisen sind. Nach Abschluss des Untersuchungsverfahrens sind davor eingebrachte Einstellungsanträge infolge der Gegenstandslosigkeit einer inhaltlichen Entscheidung nicht mehr zugänglich und danach eingebrachte Einstellungsanträge sind als unzulässig zurückzuweisen.

Rechtssatz 2: Einer Gegenstandsloserklärung der vor Abschluss des Untersuchungsverfahrens eingebrachten Einstellungsanträge und der bis nach Abschluss des Untersuchungsverfahrens unerledigten Beschwerden bedarf es wegen der ex lege eingetretenen Gegenstandslosigkeit nicht.

1. Abgabenhinterziehung bei Begleitagenturen, Umsatzzurechnung an den Unternehmer;
2. Steuerberaterin hat die umsatzsteuerliche Linie vorgegeben und das System ihres Vorgängers übernommen. 
3. Kein vorsätzliches oder grob fahrlässiges Verhalten des Beschuldigten, wenn die Steuerberaterin als befugte Parteienvertreterin ihn nicht auf die korrekte Rechtslage hingewiesen hat.

  • § 98 Abs. 3 FinStrG
  • BFG vom 02.09.2025, RV/7300061/2024 (Abweisung; Revision nicht zugelassen)

Man kann von Abgabepflichtigen nicht verlangen, sich jeweils an ausgewiesene Spezialisten für bestimmte (ihre) Berufsgruppen zu wenden, da davon ausgegangen werden darf, dass sich Parteienvertreter mit der entsprechenden Materie (hier die umsatzsteuerrechtlichen Bestimmungen im Zusammenhang mit Begleitagenturen) umfangreich auseinandersetzen und nicht nur ihre Klienten vorerst beruhigen wollen.

Gebühren und Verkehrsteuern

Normenprüfungsantrag zur Vereinbarkeit der Rechtsgebühr auf Annahmeverträge mit dem Sachlichkeitsgebot des Art. 7 B-VG

  • § 33 TP 1 GebG 1957
  • BFG vom 16.07.2025, RN/5100001/2025 (Normenprüfungsantrag; Revision nicht zugelassen)

Beachte: Beim VfGH anhängig zur Zahl G 104/2025.

Rechtspolitischer Hintergrund für eine Rechtsgeschäftsgebühr auf Annahmeverträge war eine Besserstellung in der Erbschaftsbesteuerung. Während nämlich Fremde in der Erbschaftssteuer in die Steuerklasse V (Steuersatz 14-60 %) fielen, konnte durch eine Adoption die weitaus günstigere Steuerklasse I (Steuersatz 2-15 %) erreicht werden.
Seit 1.8.2008 wird keine Erbschaftssteuer mehr erhoben. Der im Zeitraum bis 1.8.2008 durch eine Adoption erzielbare vermögensrechtliche Vorteil hinsichtlich Erbschaftssteuer ist seither nicht mehr existent. Daher ist es aus Sicht des BFG fraglich, ob § 33 TP 1 GebG dem allgemeinen Sachlichkeitsgebot des Art. 7 B-VG entspricht.

Ausführliche Besprechung mit Praxishinweisen: Streicher in BFGjournal 2025, 316

Eingabengebühr - Privatinteresse bei einem Auskunftsbegehren nach dem Auskunftspflichtgesetz

  • § 1 AuskG, § 4 AuskG, § 14 TP 6 GebG 1957
  • BFG vom 18.08.2025, RV/7100976/2025 (Stattgabe; Revision nicht zugelassen)

Geht es dem Antragsteller beim Auskunftsbegehren nur darum, nach Erhalt der Information allgemeine Anregungen oder Vorschläge für Maßnahmen zur Verbesserung der (künftigen) Gesetzeslage unterbreiten zu können, ohne dass er damit einen ideellen Vorteil für sich anstrebt oder er ein konkretes eigenes (persönliches) Ziel verfolgt, liegt mangels Privatinteresses keine gebührenpflichtige Eingabe iSd § 14 TP 6 GebG vor.

Privatinteresse bei Ansuchen um Streichung aus der Geschworenen- und Schöffenliste

  • § 14 TP 6 Abs. 1 GebG 1957, § 9 Abs. 1 GebG 1957
  • BFG vom 19.08.2025, RV/7104071/2024 (Abweisung; Revision nicht zugelassen)

Rechtssatz 1: Anträge auf Befreiung vom Amt eines Geschworenen oder Schöffen (§ 4 GSchG), die an eine Verwaltungsbehörde gerichtet werden, liegen im privaten Interesse des Einschreiters und sind daher gemäß § 14 TP 6 Abs. 1 GebG gebührenpflichtige Eingaben.

Rechtssatz 2: Es besteht grundsätzlich keine Verpflichtung der Behörde, aktiv über eine Gebührenpflicht einer Eingabe zu informieren. Informiert sie über die Gebührenpflicht, handelt es sich um eine Serviceleistung.

Körperschaftsteuer / Umgründungen / Stiftungen

Frage des Vorliegens eines Liquidationsverlustes bei der Liquidation eines ausländischen Gruppenmitgliedes bzw ob ein solcher Liquidationsverlust unter § 9 Abs 7 KStG 1988 zu subsumieren ist

  • § 9 Abs. 7 KStG 1988, § 10 Abs. 3 KStG 1988
  • BFG vom 20.08.2025, RV/5100786/2023 (Abweisung; Revision zugelassen)

Von der Steuerneutralität der Veräußerungsverluste im Sinn des § 9 Abs 7 KStG 1988 sind nicht nur Verluste anlässlich der Veräußerung einer Beteiligung umfasst, sondern auch jene Verluste, die anlässlich der Liquidation des (in- oder ausländischen) Gruppenmitglieds anfallen.

Normverbrauchsabgabe, Kfz-Steuer

NoVA-Vergütung für ein Kfz-Vermietungsunternehmen, das daneben auch Kraftfahrzeuge verkauft?

  • § 31 Abs. 1a GewO 1994, § 32 Abs. 1a GewO 1994, § 6 Abs. 9 NoVAG 1991, § 12a Abs. 1 NoVAG 1991
  • BFG vom 03.07.2025, RV/1100222/2024 (teilw. Stattgabe; Revision zugelassen)

Rechtssatz 1: Für die Eigenschaft eines befugten Fahrzeughändlers i.S.d. Vergütungsbestimmung des § 12a Abs. 1 2. Teilstrich NoVAG 1991 genügt es, wenn ein Unternehmen, dessen hauptsächlicher Betriebsgegenstand die Vermietung von Kraftfahrzeugen ist und dessen Gewerbeberechtigung auf die Vermietung von beweglichen Sachen lautet, daneben einen nicht zu vernachlässigenden Handel mit Kraftfahrzeugen als Nebengewerbe im Sinne des § 32 Abs. 1a Gewerbeordnung betreibt.

Rechtssatz 2: Normverbrauchsabgabevergütungen für ein Fahrzeug können die für dieses Fahrzeug insgesamt geschuldete Normverbrauchsabgabe niemals übersteigen.

Ausführliche Besprechung mit Praxishinweisen: Prodinger in SWK 27/2025, 1180; Deutsch in BFGjournal 2025, 352

Umsatzsteuer

Optionsausübung hinsichtlich einer ursprünglich als steuerfrei behandelten Anzahlung im Zeitpunkt der Leistungserbringung

  • § 6 Abs. 1 Z 16 UStG 1994, § 6 Abs. 2 UStG 1994, § 16 Abs. 1 UStG 1994
  • BFG vom 03.07.2025, RV/7100740/2019 (Abänderung zu Ungunsten der bf. Partei; Revision zugelassen)

Beachte: VfGH-Beschwerde zur Zahl E 2574/2025 anhängig.

Rechtssatz 1: Für die wirksame Ausübung einer Option nach § 6 Abs 2 UStG 1994 hinsichtlich eines grundsätzlich nach § 6 Abs 1 Z 16 UStG 1994 umsatzsteuerfreien Vermietungsumsatzes ist eine Voraussetzung, dass der gesamte betreffende Umsatz in der Umsatzsteuervoranmeldung bzw. Umsatzsteuererklärung umsatzsteuerpflichtig behandelt wird. Soll eine Option nach § 6 Abs 2 UStG 1994 wirksam ausgeübt werden, sind bereits Mietvorauszahlungen im Zeitpunkt des Zuflusses als steuerpflichtig zu behandeln. Die Behandlung von zu verschiedenen Zeitpunkten eingegangenen Zahlungen, die dasselbe Mietverhältnis und denselben Zeitraum betreffen, einerseits als umsatzsteuerfrei und andererseits als umsatzsteuerpflichtig ist mit der Optionsausübung nach § 6 Abs 2 UStG 1994 nicht vereinbar.

Rechtssatz 2: Die nachträgliche Optionsausübung gem. § 6 Abs 2 UStG 1994 durch Umqualifizierung einer ursprünglich steuerfrei behandelten Anzahlung in einen steuerpflichtigen Umsatz ist kein Fall einer Änderung der Bemessungsgrundlage gem. § 16 Abs 1 UStG 1994.

Ausführliche Besprechung mit Praxishinweisen: Plattner in BFGjournal 2025, 350

Keine Differenzbesteuerung bei über die Instandsetzung hinausgehenden Arbeiten der Wiederverkäuferin am Gegenstand

  • § 24 UStG 1994, Art. 311 RL 2006/112/EG
  • BFG vom 03.07.2025, RV/5100677/2021 (Abweisung; Revision zugelassen)

Beachte: Revision eingebracht.

Voraussetzung für die Anwendbarkeit der Differenzbesteuerung ist, dass derselbe Gegenstand weiterveräußert wird. Führt der Wiederverkäufer über die bloße Instandsetzung hinausgehende Arbeiten an diesem Gegenstand durch, so steht dies der Anwendbarkeit der Differenzbesteuerung im Wege.

Zusatztext: Hier: Lieferung eines Gegenstandes, der aus gebrauchten (ohne Vorsteuerabzug) und neu angeschafften Teilen (mit Vorsteuerabzug) zusammengebaut wurde, wodurch nach der Verkehrsauffassung ein neuer Gegenstand entstand.

Verfahrensrecht

Aufhebung eines Aufhebungsbescheides (§ 299 BAO) wegen fehlender Begründung

  • § 299 BAO
  • BFG vom 02.07.2025, RV/3100329/2025 (Aufhebung; Revision nicht zugelassen)

Bei der amtswegigen Aufhebung eines Bescheides gemäß § 299 BAO ist die Bezeichnung der für die Aufhebung maßgebenden Rechtswidrigkeit des aufgehobenen Bescheides in der Begründung unverzichtbar. Fehlt diese, so kann dies im Beschwerdeverfahren nicht saniert werden. Ein solcher Bescheid ist daher ersatzlos aufzuheben.

Verständigung gemäß § 281a BAO nach Wegfall des Vorlageantrages infolge Aufhebung einer Beschwerdevorentscheidung

  • § 281a BAO, § 264 Abs. 7 BAO
  • BFG vom 02.07.2025, RV/3100324/2025 (formlose Verständigung; Revision nicht zugelassen)

Wird eine Beschwerdevorentscheidung aufgehoben, scheidet gemäß § 264 Abs. 7 BAO auch ein darauf bezogener Vorlageantrag aus dem Rechtsbestand aus. Lebt damit gleichzeitig eine frühere Beschwerdevorentscheidung wieder auf, gegen die kein Vorlageantrag eingebracht wurde, hat das Bundesfinanzgericht das noch bei ihm anhängige Verfahren betreffend den bekämpften Bescheid mangels Vorhandenseins eines Vorlageantrages mit einer Verständigung gemäß § 281a BAO zu beenden.

1. Keine Differenzbesteuerung bei über die Instandsetzung hinausgehenden Arbeiten der Wiederverkäuferin am Gegenstand
2. Nichtigkeit einer Erledigung, mit der ein vorläufiger Bescheid nach der Vorlage der dagegen gerichteten Beschwerde an das Verwaltungsgericht abgeändert und für endgültig erklärt wurde

  • § 300 Abs. 1 BAO, § 200 BAO
  • BFG vom 03.07.2025, RV/5100831/2018 (Abänderung und Endgültigerklärung ; Revision zugelassen)

Beachte: Revision eingebracht.

Rechtssatz 2: Ist ein vorläufiger Bescheid vor dem Bundesfinanzgericht angefochten, so greift ab Vorlage der Beschwerde die Entscheidungssperre des § 300 Abs. 1 BAO. Eine von der belangten Behörde danach vorgenommene Änderung und Endgültigerklärung ist nichtig.

Empfängerbenennung: § 162 BAO und § 22 Abs. 3 KStG 1988

  • § 22 Abs. 3 KStG 1988, § 162 BAO, § 138 BAO, § 138 Abs. 1 BAO, § 115 Abs. 1 BAO, § 183 Abs. 1 BAO, § 119 BAO
  • BFG vom 04.07.2025, RV/2100499/2021 (teilw. Stattgabe; Revision nicht zugelassen)

Beachte: Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2025/15/0101.

Rechtssatz 3: Die Anwendung des § 162 BAO (und des § 22 Abs. 3 KStG 1988) setzt voraus, DASS DIE IN RECHNUNG GESTELLTE LEISTUNG ERBRACHT WURDE, der Rechnungsempfänger aber entweder die Benennung des tatsächlichen Empfängers der abgesetzten Beträge (= Erbringer der in Rechnung gestellten Leistung) verweigert hat oder aber ohne Verletzung von Verfahrensvorschriften die Feststellung getroffen wurde, dass die benannte Person nicht der tatsächliche Empfänger der abgesetzten Beträge (= Erbringer der in Rechnung gestellten Leistung) ist. Denn bei § 162 BAO geht es nicht "so sehr" darum, dass der Steuerpflichtige "an sich" den Nachweis erbringt, eine Betriebsausgabe getätigt zu haben, als dass eine Verkürzung der Steuern dadurch verhindert werden soll, dass der Steuerpflichtige den Namen des Zahlungsempfängers nennt und damit die Finanzverwaltung in die Lage setzt, die der Betriebsausgabe auf der Seite des Zahlungsempfängers entsprechende Einnahme bei diesem zu versteuern (vgl. VwGH 15.11.1963, 0749/62). § 162 BAO beruht nämlich auf dem Grundsatz, dass das, was bei dem einen Abgabepflichtigen abzusetzen ist, bei dem anderen versteuert werden muss, wenn nicht steuerpflichtige Einnahmen unversteuert bleiben sollen. Es kann daher die Absetzung von (tatsächlich getätigten) Betriebsausgaben TROTZ FESTSTEHENDER SACHLICHER BERECHTIGUNG abgelehnt werden, solange nicht die Möglichkeit, die entsprechenden Einnahmen beim Empfänger zu versteuern, dadurch sichergestellt ist, dass der Steuerpflichtige den Empfänger konkret genannt hat (vgl. VwGH 16.03.1988, 87/13/0252).

Rechtssatz 4: Die Hauptbedeutung eines Auftrages nach § 138 BAO liegt darin, dass der Abgabepflichtige insb. aus prozessökonomischen Gründen dazu verhalten werden soll, das ihm ohne große Mühe zugängliche Verfahrensmaterial beizubringen, nämlich jenes Material, das für die Würdigung der in Frage stehenden Tatsachen von Bedeutung ist (VwGH 20.04.1999, 94/14/0149).

Rechtssatz 5: § 138 Abs. 1 BAO hat die Feststellung solcher Verhältnisse im Auge, die für die Abgabenbehörde nur unter Mithilfe des Abgabepflichtigen aufklärbar sind, denen der Abgabepflichtige hinsichtlich der Beweisführung somit nähersteht als die Behörde. Es handelt sich um Tatsachen, für die die Behörde keine zweckdienliche Nachprüfungsmöglichkeit hat, für deren Beweisbarkeit der Abgabepflichtige aber vorsorgend wirken kann (VwGH 24.02.2004, 99/14/0247).

Rechtssatz 6: Die ERHÖHTE MITWIRKUNGSPFLICHT BEI SACHVERHALTEN MIT AUSLANDSBEZUG mitumfasst eine entsprechende BEWEISVORSORGEPFLICHT (vgl. VwGH 16.04.2024, Ro 2022/13/0017, mwN).

Rechtssatz 7: Behauptet die Partei des Abgabenverfahrens das Vorliegen ungewöhnlicher Umstände (die Beschwerdeführerin behauptet, die Rechnungsbeträge ohne Bestätigung des Geldübernehmers bar bezahlt zu haben, was im Geschäftsverkehr ungewöhnlich ist), so unterliegt sie außerdem bei Feststellung dieser Verhältnisse einer ERHÖHTEN MITWIRKUNGSPFLICHT (VwGH 26.07.2007, 2005/15/0051).

Rechtssatz 8: Wird ein Zeuge nicht kontradiktorisch vernommen, bedeutet dies, dass das Verwaltungsgericht (bzw. vorher die Abgabenbehörde) die Ergebnisse der Beweisaufnahme den Parteien vorzuhalten hat und sich mit den von ihnen (bis zum Erlass der Entscheidung) dazu erstatteten Vorbringen zu Unvollständigkeiten in der Befragung oder allfälligen Widersprüchlichkeiten im Aussageverhalten auseinanderzusetzen hat, was bei Aufzeigen wesentlicher Befragungslücken eine neuerliche Zeugeneinvernahme erforderlich machen kann (vgl. VwGH 29.09.2022, Ra 2021/15/0115).

Rechtssatz 9: Ein Abgabepflichtiger muss im verwaltungsgerichtlichen Verfahren seine Offenlegungspflicht (§ 119 BAO) auch dann erfüllen, wenn die Abgabenbehörde Ablichtungen von Geschäftspapieren, Schriften und Urkunden bei der Außenprüfung nicht zum Akt genommen hat oder Ablichtungen in Verstoß geraten sind.

Rechtssatz 10: Aufgrund der erhöhten Mitwirkungspflicht der Beschwerdeführerin war die Abgabenbehörde nicht zur Erkundung, ob irgendwelche (von einem Zeugen zufällig erwähnte) Personen vielleicht etwas wissen könnten, verpflichtet. Denn die amtswegige Ermittlungspflicht der Abgabenbehörde tritt bei Auslandssachverhalten gegenüber der Mitwirkungs- und Offenlegungspflicht der Partei zurück (VwGH 19.10.2006, 2006/14/0109).

Vermutung des Zustellzeitpunktes bei Zustellung ohne Zustellnachweis

  • § 26 Abs. 2 ZustG
  • BFG vom 31.07.2025, RV/5100538/2025 (Zurückweisung; Revision nicht zugelassen)

Vermutungen können widerlegbar oder unwiderlegbar sein. Widerlegbar ist die Vermutung des § 26 Abs 2 ZustG, wonach die Zustellung als am dritten Werktag nach der Übergabe an das Zustellorgan bewirkt gilt (vgl. Ritz/Koran, BAO8, § 167 Tz. 5). Um jedoch eine Vermutung widerlegen zu können, bedarf es eines substantiierten Vorbringens.

Verständigung nach § 281a BAO - Bei Beschwerden gegen die Zerlegung des Einheitswertes und Grundsteuermessbetrages sind Beschwerdevorentscheidungen an alle beteiligten Körperschaften iSd. § 78 Abs. 2 lit. b BAO zuzustellen

  • § 281a BAO, § 196 Abs. 4 BAO
  • BFG vom 07.08.2025, RV/5100459/2024 (Weiter- bzw. Rückleitung ans FA; Revision nicht zugelassen)

Gemäß § 196 Abs. 4 BAO hat ein Zerlegungsbescheid betreffend Einheitswert und Grundsteuermessbetrag sowohl an den Abgabepflichtigen als auch an die beteiligten Körperschaften zu ergehen. Gleiches gilt auch für Beschwerdevorentscheidungen, die über Zerlegungsbescheide absprechen. Der Sinn liegt darin, dass einer Partei, die keine Veranlassung zu einer Beschwerde hat, die gleichen Rechte wie dem Beschwerdeführer eingeräumt werden. Die Partei kann dann Argumente gegen die Ansicht des Beschwerdeführers vorbringen, wenn dieser Änderungen zu Lasten der mit dem Bescheid einverstandenen Partei beantragt. Wenn die Beschwerdevorentscheidung nicht an alle Parteien iSd. § 78 Abs. 2 lit. b BAO zugestellt wurde, kommt § 281a BAO zur Anwendung. Die Beschwerde ist an die vorliegende Abgabenbehörde weiter- bzw. rückzuleiten.

Zwei Ordnungsstrafen wegen beleidigender Schreibweise

  • § 112 Abs. 3 BAO
  • BFG vom 08.08.2025, RV/3100491/2025 (Abweisung; Revision nicht zugelassen)

Rechtssatz 1: Eine Person, die sich in mehreren Eingaben einer beleidigenden Schreibweise bedient, kann in Bezug auf jede einzelne solche Eingabe mit einer Ordnungsstrafe belegt werden, von denen auch jede einzelne die Höchststrafe erreichen kann (VwGH 30.11.1993, 89/14/0144).

Rechtssatz 2: Der Umstand, dass sich eine Person zum wiederholten Male einer beleidigenden Schreibweise bedient, rechtfertigt im Rahmen der Ermessensübung eine höhere Ordnungsstrafe.

Rechtssatz 3: Die Verhängung höherer Ordnungsstrafen für wiederholte beleidigende Eingaben ist auch dann zulässig, wenn der Einschreiter im Zeitpunkt der wiederholten Beleidigung noch nicht für frühere Beleidigungen bestraft wurde und folglich nicht rechtzeitig durch die Verhängung einer Ordnungsstrafe zur Änderung seines Verhaltens bewegt werden konnte. Dieser Umstand ist lediglich im Rahmen der Ermessensübung zu berücksichtigen (vgl. VwGH 15.12.2022, Ra 2022/13/0023, zum ähnlich gelagerten Fall der Festsetzung einer Zwangsstrafe trotz Nichtkenntnis von deren Androhung).

COVID-19-Ratenzahlungsmodell

  • § 265 Abs. 1 BAO
  • BFG vom 20.08.2025, RV/5100769/2025 (Abweisung; Revision nicht zugelassen)

Nach § 265 Abs. 1 BAO hat die Abgabenbehörde die Bescheidbeschwerde, über die infolge eines Vorlageantrages vom Verwaltungsgericht zu entscheiden ist, nach Durchführung der etwa noch erforderlichen Ermittlungen ohne unnötigen Aufschub dem Verwaltungsgericht vorzulegen. Nicht nachvollziehbar ist, warum die Beschwerdeangelegenheit durch die Säumigkeit der belangten Behörde bei der Beschwerdevorlage beinahe vier Jahre unbearbeitet blieb und nicht dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt wurde und so die beschwerdeführende Partei in ihrem Rechtsschutzinteresse massiv beeinträchtigt wurde.

Der fehlende Nachweis der Steuerfreiheit ist nicht mit Zwangsstrafe durchsetzbar

  • § 111 BAO
  • BFG vom 26.08.2025, RV/2100632/2025 (Aufhebung; Revision zugelassen)

Die Nichtbeibringung von Beweismitteln zur Stützung eines Rechtsstandpunktes (hier: Nachweis der Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung) durch Zwangsstrafen zu ahnden, läuft auf eine Bestrafung für die Behauptung der Erweislichkeit des Begehrens hinaus (VfGH 5.3.1979, 175/76, VfSlg 8510/1976 zu Beweisen im Rechtsmittelverfahren) und ist daher nicht zulässig.

Haftung des faktischen Geschäftsführers für von einer britischen Limited geschuldete Glücksspielabgaben

  • § 9a BAO
  • BFG vom 01.09.2025, RV/6100433/2024 (teilw. Stattgabe; Revision zugelassen)

§ 9a BAO erweitert den Personenkreis, den die Ausfallshaftung des § 9 BAO trifft, auf Personen, die entweder faktische Geschäftsführer sind oder die den Vertreter dahingehend beeinflussen, dass abgabenrechtliche Pflichten durch den Vertreter verletzt werden. Unter einem „faktischen Geschäftsführer“ ist dabei zu verstehen, wer faktisch an Stelle des Vertreters iSd §§ 80 ff BAO die abgabenrechtlichen Pflichten des Vertretenen erfüllt bzw verletzt (vgl ErläutRV 1960 BlgNR XXIV. GP 55). Da es dabei nur auf die faktisch bzw tatsächlich von dieser Person ausgeübte Tätigkeit ankommt, ist es irrelevant, ob der faktische Geschäftsführer Angestellter, Gesellschafter, Angehöriger oder Außenstehender ist (vgl Althuber, Die Haftung von faktischen Geschäftsführern und Personen mit maßgebendem Einfluss gemäß § 9a BAO, in Althuber, Geschäftsführer- und Vorstandshaftung im österreichischen Steuerrecht 3. Auflage 99).

Landes- und Gemeindeabgaben, Verwaltungsstrafangelegenheiten

Gewährung der Pauschalierung der Parkometerabgabe bei Service im Außendienst

  • § 2 Abs. 1 lit. d Wiener Pauschalierungsverordnung, § 3 Abs. 6 Wiener Pauschalierungsverordnung
  • BFG vom 12.06.2025, RV/7400089/2023 (Stattgabe; Revision zugelassen)

Unter einem Service im Außendienst im Sinne § 3 Abs. 6 lit. b Pauschalierungsverordnung-Parkometerabgabe ist eine Leistung, die ein Unternehmen einem anderen im Außendienst erbringt, also eine außerhalb von Geschäfts- bzw. Büroräumlichkeiten erbrachte Dienstleistung, zu verstehen.

Für vier Lampen über mehrere Jahre wurde keine Gebrauchsbewilligung beantragt bzw. Gebrauchsabgabe entrichtet. Dass Kordongesimse, Dachvorsprünge usw. hervorragen, bedeutet nicht, dass die Grundgrenze erst ab den Gesimsen gegeben ist.

  • § 16 Abs. 1 Wiener Gebrauchsabgabegesetz 1966, § 1 Abs. 1 Wiener Gebrauchsabgabegesetz 1966
  • BFG vom 24.06.2025, RV/7500038/2025 (teilw. Stattgabe; Revision nicht zugelassen)

Rechtssatz 2: Liegt eine Mehrzahl deliktischer Angriffe vor, umschreibt man die einzelne Tat (kleinste tatbestandliche Handlungseinheit) als die einzelne Verkürzung der jeweiligen Selbstbemessungsabgabe für einen ihr zugewiesenen Berechnungszeitraum.

Rechtssatz 3: Generell sind in Bauverfahren vor Errichtung von Gebäuden Pläne zu erstellen. Daraus sind die Grundgrenzen an den Baulinien konkret feststellbar und auf Grundlage der Pläne werden Gebäude mit den Fassaden an der Grundgrenze und Baulinie errichtet. Für von der Fassade herausragende Teile wie die Verbreiterung von Keller- und Grundmauern sowie für Gebäudesockel bzw. Zierverputz und sonstige Zierglieder, Gitter, Hauptgesimse, Dachvorsprünge u. dgl. im Luftraum des öffentlichen Grundes ist bei Errichtung des Gebäudes eine Gebrauchsabgabe zu entrichten. Dass solche Gesimse usw. hervorragen, bedeutet nicht, dass die Grundgrenze erst ab den Gesimsen gegeben ist (vgl. dazu auch VwGH vom 25.11.1994, 93/17/0050).

Verwaltungsstrafe Gebrauchsabgabe: Frage der Nutzung bei Fruchtgenussrecht

  • § 16 Abs. 2 Wiener Gebrauchsabgabegesetz 1966, § 9 Abs. 1a Wiener Gebrauchsabgabegesetz 1966, § 1 Abs. 1 Wiener Gebrauchsabgabegesetz 1966
  • BFG vom 17.06.2025, RV/7500066/2025 (Stattgabe; Revision zugelassen)

Der Eigentümer einer Liegenschaft nutzt die inkriminierten Baulichkeiten nach dem Gebrauchsabgabegesetz iSd §§ 9 Abs. 1a und 16 Abs. 2 GAG nicht, wenn einer dritten Person das Fruchtgenussrecht am betreffenden Geschäftslokal und damit auch die Mieteinnahmen zustehen, weshalb er auch keine Verwaltungsübertretung zu verantworten hat.

Zurückweisung: Mängelbehebungsauftrag nicht vollständig erfüllt, Beschwerde verspätet, Wiedereinsetzungsantrag ohne konkrete Angaben

  • § 7 Abs. 4 Z 1 VwGVG, § 24 VStG 1991, § 7 Abs. 4 VwGVG, § 9 Abs. 1 Z 5 VwGVG, § 13 Abs. 3 AVG 1991, § 38 VwGVG, § 16 Abs. 5 ZustG, § 33 Abs. 3 VwGVG, § 33 Abs. 1 VwGVG
  • BFG vom 17.06.2025, RV/7500085/2025 (Zurückweisung; Revision nicht zugelassen)

Rechtssatz 1: Wenn nicht klar ist, gegen welche Erledigung eine Beschwerde gerichtet ist, ist auch nicht ohne weiteres zu erkennen, ob die Beschwerde rechtzeitig eingebracht ist. Somit ist hinsichtlich § 9 Abs. 1 Z 1 und 5 VwGVG ein Mängelbehebungsauftrag gemäß § 38 VwGVG iVm § 24 VStG iVm § 13 Abs. 3 AVG zu erteilen. Wenn in der Beantwortung des Mängelbehebungsauftrages zwar der angefochtene Bescheid klargestellt wird, aber ohne Angaben zu einem bestimmten (zumindest bestimmbaren) Zustellzeitpunkt in unklarer Weise der Zustellzeitpunkt laut Rückschein in Frage gestellt wird, fehlen weiterhin die gemäß § 9 Abs. 1 Z 5 VwGVG erforderlichen Angaben, um zu beurteilen, ob die Beschwerde rechtzeitig eingebracht ist.

Rechtssatz 2: Ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 33 Abs. 1 VwGVG hinsichtlich einer versäumten Frist, welcher keine Angaben zu einem konkreten, unvorhergesehenen oder unabwendbaren Ereignis enthält, ist zurückzuweisen, weil von vornherein nicht möglich ist, die Glaubhaftmachung irgendeines Wiedereinsetzungsgrundes zu beurteilen.

Zurückweisung einer Beschwerde wegen Nichterfüllung des Mängelbehebungsauftrages (§ 13 Abs. 3 AVG iVm § 9 Abs. 1 Z 3 VwGVG)

  • § 13 Abs. 3 AVG 1991, § 38 VwGVG, § 24 VStG 1991, § 9 Abs. 1 Z 3 VwGVG
  • BFG vom 24.06.2025, RV/7500279/2025 (Zurückweisung; Revision nicht zugelassen)

Um das Inhaltserfordernis einer Beschwerde gemäß § 9 Abs. 1 Z 3 VwGVG zu erfüllen, muss aus dem Vorbringen hervorgehen, WARUM der Bescheid nach Ansicht des Beschwerdeführers rechtswidrig ist. Es reicht nicht aus, wenn das Vorbringen - wenn auch mit Umschreibungen - lediglich bedeutet, DASS der Bescheid rechtswidrig sei.

Zusatztext: Hier wurde vorgebracht, dass "es keine gerechtfertigte Begründung gibt".

Zurückweisung einer verspäteten Beschwerde

  • § 33 VwGVG, § 50 Abs. 1 VwGVG, § 7 Abs. 4 VwGVG, § 31 VwGVG
  • BFG vom 25.06.2025, RV/7500312/2025 (Zurückweisung; Revision nicht zugelassen)

Das Vorbringen zu einem allfälligen Verschulden an der verspäteten Einbringung der Beschwerde (minderer Grad des Versehens) ist nicht unmittelbar relevant dafür, ob die Beschwerde mit Beschluss als verspätet zurückgewiesen wird. Ein solches Vorbringen wäre nur im Rahmen eines Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 33 VwGVG relevant und hätte im Falle der Bewilligung der Wiedereinsetzung eine Auswirkung auf die Rechtzeitigkeit der Beschwerde.

Zusatztext: Hier wurde kein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt.

Keine Verfassungswidrigkeit der Ausgleichsabgabe nach dem Wiener Baumschutzgesetz idF LGBl. für Wien Nr. 19/2024

  • § 9 Wiener Baumschutzgesetz, § 19 Abs. 4 Wiener Baumschutzgesetz
  • BFG vom 25.06.2025, RV/7400027/2025 (Abweisung; Revision nicht zugelassen)

Beachte: VfGH-Beschwerde zur Zahl E 2488/2025 anhängig.

Folgerechtssatz zu RV/7400020/2025-RS1: Die Erhöhung des Einheitssatzes der Ausgleichsabgabe gemäß § 9 Abs. 3 Wiener Baumschutzgesetz durch das Wiener Baumschutzgesetz - Klimaschutznovelle 2024, LGBl. Nr. 19/2024, auch für bereits bewilligte Bauvorhaben, ist nicht verfassungswidrig.

Verwaltungsstrafe Gebrauchsabgabe: Alternativvorwurf Lampen/Scheinwerfer unzulässig, kann und muss aber vom BFG präzisiert werden

  • § 44a VStG 1991
  • BFG vom 17.07.2025, RV/7500219/2025 (teilw. Stattgabe; Revision nicht zugelassen)

Ein unzulässiges Austauschen des Tatvorwurfs stellt eine im Beschwerdeverfahren durch das Verwaltungsgericht vorgenommene Erweiterung des Tatvorwurfs bzw. die Heranziehung eines anderen als des ursprünglich der Bestrafung zu Grunde gelegten Sachverhalts dar. Ergänzt das Verwaltungsgericht den Tatvorwurf lediglich präzisierend, so liegt keine unzulässige Erweiterung des Tatvorwurfs bzw. des Tatzeitraums vor.

Zurücknahme der Beschwerde: Gegenstandsloserklärung gemäß § 256 Abs. 3 BAO

  • § 86a BAO
  • BFG vom 05.08.2025, RV/7400090/2023 (Gegenstandsloserklärung; Revision nicht zugelassen)

Ein Ausdruck eines E-Mails, das einer Behörde mittels Post, persönlicher Abgabe oder Fax übermittelt wird, genügt den Erfordernissen der Schriftlichkeit der Bundesabgabenordnung und stellt, im Unterschied zu einem E-Mail, kein rechtliches Nichts iSd § 86a BAO dar.

Einwendungen im Vollstreckungsverfahren gegen den Titelbescheid

  • § 10 VVG 1991, § 3 VVG 1991
  • BFG vom 12.08.2025, RV/7500391/2025 (Abweisung; Revision nicht zugelassen)

Ergibt sich aus dem Verwaltungsstrafakt die rechtswirksame Erlassung der einer Vollstreckungsverfügung zu Grunde liegenden Strafverfügung, so ist der Einwand, keine detaillierten Informationen zum Tatvorwurf erhalten zu haben, im Beschwerdeverfahren gegen die Vollstreckungsverfügungen nicht mehr zu überprüfen.

Zoll und Außenwirtschaft

Grundlagenbescheid für Übersiedlungsgut

  • § 87 ZollR-DG, Art. 3 ZBefrVO, Art. 79 Abs. 1 UZK, Art. 86 Abs. 6 UZK
  • BFG vom 16.04.2025, RV/7200024/2024 (Stattgabe; Revision nicht zugelassen)

Im Rahmen der Erteilung eines Grundlagenbescheids für die Abgabenbefreiung als Übersiedlungsgut gem. § 87 ZollR-DG ist weder zu prüfen, ob es bei der Verbringung der begünstigten Waren zu einer zollschuldbegründenden Zuwiderhandlung iSd Art. 79 Abs. 1 Buchstabe a UZK gekommen ist, noch ob der Beteiligte dabei in Täuschungsabsicht iSd Art. 86 Abs. 6 UZK gehandelt hat.

Einfuhr religiöser Gegenstände aus Israel

  • § 50 ZollR-DG, Art. 53 Abs. 1 lit. a UZK, Art. 56 UZK, Art. 57 UZK, Art. 146 Abs. 3 UZK-IA
  • BFG vom 07.05.2025, RV/7200020/2024 (teilw. Stattgabe; Revision nicht zugelassen)

Rechtssatz 1: Der religiöse oder kultische Verwendungszweck einer Ware ist für die tarifliche Einreihung unbeachtlich; entscheidend sind ausschließlich die objektive Beschaffenheit und die Warenmerkmale.

Rechtssatz 2: Eine Präferenzbegünstigung aufgrund des Assoziationsabkommens EU–Israel setzt eine formgültige Ursprungserklärung voraus; fehlt es an einem zwingenden Formerfordernis, insbesondere an der Angabe des Namens des Unterzeichners, ist die Präferenzbegünstigung auch dann zu versagen, wenn die Waren tatsächlich Ursprungserzeugnisse sind.

Rechtssatz 3: Die Anwendung des ermäßigten Einfuhrumsatzsteuersatzes von 13 % gemäß Tarifposition 9705 kommt nur für Sammlungsstücke von ethnografischem Wert in Betracht; handelsübliche, in beliebiger Zahl reproduzierbare Kultgegenstände erfüllen diese Voraussetzungen nicht.

Zitiert/besprochen in BFGjournal 2025, 346

Ausnahmsweise Säumnis gem. § 217 Abs. 5 BAO

  • § 10 BierStG 2022, § 36 BierStG 2022
  • BFG vom 09.05.2025, RV/7200001/2025 (Abweisung; Revision nicht zugelassen)

Bei dem in § 36 BierStG als Steuerentstehungszeitpunkt festgelegten „Zeitpunkt der Bestandsaufnahme“ handelt es sich um einen fixen (der Betriebs- und Ablaufbeschreibung zu entnehmenden) Stichtag. Es steht nicht in der Disposition des Abgabepflichtigen, den sich daraus ableitbaren Fälligkeitstag der Abgabenschuld (§ 10 Abs. 5 BierStG) nach subjektiven Bedürfnissen (hier: mit dem Argument, die Bestandsaufnahme habe mehrere Wochen in Anspruch genommen) nach hinten zu verlagern.

Mängelbehebungsverfahren gem. § 85 BAO und Unionszollkodex

  • § 256 Abs. 3 BAO, § 85 Abs. 2 BAO, § 250 Abs. 1 BAO
  • BFG vom 26.05.2025, RV/7200020/2025 (Aufhebung; Revision nicht zugelassen)

Im Falle mangelhafter (z.B. ohne Begründung eingebrachten) Bescheidbeschwerden gegen Bescheide des Zollamts sind die Bestimmungen des Art. 44 UZK und des § 85 BAO (auf die in Art. 44 Abs. 4 UZK verwiesen wird) einschlägig. Die Bestimmungen des Art. 12 Abs. 2 UZK-IA iVm Art. 22 UZK (Nichtannahme von Anträgen) kommen hingegen bei solchen Mängeln nicht zur Anwendung. Falls alle Voraussetzungen des § 85 Abs. 2 BAO erfüllt werden, ist auch im Bereich des Zollrechts zwingend mit Gegenstandsloserklärung gem. § 256 Abs. 3 BAO vorzugehen.

Tabaksteuerpflicht für Knaster

  • § 4 Abs. 1 Z 3 lit. c TabStG 2022, § 5 Abs. 1 TabStG 2022
  • BFG vom 08.07.2025, RV/7200056/2024 (teilw. Stattgabe; Revision nicht zugelassen)

Beachte: Revision (Amtsrevision) beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2025/16/0093.

Die im Internet ausgewiesenen Verkaufspreise tabaksteuerpflichtiger Erzeugnisse, die weder Umsatzsteuer noch Tabaksteuer enthalten, können bei der Berechnung der Tabaksteuer nicht in Ansatz gebracht werden. Denn gem. § 5 Abs. 1 TabStG gehören Abgaben, denen die Tabakwaren unterliegen, zum Kleinverkaufspreis, der gem. § 4 TabStG als Bemessungsgrundlage heranzuziehen ist.

Ausführliche Besprechung mit Praxishinweisen: Schober in BFGjournal 2025, 356