BFG-Newsletter 2024/03

Einkommensteuer

Anteil von Grund und Boden bei vermieteten Gebäuden – abweichend zur Grundanteilsverordnung

  • § 16 Abs. 1 EStG 1988, § 16 Abs. 1 Z 8 lit. d EStG 1988, § 124b Z 284 EStG 1988, § 2 Abs. 1 GrundanteilV 2016, § 3 Abs. 2 GrundanteilV 2016
  • BFG vom 11.06.2024, RV/5100286/2023 (teilweise Stattgabe; Revision zugelassen)

Weichen Kaufpreise aus Vergleichsgrundstücken sowie Daten aus öffentlich zugängigen Portalen (Zeitschrift Gewinn, statistik austria, …) erheblich – also zu mehr als 50% – von den Pauschalsätzen der Grundanteils­verordnung ab, so ist ein Abweichen von den Prozentsätzen der Grundanteilsverordnung zulässig (auch ohne entsprechendem Gutachten).

Entgelt für die Übertragung von urheberrechtlich geschützter Software als Lizenzgebühr iSd Art.12 DBA China?

  • Art. 12 DBA RC (E, V), Art. 7 DBA RC (E, V), Art. 24 Abs. 2 lit. b DBA RC (E, V)
  • BFG vom 22.07.2024, RV/5100103/2022 (Abweisung; Revision zugelassen)

Das Entgelt für den Verkauf einer Kopie eines Softwareprogrammes ist als Unternehmensgewinn iSd Art. 7 DBA China einzustufen.

Besteuerung von in Österreich ansässigem Flugpersonal nach dem DBA Malta

  • Art. 15 Abs. 3 DBA M (E, V), Art. 23 Abs. 1 DBA M (E, V)
  • BFG vom 24.07.2024, RV/7102502/2024 (Stattgabe; Revision zugelassen)

Beachte: Revision eingebracht (Amtsrevision).

Bei der Besteuerung von in Österreich ansässigem Flugpersonal nach dem DBA Malta schließt sich das BFG – abweichend von der mit BMF-Rechtsauskunft EAS 3448 vom 17.11.2023 dargelegten Rechtsauffassung – Literaturmeinungen wie Lang, SWI 2024, 10, an und geht von einem Redaktionsversehen hinsichtlich des Wortes „nur“ im deutschsprachigen Text von Art 23 Abs 1 DBA Malta aus. Dieses Redaktionsversehen lässt sich demnach im Auslegungsweg derart beheben, dass dem englischsprachigen Text der Vorzug gegeben wird. Zumal die englischsprachige Fassung keine Entsprechung zu dem Wort „nur“ enthält, hat nach Beur­teilung durch das BFG der Ansässigkeitsstaat (Österreich) in der vorliegenden Konstellation, in der der Quellenstaat (Malta) das Besteuerungsrecht hat, nach Art 23 Abs 1 DBA Malta die Einkünfte freizustellen.

Anmerkungen: Abweichend BMF-Rechtsauskunft EAS 3448 vom 17.11.2023

Ausführliche Besprechung mit Praxishinweisen: Ehgartner in BFGjournal 2024, 307

Finanzstrafrecht

Die Beschwerde richtet sich gegen ein Erkenntnis der Einzelbeamtin, die auch die mündliche Verhandlung geführt hat. Das Erkenntnis ist allerdings nicht von ihr unterfertigt, sodass noch kein ordnungsgemäß erlassenes Erkenntnis vorliegt, die Beschwerde daher als unzulässig zurückzuweisen war.

  • § 137 lit. f FinStrG
  • BFG vom 13.06.2024, RV/7300032/2024 (Zurückweisung; Revision nicht zugelassen)

Ein von einem anderen Organ – als der Verhandlungsleiterin – unterfertigtes Erkenntnis nach einer von ihr durchgeführten mündlichen Verhandlung erfüllt nicht die Erfordernisse des § 137 FinStrG, auch wenn das andere Organ grundsätzlich eine Approbationsbefugnis hat.

Gebühren und Verkehrsteuern

Anteilsvereinigung und Stiftungseingangssteueräquivalent gemäß § 7 Abs 2 GrEStG 1987

  • § 7 Abs. 2 GrEStG 1987
  • BFG vom 31.07.2024, RV/6100332/2021 (Stattgabe; Revision zugelassen)

Rechtssatz 1: Die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die grundsätzliche Zulässigkeit der Analogie auch im öffentlichen Recht wiederholt anerkannt. Voraussetzung hiefür ist das Bestehen einer echten (also planwidrigen) Rechtslücke. Sie ist dort anzunehmen, wo das Gesetz, gemessen an seiner eigenen Absicht und immanenten Teleologie, unvollständig, also ergänzungsbedürftig, ist, und wo seine Ergänzung nicht etwa einer vom Gesetz gewollten Beschränkung widerspricht (vgl zB VwGH 12.10.2021, Ra 2019/11/0015).
Eine durch Analogie zu schließende Lücke kommt nur dann in Betracht, wenn das Gesetz in eine Regelung einen Sachverhalt nicht einbezieht, auf welchen - unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitssatzes und gemessen an den mit der Regelung verfolgten Absichten des Gesetzgebers - ebendieselben Wertungs­gesichtspunkte zutreffen wie auf die im Gesetz geregelten Fälle und auf den daher - schon zur Vermeidung einer verfassungsrechtlich bedenklichen Ungleichbehandlung - auch dieselben Rechtsfolgen angewendet werden müssen (vgl VwGH 25.4.2019, Ro 2019/13/0014).

Rechtssatz 2: Da das Stiftungseingangssteueräquivalent die wegfallende Stiftungseingangssteuer für unentgeltliche Grundstückszuwendungen substituieren sollte, ist eine doppelte Besteuerung mit dem Zweck der Norm unvereinbar.
Sinn und Zweck des Gesetzes kann nur darin liegen, dass bei einer Anteilsvereinigung iVm einem der Stiftungseingangssteuer unterliegenden Sachverhalt nicht auch das Stiftungseingangssteueräquivalent anzuwenden ist.

Rückerstattung der Grunderwerbsteuer bei Rückkaufvertrag

  • § 17 GrEStG 1987, § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1987
  • BFG vom 13.08.2024, RV/7101822/2023 (Stattgabe; Revision nicht zugelassen)

Für die Rückgängigmachung gilt der gleiche Maßstab, wie für das Entstehen der Steuerschuld. Bereits mit dem Abschluss des Verpflichtungsgeschäftes (eine Aufsandungserklärung ist nicht Tatbestands­voraussetzung, zB Anwartschaftsvertrag) wird der grunderwerbsteuerpflichtige Tatbestand nach § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG verwirklicht.

Körperschaftsteuer / Umgründungen

Forschungsprämie - Antragsrecht bei unterjährigem Zusammenschluss

  • § 108c Abs. 1 EStG 1988, § 24 Abs. 1 Z 2 UmgrStG
  • BFG vom 10.09.2024, RV/7100391/2023 (teilweise Stattgabe; Revision zugelassen)

Eine Mitunternehmerschaft entsteht im Fall des Zusammenschlusses am Zusammenschlussstichtag (vgl. BFG 11.10.2023, RV/7101930/2013; in diesem Fall hat sich eine vergleichbare Publikums-KG als atypisch Stille an mehreren Unternehmen beteiligt). Die Rückwirkungsfiktion des UmgrStG muss auch für die Antrags­berechtigung bezüglich Forschungsprämie gelten, denn § 108c Abs 1 EStG legt eindeutig fest, dass eine Mitunternehmerschaft Zurechnungssubjekt für die prämienbegünstigten Aufwendungen ist.

Feststellung einer Unternehmensgruppe: Keine finanzielle Verbindung während des gesamten Wirtschaftsjahres des jeweiligen Gruppenmitgliedes (§ 9 Abs 5 KStG 1988) / Unternehmensgruppe bestand nicht für mindestens drei Jahre aufgrund vorzeitiger Liquidation des Gruppenträgers (§ 9 Abs 10 KStG 1988)

  • § 9 Abs. 10 KStG 1988, § 295a BAO
  • BFG vom 15.07.2024, RV/7100556/2023 (Abweisung; Revision nicht zugelassen)

Das Ausscheiden des Gruppenträgers innerhalb von drei Jahren nach dem Eintritt in die Unternehmensgruppe aufgrund von Liquidation gilt als rückwirkendes Ereignis nach § 295a BAO. Dieses rückwirkende Ereignis ist als „Umstand“ im Sinne von § 270 Abs 1 BAO vom Bundesfinanzgericht in seiner Entscheidung zu berücksichtigen (vgl Tanzer/Unger in Rzeszut/Tanzer/Unger, BAO: Stoll Kommentar 2.06 § 295a Rz 32).

Zusatztext: Der verfahrensgegenständliche Gruppenantrag wurde für die Feststellung einer Unternehmensgruppe ab der Veranlagung 2021 eingereicht. Die beantragte Unternehmensgruppe mit den vermeintlichen Gruppen­mitgliedern würde mit Ablauf des letzten Wirtschaftsjahres des vermeintlichen Gruppenträgers vor Beginn des besonderen Liquidationsbesteuerungszeitraumes enden, somit mit der Veranlagung 2022. Da das steuerlich maßgebende Ergebnis von drei jeweils zwölf Monate umfassenden Wirtschaftsjahren tatsächlich nicht zugerechnet werden kann, kann die Mindestbestandsdauer der Unternehmensgruppe des § 9 Abs 10 KStG 1988 gegenständlich nicht mehr erfüllt werden. Der Gruppenfeststellungsantrag ist daher mit Wirkung ex tunc abzuweisen.

Ausführliche Besprechung mit Praxishinweisen: Konrad in BFGjournal 2024, 317

Fortgesetztes Verfahren: § 9 KStG, horizontaler Ergebnisausgleich zweier inländischer Tochtergesellschaften einer ausländischen Muttergesellschaft zulässig

  • § 9 Abs. 3 KStG 1988, § 1 Abs. 2 KStG 1988, Art. 49 AEUV, Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, § 27 BAO
  • BFG vom 27.06.2024, RV/7101572/2024 (Stattgabe; Revision nicht zugelassen)

Aufgrund der unionsrechtlichen Niederlassungsfreiheit nach Art 49 AEUV kommen als Gruppenträger iSd § 9 Abs 3 KStG 1988 auch beschränkt steuerpflichtige EU-/EWR-Gesellschaften in Frage, selbst wenn sie nicht über eine inländische (im Firmenbuch eingetragene) Zweigniederlassung verfügen, der die Beteiligung an den Gruppenmitgliedern zuzurechnen ist. Für Zwecke der Gruppenbesteuerung werden Gruppenmitglieder dabei unter Einhaltung der Vorgaben des § 9 KStG 1988 wie Betriebsstätten des Gruppenträgers behandelt. Die Besteuerung des Gruppenergebnisses hat beim ausländischen Gruppenträger zu erfolgen, wobei das Besteuerungsrecht der zusammengefassten Ergebnisse der österreichischen Tochtergesellschaften schon deswegen Österreich zusteht, weil sie – für Zwecke der Gruppenbesteuerung – als inländische Betriebsstätten des Gruppenträgers anzusehen sind. Verlustüberhänge aus dem Gesamtergebnis der österreichischen Gruppenmitglieder stellen einen vortragsfähigen Verlust des ausländischen Gruppenträgers dar.

Ausführliche Besprechung mit Praxishinweisen: Hirschler/Sulz/Oberkleiner/Bernwieser in BFGjournal 2024, 320

Umsatzsteuer

Zuschätzung der Prostitutionsumsätze auch bei einem Laufhaus an den Laufhausbetreiber

  • § 1 Abs. 1 Z 1 UStG 1994, § 4 Abs. 1 UStG 1994
  • BFG vom 02.07.2024, RV/7100324/2015 (Abweisung; Revision zugelassen)

Rechtssatz 1: Bei einem Laufhaus mit entsprechender Einbindung der häufig wechselnden Prostituierten in den Betrieb des Laufhausbetreibers und entsprechendem Auftreten des Laufhausbetreibers gegenüber den Freiern als derjenige, der die sexuellen Dienstleistungen anbietet und für deren Qualität bürgt, ist der Laufhausbetreiber nicht als Vermieter gegenüber den Prostituierten, sondern als Erbringer der Leistung gegenüber den Freiern anzusehen. Er hat das gesamte von den Freiern geleistete Entgelt der Umsatzsteuer zu unterwerfen.

Rechtssatz 2: Wenn Prostituierte das von den Freiern bezahlte Geld kassieren und sich davon einen bestimmten vereinbarten Betrag behalten dürfen und den Rest an die Laufhausbetreiber abzugeben haben, stellt der an die Laufhausbetreiber weitergegebene Betrag kein Entgelt für eine zeitraumanhängige Nutzungs­überlassung eines Zimmers dar. Die Höhe des von den Damen an die Betreiber des Hauses zu zahlenden Betrages ist alleine von der Häufigkeit ihrer „Inanspruchnahme“ abhängig und kann daher kein Entgelt für eine für einen bestimmten Zeitraum erfolgte Nutzungsüberlassung darstellen.

Ausführliche Besprechung mit Praxishinweisen: Unterberger in BFGjournal 2024, 332

Entfall des Rechts auf Vorsteuerabzug bei Umsatzsteuerhinterziehung

  • § 12 Abs. 14 UStG 1994
  • BFG vom 27.06.2024, RV/7101450/2022 (Abänderung; Revision nicht zugelassen)

Wenn Zweifel an der Identität eines Geschäftspartners bestehen oder ungewöhnliche Zahlungsabwicklung wie zB die plötzliche Fakturierung von Geschäftsvorfällen durch ein anderes Unternehmen, liegen Verdachts­momente für eine Umsatzsteuerhinterziehung vor, die eine erhöhte Sorgfaltsverpflichtung zur Folge haben.

Unionsrechtskonforme Auslegung des § 28 Abs 52 Z 1 lit a UStG 1994

  • § 6 ABGB, § 279 Abs. 1 BAO, § 28 Abs. 52 Z 1 lit. a UStG 1994
  • BFG vom 20.06.2024, RV/6100392/2023 (Abänderung; Revision zugelassen)

§ 28 Abs 52 Z 1 UStG 1994 widerspricht den Vorgaben der MwStSystRL, denen zufolge die Mitgliedstaaten grundsätzlich nicht mehr als zwei ermäßigte Steuersätze anwenden dürfen (vgl Mayr, SWK 2020, 1144; Petutschnig/Winkler, AVR 2020, 180; Menhofer in FS Gaedke 129 f). Der Grundsatz der richtlinienkonformen Auslegung (vgl VwGH 9.10.2020, Ro 2019/13/0025; 20.2.2008, 2006/15/0161), der auch dann zu beachten ist, wenn die richtlinienkonforme Auslegung für den Steuerpflichtigen nachteilig ist (vgl EuGH 5.7.2007, C‑321/05, Kofoed, Rn 45), gebietet daher eine möglichst enge Auslegung dieser Bestimmung (vgl Mayr, SWK 2020, 1146). Die Anwendung des in § 28 Abs 52 Z 1 UStG 1994 vorgesehenen ermäßigten Steuersatzes ist somit zu versagen, soweit dies durch eine noch mit dem Wortlaut dieser Bestimmung zu vereinbarende richtlinienkonforme enge Auslegung möglich ist (vgl auch BFH 8.8.2013, V R 13/12, Rn 30).

Nutzungsüberlassung von Dienstwagen zur privaten Verwendung durch den Arbeitnehmer

  • § 12 Abs. 2 Z 2 lit. b UStG 1994
  • BFG vom 26.08.2024, RV/2100440/2023 (Abweisung; Revision zugelassen)

Beachte: Revision eingebracht.

Wurde das Recht zur Privatnutzung eines Dienstfahrzeugs individuell arbeitsvertraglich vereinbart, ist unter Beachtung der wirtschaftlichen Realität davon auszugehen, dass ein Teil der Arbeitsleistung das Entgelt für die Überlassung darstellt, da (auch) von der Zusage dieser Nutzungsmöglichkeit die Entscheidung der Arbeit­nehmer abhängt, ob sie das Beschäftigungsverhältnis zu den angebotenen oder nur zu anderen Bedingungen eingehen wollen. Das Urteil des EuGH in der Rs C-288/19, QM steht dem nicht entgegen, weil diese Konstellation nicht Teil der Vorlagefrage war.

Fremdüblichkeit der Finanzierung des Wohnungskaufs spielt keine Rolle bei der Beurteilung der Fremdüblichkeit einer Vermietung

  • § 2 Abs. 1 UStG 1994
  • BFG vom 10.09.2024, RV/6100289/2024 (Stattgabe; Revision nicht zugelassen)

Die Fremdüblichkeit der Finanzierung des Erwerbes einer Wohnung zwecks Vermietung ist nicht relevant für die Frage, ob die Vorsteuer für den Erwerb abgezogen werden kann. Diesbezüglich kommt es nur darauf an, ob das Mietverhältnis für sich genommen fremdüblich ist.

Verfahrensrecht

Umfang der Sperrwirkung des § 300 BAO; Wegfall der Gebührenpflicht eines Pacht­vertrages bei nachträglicher Vertragsaufhebung?

  • § 295a BAO, § 300 BAO
  • BFG vom 11.06.2024, RV/7104124/2023 (Abänderung; Revision zugelassen)

Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren betreffend die Abweisung des Antrags auf Abänderung gemäß § 295a BAO ist die Endgültigerklärung des vorläufigen Bescheides im Rahmen der Beschwerdeentscheidung nicht innerhalb der Grenze der Entscheidungsbefugnis des Bundesfinanzgerichts gelegen und es konnte daher auch keine – von § 300 BAO zu verhindernde – diesbezügliche Zuständigkeitskonkurrenz zur belangten Behörde bestehen (vgl. BFG vom 15. April 2019, RV/6100508/2018 und VwGH vom 22. Oktober 2015, Ro 2015/15/0035). Die Sperrwirkung des § 300 BAO stand der Endgültigerklärung des vorläufigen Bescheides durch die belangte Behörde daher nicht entgegen.

Ausführliche Besprechung mit Praxishinweisen: Engenhart in BFGjournal 2024, 294

Prüfungsbefugnis der Abgabenbehörde bezüglich die GMSG-Meldepflicht

  • § 110 GMSG, § 38 BWG, RL 2014/107/EU, § 111 GMSG, § 38 Abs. 3 BWG, § 144 Abs. 2 BAO, § 4 GMSG, § 111 BAO, § 48d BAO, § 144 BAO, § 110 Abs. 2 GMSG, § 20 BAO
  • BFG vom 20.06.2024, RV/5100216/2024 (Abweisung; Revision zugelassen)

Beachte: Revision eingebracht.

Rechtssatz 1: Mit dem GMSG wurde die Richtlinie 2014/107/EU zur Änderung der Richtlinie 2011/16/EU bezüglich der Verpflichtung zum automatischen Austausch von Informationen im Bereich der Besteuerung, ABl. Nr. L 359 vom 16.12.2014 S. 1, umgesetzt (Artikel 4 – GMSG). Zu diesem Zweck hat der Gesetzgeber im § 38 Abs. 2 Z 10 BWG eine Ausnahme vom Bankgeheimnis normiert. Gleichzeitig sehen § 4 Abs. 1 letzter Satz GSMG und § 111 GMSG die gesetzliche Fiktion vor, dass die Meldungen als Abgabenerklärung gelten. Diese gesetzliche Fiktion bewirkt, dass es sich bei der GMSG-Meldung um eine eigene Abgabepflicht der Kreditinstitute handelt. Wer Abgabepflichtiger ist, ergibt sich aus den materiellen Abgabenvorschriften (VwGH 13.12.2012, 2010/16/0227 und 0230). Alle nach den Abgabenvorschriften Verpflichteten, also alle, denen abgabengesetzlich Pflichten auferlegt sind und somit die Erfüllung dieser Pflichten (hier: Meldepflicht) schulden, sind abgabenrechtlich Schuldner, also „Abgabepflichtige“ im formellen Sinn sind (vgl. Stoll, BAO, 765).
Ein Kreditinstitut kann sich insoweit nicht auf das Bankgeheimnis berufen, als die Offenbarung des Geheimnisses zur Feststellung dieser eigenen Abgabepflicht (hier: Meldepflicht nach dem GMSG) erforderlich ist (§ 38 Abs. 3 BWG).

Rechtssatz 2: Bereits aus § 144 Abs. 2 BAO, auf den § 110 GMSG ausdrücklich Bezug nimmt, ergibt sich, dass Organe der Abgabenbehörden die Vorlage der nach den Abgabenvorschriften zu führenden Bücher und Aufzeichnungen sowie sonstiger für die Abgabenerhebung maßgeblicher Unterlagen verlangen und in diese Einsicht nehmen dürfen. Somit liegt im Verweis des § 110 Abs. 2 GMSG auf § 144 BAO eine ausreichende Rechtsgrundlage für die von der belangten Behörde vorgenommenen Datenanforderungen vor, zumal hier ein ausdrückliches Recht auf Vorlage der von der belangten Behörde verlangten Daten eingeräumt wird.

Rechtssatz 3: Die Vorlage und Einsichtnahme in Bücher und Aufzeichnungen sowie sonstiger für die Abgabenerhebung maßgeblicher Unterlagen kann durch Festsetzung einer Zwangsstrafe (§ 111 BAO) erzwungen werden. Auch zur Überprüfung von Abgabenbefreiungen oder Begünstigungen können Nachschauen durchgeführt werden, da stets potentielle Abgabenansprüche bestehen können (vgl. Stoll, BAO, 1609). Zur Durchführung einer Außenprüfung werden die Prüfungsorgane dazu ermächtigt, die Buchführung und sämtliche Aufzeichnungen, die einer Abgabe zugrunde liegen, lückenlos zu prüfen. Der Abgabepflichtige hat hierbei mitzuwirken. Aufgrund der Eingriffsintensität einer Außenprüfung ist deren Ablauf im Abgaben­verfahrensrecht genau geregelt (vgl. Lang/Rzeszut, Außenprüfung (Stand 13.2.2024, Lexis Briefings in lexis360.at)).

Rechtssatz 4: Die beschwerdeführende Partei versucht, indem sie einzelne Prüffelder der belangten Behörde als „unbedeutsam“ und „unverhältnismäßig“ qualifiziert, die im Gesetz eingeräumte umfassende Prüfungs­befugnis zu beschränken. Auch die Ausnahme des § 38 Abs. 3 BWG dient dem Zweck eine lückenlose Prüfung zu ermöglichen. Es ist somit nicht im Sinn des Gesetzes, das umfassende Prüfbefugnisse einräumt, wenn eine umfassende Auskunft bzw. Einsichtnahme in Unterlagen aus diesem Grund verweigert wird. Kern der Sache ist, dass die beschwerdeführende Partei keine Daten von ihrer Ansicht nach nicht meldepflichtigen Konten herausgeben will. Damit wird jedoch der Zweck der Prüfungshandlung, nämlich die Vollständigkeit der GMSG-Daten zu überprüfen, wie es der Gesetzgeber der belangten Behörde in sehr eindeutiger Weise aufträgt, konterkariert. Um dies zu verhindern, hat der Gesetzgeber die Möglichkeit der Verhängung der Zwangsstrafe (§ 111 BAO) vorgesehen.

Ausführliche Besprechung mit Praxishinweisen: Fischerlehner in BFGjournal 2024, 282

Geschäftsführerhaftung (§ 9 BAO): Zur Anrechnung des "Quotenbetrages" auf die haftungsgegenständlichen Abgaben

  • § 9 Abs. 1 BAO, § 78 Abs. 3 EStG 1988, § 9 Abs. 1 BAO
  • BFG vom 04.07.2024, RV/2100656/2023 (teilweise Stattgabe; Revision nicht zugelassen)

Rechtssatz 1: Für eine Anrechnung des "Quotenbetrags" (in Analogie der ständigen Strafrechtsprechung zu § 153c StGB nach der Anrechnungsregel gemäß § 1416 ABGB) im vollen Betrag auf die haftungsrelevanten Abgaben "(als beschwerlichste) zugunsten des Geschäftsführers" gibt es keine Rechtsgrundlage und es kommt auch keine analoge Anwendung der Rechtsprechung zum Strafrecht in Frage (Abgabenhaftung ist keine Strafe).

Rechtssatz 2: Bei der Lohnsteuer kommt der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht zum Tragen. Aus der Bestimmung des § 78 Abs. 3 EStG 1988, wonach in Fällen, in denen die dem Arbeitgeber zur Verfügung stehenden Mittel zur Zahlung des vollen vereinbarten Arbeitslohnes nicht ausreichten, die Lohnsteuer von dem tatsächlich zur Auszahlung gelangenden niedrigeren Betrag zu berechnen und einzubehalten ist, ergibt sich nämlich, dass jede vom Geschäftsführer einer GmbH vorgenommene Zahlung voller vereinbarter Arbeits­löhne, wenn die zur Verfügung stehenden Mittel nicht auch für die darauf entfallende Lohnsteuer ausreichen, eine schuldhafte Verletzung seiner abgabenrechtlichen Pflicht mit den Rechtsfolgen des § 9 Abs. 1 BAO darstellt (vgl. zuletzt VwGH 19.10.2017, Ra 2016/16/0097). Eine sich aus einem Gleichbehandlungsnachweis ergebende mögliche "Überdeckung" anderer Abgabenschuldigkeiten ist dabei nicht anzurechnen.

Frage der Zulässigkeit einer Bescheidberichtigung gemäß § 293 BAO

  • § 293 BAO
  • BFG vom 05.07.2024, RV/7102888/2023 (Abweisung; Revision nicht zugelassen)

Die Einrichtung des § 293 BAO dient der Beseitigung des infolge bestimmter Fehlerquellen gegen den Willen der Behörde entstandenen erkennbaren Auseinanderklaffens von tatsächlichem Bescheidwillen und formeller Erklärung des Bescheidwillens (Brennsteiner in Fischerlehner/Brennsteiner, Abgabenverfahren I BAO 3. Auflage (2021), § 293 Rz 1, mit Verweis auf VwGH 26.5.2004, 2002/14/0015). Fehler, die der Abgabenbehörde im Zuge ihrer Willensbildung unterlaufen, sind nicht berichtigbar iSd § 293 BAO (Brennsteiner in Fischerlehner/Brennsteiner, § 293 Rz 2, mit Verweis auf zB VwGH 27.8.2020, Ra 2020/13/0020).

Kein Beschwerderecht der Gesellschafterin hinsichtlich des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand einer Komplementärin betreffend die Umsatzsteuerbescheide einer im Konkurs befindlichen Personengesellschaft (OG) - keine Vollmacht des Masseverwalters

  • § 83 Abs. 2 BAO, § 80 Abs. 1 BAO, § 308 BAO, § 85 Abs. 4 BAO, § 83 Abs. 1 BAO
  • BFG vom 12.07.2024, RV/2101153/2020 (Zurücknahmeerklärung; Revision nicht zugelassen)

Die Gesellschaft selbst ist Umsatzsteuersubjekt, weshalb es den Komplementären im Konkurs der Gesellschaft verwehrt ist, ohne Vollmacht des Masseverwalters im Verfahren betreffend den Antrag auf Wiedereinsetzung der Umsatzsteuerbescheide im Namen der Gesellschaft, einzuschreiten.

Vorrang der Arbeitgeberhaftung vor Aufforderung zur Empfängernennung nach § 162 Abs 1 BAO

  • § 162 Abs. 1 BAO, § 82 EStG 1988
  • BFG vom 04.07.2024, RV/7100726/2015 (Abweisung; Revision zugelassen)

Rechtssatz 1: Geht die Abgabenbehörde davon aus, dass Scheinrechnungen ausschließlich Privatentnahmen verdecken, so liegen die Voraussetzungen für eine Aufforderung nach § 162 Abs 1 BAO nicht vor, weil Privatentnahmen per se nicht als Betriebsausgabe abzugsfähig sind und daher das Betriebsergebnis bereits aus dem Grund gar nicht beeinflussen können. Privatentnahmen erfüllen nicht den Begriff der Schulden, anderen Lasten oder Aufwendungen iSd § 162 Abs 1 BAO.

Rechtssatz 2: Es besteht nach den Verfahrensvorschriften der BAO keine Bindungswirkungswirkung zwischen den Einkommensteuerbescheiden (KöSt-Bescheiden) des Unternehmers und dem Haftungs- und Abgabenbescheid, mit dem dieser als Arbeitgeber zur Entrichtung der Lohnabgaben herangezogen wird. Abgabenbescheide oder Bescheide, denen keine Bindungswirkung iSd § 192 BAO zukommt, vermögen keine Wirkung zu erzeugen, die der entspricht, wie sie Feststellungsbescheiden eigen ist. Daher gibt es keine Wechselwirkung bzw. Gegenwirkung zwischen dem Lohnsteuerverfahren bei Arbeitgeber und seinem Einkommen-/Körperschaftsteuerverfahren als Betriebsinhaber. Die vom Verwaltungsgerichtshof zum Verhältnis ESt-Verfahren des Arbeitnehmers und dem Lohnsteuerverfahren beim Arbeitgeber entwickelte Judikatur ist hier analog übertragbar (VwGH 28.03.1979, 0635/77; VwGH 25.11.1986, 86/14/0065, und VwGH 26.06.1990, 89/14/0172, UFS 01.02.2005, RV/4308-W/02, UFS 18.10.2005, RV/1577-W/04, mwN).

Rechtssatz 3: Die vorrangige Verpflichtung zur Geltendmachung der Arbeitgeberhaftung für die Abgaben­behörde ergibt sich darüber hinaus einerseits aus dem Finanzverfassungsgesetz 1948 als im Stufenbau der Rechtsordnung ranghöherem Recht, mit dem das Steuer- und Abgabenwesen und die grundlegenden Bestimmungen über (gegenseitige) Kostentragung und Transfers geregelt werden, und zum anderen daraus, dass auf das von der Abgabehörde erhobene Aufkommen an Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag andere Abgabengläubiger als der Bund einen gesetzlichen Anspruch haben, die im Lohnsteuerhaftungsverfahren nicht Parteistellung haben und nicht gehört werden können. Auch das Lohnsteueraufkommen unterliegt im Finanzausgleich einem anderen Verteilungsschlüssel als die veranlagte Einkommensteuer. Der in § 41 FLAG 1967 geregelte Dienstgeberbeitrag speist den Familienlasten­ausgleichsfonds, beim Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag handelt es sich um eine Kammerumlage der Wirtschaftskammer, die in den §§ 122, 126 Wirtschaftskammergesetz (WKG) geregelt ist und auch als Kammerumlage 2 bezeichnet wird. Die Abgabenbehörde als Bundebehörde ist verpflichtet, durch Geltend­machung der Arbeitgeberhaftung neben den Abgabenansprüchen des Bundes auch die Abgabenansprüche der weiteren Abgabengläubiger zu wahren. Es gelten die Regeln wie bei einem Vertrag zu Lasten Dritter.

Rechtssatz 4: Wurde der AbgPfl als Arbeitgeber gemäß § 82 EStG 1988 zur Haftung herangezogen (hier: durch Scheinrechnungen verdeckter Lohneinsatz), wurde damit auch der Normzweck des § 162 BAO, den Steuerausfall beim Empfänger der Geldleistungen (Löhne) zu verhindern, bereits erreicht. Für eine Aufforderung an den AbgPfl nach § 162 Abs 1 BAO die Empfänger der Löhne zu nennen, bleibt kein Raum, sonst droht die Doppelkassation derselben Beträge. Die Lohnsteuer ist lediglich eine besondere Erhebungsform der Einkommensteuer jener Abgabepflichtigen, die Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit beziehen (§ 25 EStG 1988 Arbeitslohn).

Auskunftsbescheid nach § 118 BAO: Eine über den Antrag hinausgehende Auskunft ist rechtswidrig

  • § 118 Abs. 1 BAO, § 118 Abs. 2 Z 1 BAO
  • BFG vom 06.08.2024, RV/7102764/2023 (teilweise Stattgabe; Revision zugelassen)

Rechtssatz 1: Ein Auskunftsbescheid gemäß § 118 BAO ist ein antragsbedürftiger Verwaltungsakt. Spricht die Behörde über eine Rechtsfrage ab, die von der Antragstellerin im Antrag nicht gestellt wurde, erfolgt dies in rechtswidriger Weise.

Rechtssatz 2: Der Gegenstand des Auskunftsbescheides (Sache des erstinstanzlichen Verfahrens) ist durch die im Antrag zum geplanten Sachverhalt konkret formulierten Rechtsfragen determiniert.

Rechtssatz 3: Eine über den Antrag hinausgehende Auskunft kann schon deshalb nicht Spruchbestandteil sein, weil eine Abgabepflichtige, die einen Antrag nach § 118 BAO stellt, sonst durch eine über den Antrags­umfang hinausgehende Auskunft gezwungen wäre, ein Rechtsmittel zu erheben, um zu verhindern, dass die überschießende Beauskunftung in Rechtskraft erwächst und sie diese ihr gegenüber gelten lassen müsse (Art 18 Abs 1 B-VG).

Rechtssatz 4: Dass im Zusammenhang mit Umgründungen eine ertragsteuerliche Beurteilung immer zwingend zu erfolgen hat, kann dem § 118 Abs 2 Z 1 BAO nicht entnommen werden.

1. Voraussetzung für eine Wiederaufnahme des Verfahrens ist auch, dass die Kenntnis des Wiederaufnahmegrundes allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.
2. Vorliegen von Verlängerungshandlungen
3. Besteuerung von Einkünften eines in Österreich wohnhaften Gesellschafter-Geschäftsführers einer deutschen GmbH mit Ort der Geschäftsleitung in Deutschland

  • § 303 Abs. 1 lit. b BAO, § 209 Abs. 1 BAO
  • BFG vom 30.07.2024, RV/5101410/2016 (Stattgabe; Revision nicht zugelassen)

Rechtssatz 1: Die Zulässigkeit einer Wiederaufnahme des Verfahrens hängt damit nicht nur von der Voraus­setzung, dass (ua) Tatsachen neu hervorkommen, die im Verfahren nicht geltend gemacht worden sind, sondern auch von der weiteren Voraussetzung ab, dass die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbei­geführt hätte. Diese weitere Voraussetzung ist jedenfalls dann nicht erfüllt, wenn der Spruch der im Fall einer tatsächlich erfolgten Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 307 Abs 1 BAO mit dem die Wiederaufnahme des Verfahrens bewilligenden oder verfügenden Bescheid zu verbindenden Sachentscheidung nicht anders lautet, als der Spruch des im abgeschlossenen Verfahren ergangenen Bescheides (VwGH 28.06.2000, 98/13/0096).

Rechtssatz 2: Das Schreiben des Finanzamtes nimmt Bezug auf das Einkommen für die Zeiträume "seit Bestehen der Firma". Inhaltlich liegt somit eine Amtshandlung vor, die geeignet ist, die Verjährungsfrist um ein Jahr zu verlängern. In GZ 2001/15/0111 sprach der VwGH hinsichtlich eines Ersuchens um Ergänzung betreffend „2007 und Vorjahre“ aus, dass dieses nicht den angeführten Anforderungen an eine Verlängerungs­handlung iSd § 209 Abs. 1 BAO für die Einkommensteuer 2003 entspricht. Im Betreff hat das Ersuchen lediglich den Vermerk "2007 und Vorjahre" enthalten und auch in weiterer Folge war nicht zu erkennen, welche Jahre das Ersuchen – abgesehen vom Jahr 2007 – konkret umfasst hat. Anders als im vom VwGH in GZ 2011/15/0111 zu beurteilenden Fall handelt es sich bei der Formulierung des gegenständlich zu beurteilenden Ersuchens um einen (geschlossenen) Zeitraum, der erkennen lässt, welche Jahre er konkret umfasst.

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand – Bescheidzustellung Databox (fehlende Einsicht­nahme durch die Bf.)

  • § 308 Abs. 1 BAO
  • BFG vom 25.06.2024, RV/2101148/2020 (Abweisung; Revision nicht zugelassen)

Ein sorgfältiger Abgabepflichtiger würde im Wissen, dass bei der Gesellschaft Feststellungsbescheide für die Jahre 2014 bis 2017, welche sich durch die daraus abgeleitete Tangente auch das jeweilige Einkommen­steuerverfahren der Bf. auswirken, jedenfalls auch in die (eigene) Databox, in welche die Einkommen­steuerbescheide für die Jahre 2014 bis 2017 zugestellt werden, einsehen.

Maßnahmenbeschwerde (FinPol) verspätet, zumal beim unzuständigen Gericht (BVwG) eingebracht

  • § 283 Abs. 2 BAO
  • BFG vom 05.08.2024, RM/3100002/2024 (Zurückweisung, Revision nicht zugelassen)

Die Bestimmung des § 283 Abs. 2 letzter Satz BAO, wonach die bei einem anderen Verwaltungsgericht oder bei einer Abgabenbehörde rechtzeitig eingebrachte Maßnahmenbeschwerde als rechtzeitig eingebracht gilt, findet im Anwendungsbereich des § 1 Abs. 3 Z 2 BFGG wegen des anzuwendenden Verfahrensrechtes des VwGVG (§ 24 Abs. 1 letzter Satz BFGG) keine Anwendung.

Mutwillensstrafe wegen aussichtsloser Anbringen

  • § 112a BAO
  • BFG vom 06.09.2024, AO/5100023/2024 (Verfahrensleitender Beschluss; Mutwillensstrafe verhängt; Revision zugelassen)

Mit der in § 112a BAO vorgesehenen Mutwillensstrafe kann geahndet werden, wer „in welcher Weise immer“ die Tätigkeit eines Verwaltungsgerichtes in Anspruch nimmt (vgl. VwGH 16. 2. 2012, 2011/01/0271, zu § 35 AVG). Sobald ein verwaltungsgerichtliches Organ eine an das Verwaltungsgericht gerichtete Eingabe liest bzw. ein mündliches Anbringen oder einen telefonischen Anruf entgegennimmt, wird dessen Tätigkeit in Anspruch genommen. Daher kann ein derartiger Vorgang, wenn er im Bewusstsein durchgeführt wurde, das Gericht zweck- und nutzlos zu behelligen, für die Verhängung einer Mutwillensstrafe ausreichender Anlass sein, ohne dass dadurch eine weitere Tätigkeit des Gerichtes bewirkt werden muss (VwGH 4.3.1964, 1829/63, zu § 35 AVG).

Beschwerdeverfahren: Bescheidmäßige Verfügung des Ablaufs der Aussetzung der Einhebung auch dann, wenn der der betroffenen Abgabe zugrunde liegende Abgaben­bescheid mit Erkenntnis aufgehoben wurde und gar keine Abgabenzahlungsschuld mehr besteht (fortgesetztes Verfahren zu BFG 04.05.2023, RV/2100240/2023)

  • § 212a Abs. 5 BAO, § 212a Abs. 1 BAO
  • BFG vom 11.09.2024, RV/2100543/2024 (Abweisung; Revision nicht zugelassen)

Wie der Verwaltungsgerichtshof im Beschwerdefall mit im Erkenntnis vom 27.08.2024, Ra 2023/15/0064, – abweichend von der vom BFG vertretenen Ansicht, dass eine Verfügung des Ablaufs der Aussetzung mangels Bestehens einer Abgabenzahlungsschuld keine Ablaufwirkung entfaltet und ins Leere gehen würde, weshalb (aus teleologischer Sicht) kein Anwendungsfall des § 212a Abs. 5 BAO vorliegt – ausgesprochen hat, ist ein Ablauf der Aussetzung der Einhebung der Abgabe auch dann zu verfügen, wenn deren Einhebung durch das die Beschwerde erledigende Erkenntnis hinfällig wird.

Ausführliche Besprechung mit Praxishinweisen: Rauscher in BFGjournal 2024, 334

Landes- und Gemeindeabgaben, Verwaltungsstrafangelegenheiten

Beanstandung des abgestellten Fahrzeuges und Aktivierung des elektronischen Parkscheines in derselben Minute

  • § 5 Wiener Parkometerabgabeverordnung, § 7 Wiener Kontrolleinrichtungenverordnung, § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, § 4 Abs. 3 Wiener Parkometergesetz 2006
  • BFG vom 19.08.2024, RV/7500283/2024 (teilweise Stattgabe; Revision nicht zugelassen)

Rechtssatz 1: Die (Wiener) Parkometerabgabeverordnung und die (Wiener) Kontrolleinrichtungenverordnung differenzieren hinsichtlich der Abgabepflicht und der Abgabenentrichtung nicht zwischen den Sekunden innerhalb derselben Minute.

Rechtssatz 3: Wenn die Parkometerabgabe zeitlich und betraglich richtig entrichtet worden ist, kann das Tatbild des § 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006 nicht verwirklicht worden sein, auch wenn die das Fahrzeug abstellende Person die elektronische Bestätigung des gebuchten Parkscheines nicht beim abgestellten Fahr­zeug abgewartet hat. Das entgegen § 7 Abs. 2 Kontrolleinrichtungenverordnung erfolgte Weggehen vom abgestellten Fahrzeug kann aber das Tatbild des § 4 Abs. 3 Parkometergesetz verwirklichen.

Anmerkungen: Abweichend RV/7500838/2015 vom 18.8.2015

Messung eines erhöhten Wasserverbrauches durch einen mittlerweile zerlegten und neu geeichten Wasserzähler

  • § 11 WVG, Wiener Wasserversorgungsgesetz 1960
  • BFG vom 09.07.2024, RV/7400002/2024 (Stattgabe; Revision zugelassen)

Die Novellierung (u.a.) des § 11 (Wiener) Wasserversorgungsgesetz (WVG) durch das Landesgesetz LGBl. für Wien, Nr. 68/2021, ausgegeben am 13. Dezember 2021, trat laut Art. III des letztgenannten Landes­gesetzes mit dem seiner Kundmachung folgenden Tag in Kraft.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist für die Vorschreibung einer Abgabe nach dem Grundsatz der Zeitbezogenheit von Abgabenvorschriften jene Rechtslage maßgeblich, die zum Zeitpunkt der Verwirklichung des Abgabentatbestandes gegolten hat (außer bei spezieller Normierung des zeitlichen Rechtsbedingungsbereiches). Auf die Wasserbezugsgebühr für einen im Jahr 2020 liegenden Zeitraum ist daher § 11 WVG in seiner Fassung vor der genannten Novellierung anzuwenden.

Zoll und Außenwirtschaft

Registrierung eines Speditionsunternehmens als "registrierter Ausführer"

  • Art. 37 Z 21 UZK-DA, DelVO 2015/2446, Art. 68 Abs. 1 UZK-IA, DVO 2015/2447
  • BFG vom 27.08.2024, RV/1200011/2023 (Stattgabe; Revision zugelassen)

Wenn ein in der Union ansässiges Speditionsunternehmen Partei des Vertrages mit dem im Drittland ansässigen Verkäufer über das Verbringen von Waren aus dem Zollgebiet in das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland ist und deshalb als Ausführer nach Art. 1 Z 19 Buchst. b sublit. ii UZK-DA tätig wird, ist das Speditionsunternehmen, wenn es den Ursprung der Waren nachweisen kann, auch präferenz­rechtlicher Ausführer und kann den Status als "registrierter Ausführer" im Sinne des Art. 37 Z 21 UZK-DA erlangen.