BFG-Newsletter 2020/03

Beihilfen / FLAG

Kinderbetreuungskosten als außergewöhnliche Belastung nach § 34 Abs. 7 Z 4 EStG 1988; Obsorgeregelung

  • § 33 Abs. 4 Z 2 EStG 1988, § 16 Abs. 7 EStG 1988, § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988, § 184 BAO, § 34 Abs. 7 Z 1 EStG 1988, § 34 Abs. 4 EStG 1988, § 34 Abs. 1 EStG 1988, § 34 Abs. 2 EStG 1988
  • BFG vom 19.06.2020, RV/7102417/2016
    (teilweise Stattgabe; Revision nicht zugelassen)

Rechtssatz 1: Die Übernahme der alleinigen Obsorge ist keine freiwillige Übernahme einer Rechtspflicht, die die Zwangsläufigkeit einer Belastung aus der Kinderbetreuung ausschließt. Die Übernahme der alleinigen Obsorge/hauptsächlichen Betreuung ist kein beliebiger Akt, sondern ist begründet im Wohl des Kindes (§ 138 ABGB), welches nach dem Zweck der gesetzlichen Obsorgeregelungen des ABGB bei minderjährigen Kindern jedenfalls im Vordergrund zu stehen hat.

Rechtssatz 2: Hinsichtlich der Frage einer freiwilligen Mitverursachung der außergewöhnlichen Ausgaben durch die einvernehmliche Scheidung fehlt es am unmittelbaren Zusammenhang, da die Auflösung der Ehe ihre Ursache im Verhältnis der Ehegatten zueinander hat. Die Auflösung der Ehe erfordert zwar die Klärung des zukünftigen Verhältnisses zum Kind, bezieht sich aber ausschließlich auf die Beendigung des familienrechtlichen Verhältnisses (Wanke in Wiesner/Grabner/Knechtl/Wanke, EStG § 34 Rz 30 mit Bezug auf das Entstehen der familienrechtlichen Verhältnisse bei Eheschließung und Adoption mit Verweis auf VwGH 12.05.1980, 737/78).

Kein Pauschbetrag für auswärtige Berufsausbildung bei Berücksichtigung aller tatsächlichen Kosten als ag Belastung wegen Behinderung; Anrechnung des Pflegegeldes auf Kinderbetreuungskosten gem § 34 Abs. 9 EStG

  • § 34 Abs. 9 EStG 1988, § 34 Abs. 8 EStG 1988, § 5 Außergewöhnliche Belastungen, § 34 EStG 1988, § 4 Außergewöhnliche Belastungen
  • BFG vom 18.05.2020, RV/3100020/2019
    (Abänderung; Revision nicht zugelassen)

Rechtssatz 1: Bezogenes Pflegegeld ist (auch) auf Kosten der Betreuung von Kindern, für die erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird, anzurechnen (§ 34 Abs. 9 EStG).

Rechtssatz 2: Werden tatsächliche Kosten einer auswärtigen Berufsausbildung als außergewöhnliche Belastungen aus dem Titel der Behinderung eines Kindes zur Gänze berücksichtigt, steht daneben der Pauschbetrag für auswärtige Berufsausbildung (§ 34 Abs. 8 EStG) nicht zu.

Ausbildungsdienst keine Berufsausbildung iSd FLAG 1967

  • § 33 Abs. 3 EStG 1988, § 37 WG 2001, § 26 FLAG 1967, § 2 Abs. 1 lit. c FLAG 1967, § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967, § 2 Abs. 1 lit. d FLAG 1967, § 2 Abs. 1 lit. e FLAG 1967
  • BFG vom 07.07.2020, RV/7102356/2020
    (Abweisung; Revision nicht zugelassen)

Die Ableistung des wehrrechtlichen Ausbildungsdienstes ist ebenso wie die Ableistung des Präsenzdienstes oder des Zivildienstes nach Lehre und Rechtsprechung keine Berufsausbildung i. S. d. FLAG 1967. Für die Zeit zwischen Schulausbildung und Präsenzdienst sowie für die Zeit zwischen Präsenzdienst und Ausbildungsdienst steht daher nach derzeitiger Rechtslage keine Familienbeihilfe zu.

Vorbereitung auf die staatliche Prüfung zur Pharmareferentin bzw. zum Pharmareferenten

  • § 26 FLAG 1967, § 33 Abs. 3 EStG 1988, § 279 Abs. 1 BAO, § 10 Abs. 1 FLAG 1967, § 250 Abs. 1 lit. c BAO, § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967
  • BFG vom 14.07.2020, RV/7101386/2020
    (Stattgabe; Revision nicht zugelassen)

Ist die Ablegung einer Prüfung Voraussetzung zur Ausübung eines Berufes, befindet sich ein noch nicht berufstätiges Kind, das sich auf diese Prüfung vorbereitet, in Berufsausbildung i. S. d. § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967, wenn die Vorbereitung auf diese Prüfung die überwiegende Arbeitszeit des Kindes in Anspruch nimmt.

Einkommensteuer

Keine Anerkennung von Subleistungen suspekter Unternehmen im Baugewerbe

  • § 23 Abs. 1 BAO, § 167 Abs. 2 BAO, § 184 Abs. 1 BAO, § 4 Abs. 4 EStG 1988
  • BFG vom 30.07.2020, RV/7102378/2018
    (teilweise Stattgabe; Revision nicht zugelassen)

Häufig liegt der einzige Geschäftszweck von Unternehmen in der Baubranche darin, als vermeintliche Subunternehmer, die angeblich Personal gestellen, aufzutreten. In Wahrheit führen diese oft überhaupt keine Tätigkeit aus und dienen lediglich dazu, Schein- bzw. Deckungsrechnungen auszustellen. In diesem Fall besorgt sich der „Auftraggeber“ selbst Schwarzarbeiter und benötigt daher nur Scheinbelege, um dies zu verdecken. Alternativ stellt der vermeintliche Subunternehmer die Schwarzarbeiter selbst zur Verfügung, Zahlungen für solche Scheinleistungen stellen keine Betriebsausgaben dar.

Keine Betriebsausgaben betreffend Rechtsanwaltskosten ohne schriftliche Dokumentation und schlüssige Glaubhaftmachung

  • § 138 Abs. 2 BAO, § 303 Abs. 1 BAO, § 307 Abs. 3 BAO, § 138 Abs. 1 BAO, § 4 Abs. 4 EStG 1988, § 307 Abs. 1 BAO, § 4 Abs. 4 EStG 1988
  • BFG vom 08.07.2020, RV/7104906/2018
    (Abweisung; Revision nicht zugelassen)

Rechtssatz 2: Rechtsanwaltskosten, die sich auf Mediationen im interfamiliären innerbetrieblichen Bereich beziehen, sind nicht abzugsfähig. Dies gilt vor allem dann, wenn behauptet wird, die angefallenen Kosten dienten zur Prozessabwehr ohne konkrete Nennung der Gefahr des Verlustes der Einkunftsquelle Gewerbebetrieb.

Rechtssatz 3: Beratungskosten im Zusammenhang mit einem Erbanfall sind selbst dann nicht abzugsfähig, wenn sie sich auf den Erwerb einer Einkunftsquelle beziehen.

Rechtssatz 4: Wenn sowohl der Wiederaufnahmebescheid als auch der nachfolgende Sachbescheid mit Beschwerde bekämpft werden, ist zuerst oder zumindest gleichzeitig über die bekämpfte Wiederaufnahme zu entscheiden. Erlässt das Finanzamt eine Beschwerdevorentscheidung über den Sachbescheid, ohne über die Wiederaufnahme zu entscheiden, führt dies zur Rechtswidrigkeit der BVE betreffend den Sachbescheid. Die BVE ist wegen Rechtswidrigkeit aufzuheben.

Finanzstrafrecht

Abgabenhinterziehungen eines Bühnen- und Kostümbildners, welcher sich zwecks Steuervermeidung sein Honorar aus der Betreuung und Gestaltung von Ausstellungen und Messeständen im Wege von - unter seiner Kontrolle stehender - Kunstvereinen auszahlen hat lassen, wobei er die erzielten eigenen Erlöse und Umsätze gegenüber dem Fiskus verschwiegen und stattdessen bei den Vereinen in deren Rechenwerk zur Deckung ein fiktives Beschäftigungsverhältnis und frei erfundene Ausgaben zum Ansatz gebracht hat

  • § 14 Abs. 3 FinStrG, § 89 Abs. 2 FinStrG, § 98 Abs. 3 FinStrG
  • BFG vom 14.11.2019, RV/6300015/2016
    (teilweise Stattgabe; Revision nicht zugelassen)

Zum Begriff der Verfolgungshandlung:

Rechtssatz 1: 1. Eine Verfolgungshandlung im Sinne des § 14 Abs. 3 FinStrG liegt vor bei jeder nach außen erkennbaren Amtshandlung eines Gerichtes, einer Staatsanwaltschaft, einer Finanzstrafbehörde, des Bundesfinanzgerichtes oder eines in § 89 Abs. 2 FinStrG genannten Organes (also Organe der Abgabenbehörde wie bspw. Außenprüfer), die sich gegen eine bestimmte Person als den eines Finanzvergehens Verdächtigen (Beschuldigten, Angeklagten) richtet, und zwar auch dann, wenn die einschreitende Behörde oder deren Organ zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht hat oder die Person, gegen die sie gerichtet war, davon keine Kenntnis erlangt hat.

2. Eine einschränkende Auslegung des Begriffes einer Verfolgungshandlung auf verfahrensrechtkonforme Amtshandlungen (in diesem Sinne die Rspr und ein Teil der Lehre, z.B. OGH 25.8.2011, 13 Os 26/11i; VwGH 24.9.2007, 2007/15/0094; Köck in Köck/Judmaier/Kalcher/Schmitt, FinStrG I5, § 14 Rz 10) – entgegen der an sich eindeutigen gesetzlichen Formulierung, wonach auch rechtswidrige Amtshandlungen, bspw. von unzuständigen Behörden (so sie nicht absolut nichtig sind), Verfolgungshandlungen darstellen – ist verfassungswidrig, weil in diesem Falle gerade rechtswidrige Amtshandlungen dem Verdächtigen der Schutzwirkung des § 75 Satz 2 FinStrG berauben würde.

3. Auch die weitere Einschränkung, dass dem behördlichen Akt insbesondere zu entnehmen sein müsse, welche Tat der betreffenden Person zur Last gelegt wird, und gegen die sich die Amtshandlung richtet (VwGH 24.9.2007, 2007/15/0094), entspricht nicht der gegebenen Rechtslage: Auch eine Amtshandlung zur Erhellung eines Tatverdachtes, bei welcher der Verdächtige gar nicht erkennt, dass gegen ihn ermittelt wird (weil er etwa die Verhandlungssprache nicht versteht, weil er in die Amtshandlung nicht miteingeschlossen ist, z.B. wenn zuerst ein Beitragstäter vernommen wird, weil die Amtshandlung ihn zwar unmittelbar einschließt und auch nach außen erkennbar ist, aber gar nicht bis zu ihm durchdringt, etwa weil das Poststück der Behörde nicht zugestellt werden kann, usw.) oder sich die Amtshandlung nur auf einen Teilaspekt der vorgeworfenen Tat richtet (etwa wenn bei einem umfangreichen Sachverhalt momentan eine Auskunftsperson, Zeuge oder der Verdächtige selbst zu diesem Teilaspekt vernommen wird) ist nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut eine Verfolgungshandlung: JEDE nach außen erkennbare und nicht nur manche der Amtshandlungen, die sich gegen eine bestimmte Person als den eines Finanzvergehens Verdächtigen richten, sind Verfolgungshandlungen; eine Grenze ergibt sich lediglich dort, wo ein Handeln eines Organwalters nach dem äußeren Anschein nicht mehr einer Finanzstrafbehörde zugerechnet werden kann.

4. Die hier postulierten Einschränkungen beziehen sich vielmehr auf das Ausmaß des erforderlichen Verdachtes, welchen der Organwalter bei Vornahme seiner Amtshandlung gehegt hat: Dieser Verdacht muss sich gegen eine bestimmte Person als eines Finanzvergehen Verdächtigen gerichtet haben und sich dabei auf alle Sachverhaltselemente der vorgeworfenen Tat bezogen haben. Ob ein solcher Verdacht bestanden hat, ist Gegenstand einer Beweiswürdigung im Sinne des § 98 Abs. 3 FinStrG.

Schuldhafte Abgabenverkürzungen eines Hausvermieters, welcher seinen Steuerberater nicht über den Umstand informierte, dass er, abweichend von seinem ursprünglichen Plan, das Obergeschoss des Mietobjektes seinen Eltern im Rahmen eines unentgeltlichen Wohnungsgebrauchsrechtes überlassen hat

  • § 12 Abs. 1 UStG 1994, § 98 Abs. 3 FinStrG
  • BFG vom 29.11.2019, RV/5300002/2017
    (teilweise Stattgabe; Revision nicht zugelassen)

Keine gebundene Beweiswürdigung im Finanzstrafrecht:

Weder im Steuerrecht noch im Finanzstrafrecht existiert eine gebundene Beweiswürdigung etwa dergestalt, dass eine behauptete Vermietung unter nahen Angehörigen anzuerkennen wäre, weil rein hypothetisch die Vertragsbeziehung einem Fremdvergleich standhalten würde, ungeachtet des Umstandes, dass tatsächlich gar keine entgeltliche Leistungsbeziehung bestanden hat, weil etwa das Mietobjekt den Angehörigen schon im Rahmen eines Servitutes unentgeltlich zum Gebrauch überlassen worden ist.

Verantwortlichkeit eines Verbandes für die Abgabenhinterziehungen nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG und Finanzordnungswidrigkeiten nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG ihres Geschäftsführers;
Wahrnehmung der Verteidigung des Verbandes nach Eintritt des Konkurses über dessen Vermögen;
Milderungsgründe beim Verband

  • § 28a Abs. 2 FinStrG
  • BFG vom 12.05.2020, RV/7300008/2020
    (teilweise Stattgabe; Revision nicht zugelassen)

Gemäß § 2 Abs. 2 IO wird durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens das gesamte der Exekution unterworfene Vermögen, das dem Schuldner zu dieser Zeit gehört oder das er während des Insolvenzverfahrens erlangt, dessen freier Verfügung entzogen. Dazu zählt jedoch nicht eine Geldbuße als Strafsanktion. Ein Insolvenzverwalter tritt in einem Konkursverfahren nur insoweit als gesetzlicher Vertreter an die Stelle des Gemeinschuldners, als Aktiv- oder Passivbestandteile des Insolvenzverfahrens betroffen sind. Die Vertretung der insolventen GmbH in ihrem Finanzstrafverfahren obliegt weiterhin dem Geschäftsführer als Liquidator, der berechtigt ist, sich im Finanzstrafverfahren des Verbandes eines Verteidigers für diese zu bedienen.

Verfahrenshilfe bzw. Prozesskostenhilfe in einem monokratischen Beschwerdeverfahren betreffend ein Straferkenntnis einer Finanzstrafbehörde

  • § 62 Abs. 3 FinStrG, Art. 47 Charta der Grundrechte der Europäischen Union, Art. 51 Charta der Grundrechte der Europäischen Union
  • BFG vom 24.06.2020, VH/5300001/2017
    (Abweisung; Revision nicht zugelassen)

Umfassen die in einem finanzgerichtlichen Beschwerdeverfahren zu überprüfenden Tatvorwürfe auch Verstöße gegen innerstaatliche Rechtsvorschriften, sind für die Entscheidung über einen für ein monokratisches Beschwerdeverfahren gestellten Antrag auf Gewährung von Verfahrenshilfe nach dem FinStrG hinsichtlich der grundrechtsrelevanten Teilfakten auch Überlegungen in Richtung einer allenfalls nach Art 47 EU-GRC notwendigen Prozesskostenhilfe anzustellen. Dies ist bei Normen im Bereich der weitgehend harmonisierten, als Gemeinschaftsabgabe einzustufenden Umsatzsteuer der Fall, die (auch) der direkten Umsetzung von Gemeinschaftsrecht dienen, insbesondere dann, wenn die Tragung von Verteidigerkosten eine Unterhaltsgefährdung des Beschwerdeführers nach sich zöge. Daraus folgt, dass grundsätzlich auch in einem Beschwerdeverfahren vor dem Einzelrichter des BFG im Falle einer verfahrensgegenständlichen Verkürzung an USt die Beigabe eines Verfahrenshelfers möglich ist.

Anmerkung: Die im RS geäußerte Rechtsansicht ist abweichend zur herrschenden Meinung, wonach durch die Möglichkeit eines entsprechend angeleiteten Beschuldigten, in seiner Beschwerde gegen ein Erkenntnis des Einzelbeamten der Finanzstrafbehörde gemäß § 62 Abs. 2 lit. b FinStrG die Entscheidungsfindung durch einen Senat des BFG zu beantragen und damit eine der Anspruchsvoraussetzungen für eine Verfahrenshilfe gemäß § 77 Abs. 3 iVm § 157 FinStrG zu schaffen, seinen Grundrechten ausreichend entsprochen ist.

Hinterziehung von Lohnabgaben durch den Geschäftsführer einer GmbH, welcher die Arbeitnehmer bosnischer Herkunft bei Betrugsfirmen einer Wiener Bande zum Schein gegen Entgelt anmelden ließ, um seiner eigenen GmbH die Lohnabgaben und Sozialversicherungsbeiträge zu ersparen;
Strafbemessung

  • § 74 Abs. 1 FinStrG, § 74 Abs. 3 FinStrG, § 160 Abs. 3 FinStrG, § 33 Abs. 2 lit. b FinStrG, § 76 EStG 1988, § 33 Abs. 2 lit. b FinStrG, Lohnkontenverordnung 2006,
  • BFG vom 14.11.2019, RV/6300015/2018
    (Abweisung; Revision nicht zugelassen)

Verzicht auf mündliche Verhandlung vor dem BFG:

Rechtssatz 1: Gemäß § 160 Abs. 3 FinStrG kann das Bundesfinanzgericht von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung absehen, wenn die Parteien des Verfahrens darauf ausdrücklich bis zum Beginn der Verhandlung verzichtet haben. Es ist dies eine Ermessensentscheidung, bei welcher unter anderem das Parteieninteresse mit dem Verfolgungsinteresse abzugleichen ist: Je wichtiger die persönliche Befragung des Beschuldigten zur Aufklärung des strafrelevanten Sachverhaltes ist, je bedeutender der deliktische Störwert der vorgeworfenen Finanzvergehen ist, je dringlicher die erforderliche Prävention, wozu es zur Beweisführung der Einvernahme des Beschuldigten bedürfte, aber auch umso geringeres Wissen hinsichtlich der aktuellen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschuldigten aus den Akten abzuleiten ist, je dürftiger die persönlichen Einlassungen des Beschuldigten zum Tatgeschehen gewesen sind, umso eher ist trotz eines Verzichtes der Parteien auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung, verbunden mit einem Verzicht des Beschuldigten auf persönliches unmittelbares Gehör vor dem Bundesfinanzgericht, dennoch eine mündliche Verhandlung anzuberaumen. Unterbleibt eine mündliche Verhandlung, wären die Möglichkeiten der Verfahrensparteien, entscheidungsrelevante tatsächliche oder rechtliche Umstände, welche im bisherigen verwaltungsbehördlichen Finanzstrafverfahren noch nicht zur Sprache gekommen sind, zur Kenntnis zu nehmen und sich dazu zu äußern, erschwert.

Zur Ablehnung von Mitgliedern eines Finanzstrafsenates des BFG:

Rechtssatz 2: 1. Gemäß § 74 Abs. 1 FinStrG sind Ablehnungen von Mitgliedern eines Finanzstrafsenates des Bundesfinanzgerichtes (Vorsitzender, Berichterstatter, fachkundige Laienrichter) beim Senatsvorsitzenden binnen drei Tagen nach Zustellung einer Vorladung zur mündlichen Verhandlung geltend zu machen, wobei grundsätzlich der Finanzstrafsenat über die Ablehnung entscheidet. Lediglich dann, wenn der Senatsvorsitzende oder wenigstens zwei Senatsmitglieder abgelehnt werden, entscheidet der Präsident des Bundesfinanzgerichtes. Dieses Procedere bezieht sich auf behauptete Lebenssachverhalte, aus welchen eine Befangenheit abzuleiten wäre, bis zum Zeitpunkt des Zugehens der Vorladung.

2. Klar geregelt ist gemäß § 74 Abs. 3 FinStrG idF BGBl I 2010/104 ebenfalls die Vorgangsweise, wenn erst nach Ablauf der Frist von drei Tagen ab Zustellung der Vorladung zum ersten Termin einer mündlichen Verhandlung angeblich Umstände hervorkommen, welche die behauptete Befangenheit eines Senatsmitgliedes begründen können: In diesem Fall ist die Ablehnung unverzüglich (soll heißen: sofort) nach Kenntnis des Ablehnungsgrundes, spätestens jedoch bis zum Ablauf der Beweisaufnahme in der mündlichen Verhandlung, geltend zu machen, wobei der Senat entscheidet. Aus Gründen einer Verfahrenseffizienz soll nicht durch taktische Ablehnungsanträge die Durchführung mündlicher Verhandlungen verzögert oder unterbrochen werden können, weil jeweils zwischenzeitig eine Entscheidung des Präsidenten einzuholen wäre (vgl. die Erläuterungen der Regierungsvorlage, 874 der Beilagen XXIV. GP, S. 13). Ab einem bestimmten Zeitpunkt soll die Entscheidung für Ablehnungsanträge daher auf den Senat selbst übertragen sein.

3. Ein angebliches Hervorkommen von Umständen, welche die Befangenheit eines Senatsmitgliedes auslösen könnten, im Zeitraum zwischen Zustellung der Vorladung und dem Ablauf einer dreitägigen Frist ist solcherart zwar nicht ausdrücklich erfasst. Entsprechend dem Konzept des § 74 FinStrG darf die Frist zur Einreichung derartiger Ablehnungsanträge nicht später enden als die Frist späterer Ablehnungsanträge. Daraus folgt, dass etwa ein Ablehnungsantrag, welcher sich auf ein Ereignis gründen will, das sich am dritten Tag nach Zustellung des Ladungsbescheides zugetragen habe, ebenfalls unverzüglich, also allenfalls spätestens am Tag darauf, zu stellen ist. Später einlangende Ablehnungsanträge fallen nicht in die Zuständigkeit des Präsidenten des Bundesfinanzgerichtes, weil andernfalls erst recht wieder mit dem Fortgang der mündlichen Verhandlung bis zur Entscheidung des Präsidenten, den verspäteten Antrag zurückzuweisen, zugewartet werden müsste.

Zur Schuldbeschwerde eines Amtsbeauftragten:

Rechtssatz 4: Will der Amtsbeauftragte im Rechtmittelverfahren eine Ausweitung des im Schuldspruch gegenüber dem Beschuldigten verwendeten Grundtatbestandes eines Finanzvergehens durch zusätzliche Qualifikationen wie gewerbsmäßige Begehung, fortgesetztes Delikt oder bandenmäßige Begehung herbeiführen, hat er dies, wenn nicht die Finanzstrafbehörde die diese Qualifikationen stützenden Lebenssachverhalte bereits ausreichend festgestellt hätte, innerhalb der Rechtsmittelfrist in der Beschwerde oder zumindest in einem ergänzenden Schriftsatz vorzubringen, andernfalls dies kein Verfahrensgegenstand vor dem Bundesfinanzgericht sein kann. Diesem ist es - trotz eines fehlenden Verböserungsverbotes im Falle einer Schuldbeschwerde des Amtsbeauftragten - nämlich verwehrt, den Verfahrensgegenstand auszutauschen oder entsprechend zu ergänzen.

Abgabenhinterziehungen nach § 33 Abs. 2 lit. b FinStrG, zum Begriff der Lohnkonten:

Rechtssatz 5: 1. Die Begrifflichkeit "von … entsprechenden Lohnkonten" in § 33 Abs. 2 lit. b FinStrG in der Fassung vor dem BGBl I 2010/104 wurde und wird nach ständiger Rechtsprechung und Lehre dermaßen verstanden, dass - auch ohne Anführung entsprechender Ordnungsvorschriften - natürlich jene Lohnkonten verstanden wurden, welche nach geltendem Steuerrecht zu führen waren, und nicht fiktive andere Konten, für welche es gar keine normative Anordnung gegeben hätte. Die hier zu führenden Lohnkonten waren also diejenigen, deren erforderlicher Inhalt in der diesbezüglichen Verordnung vorgeschrieben worden war.

2. Insoweit hatte der in § 33 Abs. 2 lit. b FinStrG mit der FinStrG-Novelle 2010, BGBl I 2010/104 mit Wirkung ab dem 1. Jänner 2011, vorgenommene Einschub "sowie dazu ergangener Verordnungen" lediglich "klarstellenden" Charakter, ohne eine inhaltliche Veränderung des Tatbestandes zu bewirken (vgl. Köck in Köck/Judmaier/Kalcher/Schmitt, FinStrG I5, Rz 66 zu § 33 mit weiteren Zitaten).

Abgabenhinterziehungen eines Geschäftsmannes unter Verwendung diverser GmbHs;
zuletzt mittels steuerlich nicht erfasster Fahrzeugverkäufe;
Ausmessung einer zusätzlichen Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe;
Abschlag wegen überlanger Verfahrensdauer

  • § 56 Abs. 2 FinStrG, § 33 Abs. 1 FinStrG, § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG, § 4 Abs. 2 FinStrG, § 38 Abs. 1 FinStrG, § 38 Abs. 2 FinStrG
  • BFG vom 17.12.2019, RV/6300001/2019
    (teilweise Stattgabe; Revision nicht zugelassen)

Wie mit Vertagungsgesuchen umzugehen ist:

Rechtssatz 1: 1. Ein Ersuchen eines Beschuldigten um Vertagung einer mündlichen Verhandlung des Spruchsenates per E-Mail, weil er erkrankt sei, ist keine Prozesserklärung bzw. Eingabe im Sinne des § 56 Abs. 2 letzter Satz FinStrG, sondern lediglich eine auf elektronischem Wege übermittelte Behauptung eines Sachverhaltes, welche der Senatsvorsitzenden bei rechtzeitiger Kenntnisnahme zur Frage der Zulässigkeit der Durchführung der mündlichen Verhandlung einer Würdigung ob ihrer Glaubhaftigkeit zu unterziehen hat. Bleibt der Sachverhalt dabei unklar, ist er nach Möglichkeit durch ergänzende Beweisaufnahmen abzuklären (beispielsweise durch Rückruf oder Antwortmail etc.). Führen diese ergänzenden Erhebungen zumal in Anbetracht des Zeitdruckes vor dem Verhandlungsbeginn zu keinem Ergebnis, etwa weil ein versuchter Rückruf vom Beschuldigten nicht mehr entgegengenommen wird, ist aufgrund der gegebenen Aktenlage zu entscheiden. Andernfalls läge es in der Hand eines tatsächlich verhandlungsunwilligen Beschuldigten, durch beständige Vertagungsgesuche eine Durchführung der mündlichen Verhandlung und Fällung der Entscheidung in der Finanzstrafsache erheblich zu erschweren oder allenfalls auf Dauer zu verhindern, bliebe etwa auch der jeweilige Versuch der Finanzstrafbehörde, den Beschuldigten am jeweiligen Verhandlungstag auszuforschen oder - falls nicht unverhältnismäßig - vorzuführen, erfolglos.

2. Dabei ist es nicht lebensfremd, dass etwa ein erkrankter Beschuldigter, welcher gerade noch befähigt war, ein E-Mail an die Finanzstrafbehörde zu senden, und auf Nachricht wartet, welche Verfügung der Spruchsenatsvorsitzende getroffen hat, auch regelmäßig grundsätzlich in der Lage sein wird, eine Antwort-Mail oder einen Rückruf zu empfangen. Kann ohne erkennbaren Grund eine solche Kontaktaufnahme nicht erfolgen, ist dies wohl ein zu Lasten des Antragstellers gehender Umstand. Ebenso geht es bei dieser Beweiswürdigung zu Lasten eines Beschuldigten, welcher eine neuerliche Vertagung seiner Strafverhandlung erzwingen will, wenn er in einem diesbezüglichen E-Mail eine ärztliche Bestätigung einer Arbeitsunfähigkeit für den verschobenen vorherigen Verhandlungstermin wegen "Krankheit" beischließt, in welcher ihm just schon am Vortag eine Ausgehzeit für die Zeit eben der geplant gewesenen mündlichen Verhandlung bescheinigt worden ist.

Gewerbsmäßiges Handeln in der Zeit zwischen dem 1.1.2016 und dem 22.7.2019:

Rechtssatz 2: Gemäß § 38 Abs. 2 FinStrG idFd BGBl I 2015/163, mit Wirkung ab dem 1. Jänner 2016 und in Geltung bis zum 22.7.2019, hat gewerbsmäßig gehandelt, wer etwa Abgabenhinterziehungen mit der Absicht ausgeführt hat, sich durch ihre wiederkehrende Begehung einen nicht bloß geringfügigen fortlaufenden abgabenrechtlichen Vorteil zu verschaffen, und etwa gemäß Z 3 bereits zwei solche Taten begangen hat oder (zumindest) einmal wegen einer solchen Tat bestraft worden ist. Ein nicht bloß geringfügiger abgabenrechtlicher Vorteil ist dabei ein solcher, der nach einer jährlichen Durchschnittsbetrachtung monatlich den Betrag von € 400,00 übersteigt. Der Beschuldigte hätte durch sein finanzstrafrechtlich relevantes Handeln lediglich dann diesen Tatbestand erfüllt, wenn der abgabenrechtliche Vorteil etwa aus der Verkürzung von Vorzahlungen an Umsatzsteuer und Normverbrauchsabgaben ihm selbst zugekommen ist. Eine allenfalls indirekte Vorteilsnahme, etwa durch Erhöhung des Vermögensstandes der GmbH und nachfolgende Entnahme ist nunmehr für die Annahme einer gewerbsmäßigen Begehungsweise nicht mehr ausreichend (vgl. Schmitt in Köck/Judmaier/Kalcher/Schmitt, FinStrG I5 Rz 13 zu § 38).

Einnahmen aus Straftaten, Grenze des grob fahrlässigen Verhaltens

  • § 33 Abs. 1 FinStrG, § 8 Abs. 3 FinStrG, § 98 Abs. 3 FinStrG
  • BFG vom 10.10.2019, RV/2300008/2017
    (Abweisung; Revision nicht zugelassen)

Ist aus den Lebensumständen eines beschuldigten Abgabepflichtigen kein entsprechendes steuerliches Spezialwissen seiner Person abzuleiten, ist in der Regel auch der Nachweis eines vorsätzlichen oder allenfalls grob fahrlässigen Verhaltens mit der für ein Finanzstrafverfahren erforderlichen Sicherheit aufgrund des gemäß § 98 Abs. 3 FinStrG anzuwendenden Zweifelsgrundsatzes nicht zu führen, wenn sich die verletzte konkrete Abgabenpflicht lediglich aus einer für einen steuerlichen Laien nicht vorhersehbaren steuerlichen Sonderkonstellation ergibt (hier: dass nämlich veruntreute Gelder aus einer Stadtkasse einkommensteuerpflichtige Vorteile eines Beamten aus seinem Dienstverhältnis darstellen, welche im Veranlagungswege zu erfassen sind).

Keine Abgabenhinterziehungen nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG bei Entdeckung und korrigierender Festsetzung vor Fälligkeit

  • § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG, § 51 Abs. 1 lit. a FinStrG
  • BFG vom 04.04.2020, RV/6300012/2018
    (Abweisung; Revision nicht zugelassen)

1. Wird die unrichtige Berechnung einer Vorauszahlung an Umsatzsteuer vor Einreichung einer unrichtigen Voranmeldung mittels Außenprüfung entdeckt und die Zahllast noch vor Fälligkeit mit Bescheid festgesetzt, entfällt die abgabenrechtliche Verpflichtung zur Einreichung einer Umsatzsteuer-Voranmeldung, auch wenn sich die Festsetzung nachträglich als unrichtig herausstellen sollte. Der Tatbestand einer Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG liegt nicht vor.

2. Läge die Ursache der zu niedrigen Festsetzung vor Fälligkeit darin, dass die Offenlegungs- und Wahrheitspflicht bei dieser Außenprüfung vorsätzlich verletzt worden war, um eine zu niedrige Festsetzung der Vorauszahlung an Umsatzsteuer herbeizuführen, erfüllte dies den Tatbestand einer Finanzordnungswidrigkeit nach § 51 Abs. 1 lit. a FinStrG.

3. Insgesamt lägen allenfalls Vorbereitungshandlungen für die Hinterziehung der Umsatzsteuer für das diesbezügliche Veranlagungsjahr nach § 33 Abs. 1 FinStrG vor.

4. Unterließe der Abgabepflichtige bzw. der Wahrnehmende seiner steuerlichen Interessen vorsätzlich die Richtigstellung auch im Zuge der Jahressteuererklärung, wäre der Tatbestand nach § 33 Abs. 1 FinStrG erfüllt.

1. Aufhebung eines von einem örtlich und sachlich unzuständigen Spruchsenat erlassenen Straferkenntnisses;
2. Zurückstellung der Finanzstrafsache mit Beschluss nach § 161 Abs. 4 FinStrG zur Weiterleitung der Sache an die zuständige Finanzstrafbehörde;
3. Ausmaß einer Ersatzfreiheitsstrafe und einer anteiligen verhältnismäßigen Wertersatzstrafe

  • § 20 FinStrG, § 21 Abs. 3 FinStrG
  • BFG vom 14.06.2016, RV/5300011/2014
    (Zurückverweisung; Revision nicht zugelassen)

Ausmessung der Ersatzfreiheitsstrafe:

Rechtssatz 4: Das in verwaltungsbehördlichen Finanzstrafverfahren nach § 20 Abs. 2 FinStrG für Ersatzfreiheitsstrafen vorgesehene Höchstausmaß ist auch dann zu beachten, wenn die Verfolgung der Finanzstraftaten auf mehrere Verfahren aufgeteilt wird und Zusatzstrafen nach § 21 Abs. 3 FinStrG verhängt werden.

Grob fahrlässige Geltendmachung von Vorsteuern für die Errichtung eines privat genutzten Ferienhauses im Salzkammergut,
finanzstrafrechtliche Verantwortlichkeit des Rechtsnachfolgers eines belangten Verbandes

  • § 34 Abs. 1 FinStrG, § 10 VbVG, § 3 Abs. 2 VbVG, § 28a FinStrG, § 2 Abs. 1 VbVG, § 23 Abs. 1 FinStrG, § 23 Abs. 2 FinStrG, §§ 32 bis 35 StGB
  • BFG vom 02.12.2019, RV/6300004/2016
    (teilweise Stattgabe; Revision nicht zugelassen)

Zur Rechtsnachfolge nach einem belangten Verband:

Wurde ein belangter Verband, welcher schuldig ist, die finanzstrafrechtliche Verantwortung gemäß § 3 Abs. 2 VbVG iVm § 28a FinStrG dafür zu tragen, dass ein Entscheidungsträger (z.B. der Geschäftsführer) zugunsten des Verbandes fahrlässig Umsatzsteuern mittels Geltendmachung nicht zustehender Gutschriften gemäß § 34 Abs. 1 FinStrG verkürzt hat, mit einer anderen juristischen Person als aufnehmende Gesellschaft verschmolzen (womit die Rechte und Pflichten des ursprünglichen Verbandes auf den aufnehmenden Verband übertragen worden sind), treffen die Rechtsfolgen des VbVG gemäß § 10 VbVG diesen Rechtsnachfolger, weshalb diesem auch ggfs die Geldbuße aufzuerlegen ist.

Nichtentrichtung der Umsatzsteuervorauszahlungen bei ebenso unterbliebener Einreichung von Voranmeldungen durch Entscheidungsträger einer GmbH nach Verlust der Finanzmittel des Unternehmens aufgrund eines Betrugsfalles

  • § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG, § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG, § 12 FinStrG, § 23 Abs. 1 FinStrG
  • BFG vom 27.03.2019, RV/5300023/2017
    (teilweise Stattgabe; Revision nicht zugelassen)

Mehrere Wahrnehmende:

Besteht bei finanzstrafrechtlich relevanten Verfehlungen eine unmittelbare Täterschaft mehrerer Entscheidungsträger, etwa weil diese die umsatzsteuerlichen Angelegenheiten einer juristischen Person gemeinschaftlich und gleichwertig wahrgenommen haben, beispielsweise ein Geschäftsführer einer GmbH und seine in der GmbH angestellte, als Büroleiterin tätige und tatsächlich aber gleichwertig entscheidungsbefugte Ehegattin, und haben sie in Wahrnehmung dieser ihrer handelsrechtlichen bzw. faktischen Entscheidungsbefugnis die Begehung der Finanzvergehen gemeinsam beschlossen und ausgeführt, so hat dennoch jeder Täter für sich nach § 12 FinStrG bzw. § 23 Abs. 1 FinStrG sich entsprechend seinem eigenen Verschulden zu verantworten.

Gebühren und Verkehrsteuern

Verfassungsrechtliche Bedenken gegen § 4 Abs. 2 Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 163/2015

  • § 26a Abs. 1 Z 1 GGG, § 6 GrEStG 1987, § 4 Abs. 2 GrEStG 1987, § 5 GrEStG 1987
  • BFG vom 03.09.2020, RN/5100001/2020
    (Normenprüfungsantrag; Revision nicht zugelassen)
  • Beachte: Beim VfGH anhängig zur Zl. G 334/2020.

Nur bei Erwerben von land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken bildet der Einheitswert unter den in § 4 Abs. 2 GrEStG 1987 genannten Voraussetzungen die Bemessungsgrundlage. Der Verfassungsgerichtshof ging vor dem Hintergrund seiner Rechtsprechung (vgl VfSlg 19.701/2012) davon aus, dass der Gesetzgeber nicht gehindert ist, im Grunderwerbsteuerrecht differenzierende Regelungen zu treffen, die der Eigenart verschiedener Erwerbsvorgänge Rechnung tragen. Im Zuge der zum 1. Jänner 2014 erfolgten Hauptfeststellung für die im Anlassfall vorliegenden wirtschaftlichen Einheiten des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens hat eine Anpassung der Einheitswerte stattgefunden. Gegen eine Heranziehung des Einheitswertes als Bemessungsgrundlage bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken, solange der Einheitswert (sei es auch nach pauschaler Aufwertung oder Vervielfachung) annähernd dem Verkehrswert der Liegenschaft, wie er normalerweise in der Gegenleistung zum Ausdruck kommt, entspricht (VfGH 27.11.2012, G77/12).

Verfassungsrechtliche Bedenken gegen § 4 Abs. 2 Z 1 lit a des Grunderwerbsteuergesetzes 1987 in der Fassung des BGBl. I Nr. 36/2014 und § 4 Abs. 2 Z 2 lit a des Grunderwerbsteuergesetzes 1987 in der Fassung des BGBl. I Nr. 36/2014

  • § 4 Abs. 2 Z 2 lit. a GrEStG 1987, § 4 Abs. 2 Z 1 lit. a GrEStG 1987
  • BFG vom 03.09.2020, RN/5100002/2020
    (Normenprüfungsantrag; Revision nicht zugelassen)
  • Beachte: Beim VfGH anhängig zur Zl. G 335/2020.

Der Verfassungsgerichtshof hat in VfSlg. 18.093/2007 (S 315) zwar festgehalten, dass keine prinzipiellen Bedenken dagegen bestehen, die Bewertung von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben nach dem Ertragswert vorzusehen, wenn das Verfahren zu seiner Ermittlung sachgerecht ist und es sich in der Tat um die Übertragung bzw. den Erwerb von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben handelt. Die Übertragung einzelner land- und forstwirtschaftlich genutzter Grundstücke, wie dies im gegenständlichen Fall erfolgt ist, stellt keinen Erwerb eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes dar. Die Heranziehung des land- und forstwirtschaftlichen Einheitswertes als Bemessungsgrundlage wäre auch aus diesem Gesichtspunkt unsachlich und damit verfassungsrechtlich bedenklich.

Normverbrauchsabgabe

Vergütung der Normverbrauchsabgabe

  • § 12 NoVAG 1991, § 3 NoVAG 1991
  • BFG vom 26.05.2020, RV/7103986/2019
    (Stattgabe; Revision zugelassen)
  • Beachte: Revision eingebracht (Amtsrevision).

Nach dem Wortlaut des § 12 Abs. 1 NoVAG 1991 steht die Vergütung der Normverbrauchsabgabe dem Empfänger der Leistung zu. Ein darüber hinaus bestehendes Erfordernis, dass der Vergütungstatbestand unmittelbar durch den Empfänger der Leistung erfüllt werden muss, kann dieser Bestimmung nicht entnommen werden (vgl. auch Haller, Normverbrauchsabgabegesetz, § 12 Tz 16).

Ausführliche Besprechung mit Praxishinweisen in BFGjournal 2020, 330

Umsatzsteuer

Anzuwendender Umsatzsteuersatz bei Betrieb eines Quartiers für AsylwerberInnen

  • § 6 Abs. 1 Z 16 UStG 1994, § 10 Abs. 3 Z 3 UStG 1994, § 10 Abs. 3 Z 3 lit. a UStG 1994, § 10 Abs. 2 Z 3 lit. a UStG 1994
  • BFG vom 27.07.2020, RV/5101389/2017
    (Abweisung; Revision zugelassen)

Rechtssatz 1: Nach der herrschenden Ansicht im Schrifttum handelt es sich bei dem Begriff der Beherbergung iSd § 10 Abs. 3 Z 3 lit a UStG 1994 idF BGBl I 2015/118 um keinen Rechtsbegriff, sodass dieser nach der Verkehrsauffassung ausgelegt werden muss (vgl Ruppe/Achatz, UStG 5. Auflage § 10 Rz 140; Pernegger in Melhardt/Tumpel, UStG 2. Auflage § 10 Rz 217). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist darunter im Wesentlichen eine Zurverfügungstellung eingerichteter und ausgestatteter Unterkünfte zum Zwecke des (vorübergehenden) Aufenthaltes, verbunden mit der Erbringung von über die bloße Gebrauchsüberlassung hinausgehenden für eine Fremdenbeherbergung üblichen Dienstleistungen, zu verstehen (vgl VwGH 29.4.1992, 88/17/0184; VwGH 23.9.2010, 2007/15/0245).

Rechtssatz 2: Die Unterbringung hilfs- und schutzbedürftige Fremder in einem Quartier für AsylwerberInnen und sonstige hilfsbedürftige Fremde dient dem Zweck einer lediglich vorübergehenden – somit nicht dauerhaften – Grundversorgung dieser Personen (vgl zB §§ 1 und 3 Abs. 2 Oö. Grundversorgungsgesetz 2006, LGBl 2007/12). Daran, dass der Unterkunftsgewährung ihrem Zweck nach somit ein bloß vorübergehender Charakter innewohnt, ändert auch der Umstand einer im Vergleich zu einer üblicherweise mit dem Aufenthalt in einem Hotel verbundenen längeren Aufenthaltsdauer nichts und steht dieser einer Beurteilung der vom Quartierbetreiber erbrachten Leistungen als „Beherbergung“ iSd § 10 Abs. 3 Z 3 lit a UStG 1994 idF BGBl I 2015/118 nicht entgegen; insbesondere, da es auch Zweige der Fremdenbeherbergung gibt, in denen eine längere Dauer des Mietverhältnisses die Regel bildet (vgl dazu auch OGH 27.3.2001, 5 Ob 77/01m).

Rechtssatz 3: Betreffend den Umfang bzw die Intensität der für das Vorliegen einer Beherbergung iSd § 10 Abs. 3 Z 3 lit a UStG 1994 idF BGBl I 2015/118 erforderlichen „zusätzlichen Dienstleistungen“ ist aus der vorzunehmenden Abgrenzung der Beherbergung von der Vermietung von Grundstücken (zu Wohnzwecken) zu folgern, dass die erbrachten Leistungen ein Ausmaß erreichen müssen, bei dem sich das Wesen des Leistungsbündels nach dem Gesamtbild der Verhältnisse nicht mehr in einer bloß passiven Gebrauchsüberlassung, die allein an den Zeitablauf gebunden ist, erschöpft (vgl dazu EuGH 18.11.2004, C-284/03, Temco Europe SA, Rn 20). Eine Erbringung sämtlicher für eine Fremdenbeherbergung üblichen Leistungen ist in diesem Zusammenhang nicht erforderlich.

Bereicherungsverbot und Ermessensentscheidung: Die Aufhebung eines Bescheides gemäß § 299 BAO ist eine zu begründende Ermessensentscheidung

  • § 11 Abs. 12 UStG 1994, § 16 Abs. 1 UStG 1994, § 299 BAO, § 239a BAO, § 20 BAO
  • BFG vom 22.06.2020, RV/2101081/2018
    (Stattgabe; Revision zugelassen)
  • Beachte: Revision eingebracht (Amtsrevision).

Die Aufhebung eines Bescheides gemäß § 299 BAO ist eine zu begründende Ermessensentscheidung. Es ist unbillig in Fällen des § 11 Abs. 14 UStG 1994 das Gläubigerrisiko auf den Leistungsempfänger abzuwälzen, wenn die Abgabenbehörde die Berichtigung der Steuerschuld beim Leistenden unabhängig von einer Berichtigung des Vorsteuerabzuges beim Leistungsempfänger durchführt. Im Falle der Berichtigung der Steuerschuld ist es aus Gründen des Bereicherungsverbotes für die Behörde geboten, auf die effektive Übermittlung des Steuerbetrages durch den Leistenden zu achten.

Ausführliche Besprechung mit Praxishinweisen in BFGjournal 2020, 355

Entstehung der Einfuhrumsatzsteuer im Zusammenhang mit einem vorschriftswidrigen Verbringen

  • § 2 Abs. 1 ZollR-DG, Art. 79 Abs. 1 Buchstabe a UZK, VO 952/2013, § 26 Abs. 1 UStG 1994, § 1 Abs. 1 Z 3 UStG 1994
  • BFG vom 12.03.2020, RV/1200020/2019
    (Abweisung; Revision nicht zugelassen)

Durch eine (vorschriftswidrige) Ausfuhr einer Ware von Frankreich in die Schweiz wird diese zur Nicht-Unionsware und befindet sich nicht mehr im freien Verkehr. Die nachfolgende Verbringung der Ware in das Zollgebiet der Union nach dem Transport durch die Schweiz erfüllt somit den Tatbestand der Einfuhr im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 3 UStG 1994. Die Ware unterliegt der Einfuhrumsatzsteuer.

Steuerfreiheit von innergemeinschaftlichen Lieferungen bei formell richtigem Buchnachweis

  • Art. 7 UStG 1994, Nachweis der Beförderung bei innergemeinschaftlichen Lieferungen, BGBl. Nr. 401/1996
  • BFG vom 13.01.2020, RV/2100838/2019
    (Stattgabe; Revision nicht zugelassen)

Rechtssatz 1: Hat der Steuerpflichtige die vorgeschriebenen Nachweispflichten erfüllt, begründet dies die - widerlegbare - Vermutung, dass die Voraussetzungen der Steuerfreiheit vorliegen (vgl Ruppe/Achatz, UStG 1994, Art 7 Tz 28). Gegenteiliges muss vom Finanzamt bewiesen werden.

Rechtssatz 2: Die Finanzbehörde ist nicht berechtigt, aus dem Fehlen zusätzlicher, über die gesetzlichen Bestimmungen hinausgehender Nachweise, die Mangelhaftigkeit des Beleg- oder Buchnachweises abzuleiten (vgl BFH 12.5.2009, V R 65/06).

Ausführliche Besprechung mit Praxishinweisen in BFGjournal 2020, 96

1. Provision ohne Leistung - Betriebsausgaben - Vorsteuer
2. Verdeckte Ausschüttung - Rückfluss erwiesen?

  • § 23 Abs. 1 BAO, § 12 Abs. 1 lit. a UStG 1994, § 8 Abs. 2 KStG 1988, § 8 Abs. 1 EStG 1988, § 7 Abs. 2 KStG 1988, § 4 Abs. 4 EStG 1988, § 95 Abs. 2 EStG 1988, § 167 Abs. 2 BAO, § 167 Abs. 1 BAO, § 95 Abs. 3 Z 1 EStG 1988
  • BFG vom 14.01.2020, RV/4100624/2016
    (Abweisung; Revision nicht zugelassen)
  • Beachte: Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2020/15/0038.

Rechtssatz 1: Liegen zwar Vereinbarungen vor, fehlen jedoch Unterlagen oder sonstige Nachweise für ein Tätigwerden des Empfängers von Provisionen, liegen rechtsgrundlose Zahlungen vor. Die Betriebsausgaben und Vorsteuern sind nicht abzugsfähig.

Rechtssatz 2: Die Beschwerdeführerin (Bf.) hat die vereinbarten Provisionen auf ein auf den Empfänger lautendes Bankkonto überwiesen. Auch wenn die überwiesenen Beträge durch Abbuchungen mittels Ersatzschecks (der Empfänger der Schecks lässt sich zumeist nicht nachvollziehen) aufgebraucht werden, und aufgrund diverser Umstände der Schluss naheliegend ist, dass das Geld bzw. ein Teil davon an den Geschäftsführer der Bf. rückgeflossen ist, reicht dies noch nicht aus, von einer verdeckten Ausschüttung an den Geschäftsführer auszugehen.

Verfahrensrecht

Einschränkung einer Geschäftsführerhaftung im Rahmen der Ermessensübung

  • § 9 BAO, § 80 BAO, § 20 BAO
  • BFG vom 24.06.2020, RV/5101146/2019
    (teilweise Stattgabe; Revision nicht zugelassen)

Das Ausmaß des Vertreterverschuldens ist zwar bei der Prüfung der tatbestandsmäßigen Voraussetzungen für die Haftungsinanspruchnahme nicht zu quantifizieren, da eine bestimmte Schuldform nicht gefordert wird, und auch leichte Fahrlässigkeit genügt (Ritz, BAO, § 9 Tz 18 mit Judikaturnachweisen). Im Rahmen der Ermessensübung kann das Ausmaß des Verschuldens bei der Bestimmung des Haftungsumfanges jedoch Berücksichtigung finden (VwGH 15.9.1995, 93/17/0404; Stoll, BAO, 127; UFS 31.7.2013, RV/1104-L/11). Es ist daher auch sachgerecht, das steuerliche Verhalten des Haftungsschuldners als Vertreter der Primärschuldnerin gegenüber dem Abgabengläubiger im haftungsrelevanten Zeitraum als Ermessenskriterium heranzuziehen.

Ausführliche Besprechung mit Praxishinweisen in BFGjournal 2020, 340

Ein über die Dauer des Beschwerdeverfahrens gegen die Grundlagenbescheide hinausgehender Zahlungsaufschub ist auch im Rechtsmittelverfahren über die Aussetzung der Einhebung nicht zu gewähren

  • § 212a Abs. 5 BAO
  • BFG vom 04.06.2020, RV/2101004/2018
    (Abweisung; Revision nicht zugelassen)

Wird ein Antrag auf Vorlage an das BFG betreffend die Abweisung eines Aussetzungsantrages nach § 212a BAO zeitlich nach Ergehen einer rechtskräftigen Beschwerdevorentscheidung über die Grundlagenbescheide gestellt, dann ist dieser Antrag jedenfalls abzuweisen. § 212a Abs. 5 BAO, wonach der Ablauf der Aussetzung nach Ergehen einer Entscheidung über die Beschwerde zu verfügen ist, wird analog angewandt.

Wiederaufnahme bei Hervorkommen von Tatsachen betreffend die Art der Bewirtschaftung bei Liebhabereibetrieben

  • § 303 Abs. 1 lit. b BAO, § 20 BAO, § 236 BAO
  • BFG vom 16.07.2020, RV/5101671/2018
    (Abweisung; Revision nicht zugelassen)

Rechtssatz 1: Werden erst durch die abgabenbehördliche Prüfung die näheren Umstände der Betätigung des Bf., seine unterschiedlichen Tätigkeitsfelder und die damit jeweils in Zusammenhang stehenden Erträge und Aufwendungen bekannt, stellen diese Umstände für sich genommen bereits einen Wiederaufnahmegrund gemäß § 303 Abs. 1 lit. b BAO dar (VwGH 24.10.2019, Ra 2018/15/0097; vgl. auch VwGH 24.09.1986, 84/13/0039, VwGH 05.04.1989, 88/13/0052, VwGH 24.09.1996, 95/13/0018, VwGH 27.05.2003, 99/14/0322; Rauscher/Grübler, Steuerliche Liebhaberei2 Rz 367, 379, 631 mit Verweis auf UFS 12.09.2006, RV/0013-K/06).

Rechtssatz 2: Der Bf. bringt im Wesentlichen vor, dass die Wiederaufnahme der Verfahren unbillig im Sinne des § 236 BAO sei, da sich sein Unternehmen, aus dessen Geschäftsführer-Bezügen er seinen Lebensunterhalt bestreite, durch die COVID19-Epidemie in einer Krise befinde und vor einer ungewissen Zukunft stehe. Den Bf. trifft grundsätzlich das Schwergewicht der Behauptungs- und Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen dafür, zumal nur ihm diese Informationen vollständig vorliegen.

Verfüllung von aufbereiteten Baurestmassen im Rahmen von Frostkofferschüttungen

  • § 3 Abs. 1 Z 1 lit. c ALSaG, § 3 Abs. 1a Z 6 ALSaG
  • BFG vom 17.01.2020, RV/4200043/2019
    (Stattgabe; Revision nicht zugelassen)

Wird eine Verwendung oder Verwertung von Abfällen im Rahmen von Frostkofferschüttungen, für die keine baurechtliche Bewilligung erforderlich ist, durchgeführt, kommt die Befreiung des § 3 Abs. 1a Z 6 ALSaG auch dann zur Anwendung, wenn die Baubewilligung für die in diesem Zusammenhang geplante Baumaßnahme erst später erteilt wird.

Ausführliche Besprechung mit Praxishinweisen in BFGjournal 2020, 99

Zurücknahme von Bier und Entstehung der Steuerschuld

  • § 7 BierStG 1995, § 10 BierStG 1995, § 43 BierStG 1995, § 201 BAO
  • BFG vom 23.01.2020, RV/5200032/2019
    (teilweise Stattgabe; Revision nicht zugelassen)

Vereinfachung für Bier des freien Verkehrs: Für zurückgenommenes Bier entfällt gemäß § 10 Abs. 1 letzter Satz BierStG die kurz davor bei der Wegbringung aus dem Steuerlager entstandene Biersteuerschuld.

Angabe eines unzutreffenden Warenortes in der Versandanmeldung

  • Art. 37 ZK, VO 2913/92, Art. 50 ZK, VO 2913/92, Art. 203 ZK, VO 2913/92
  • BFG vom 12.02.2020, RV/5200159/2012
    (Stattgabe; Revision nicht zugelassen)

Folgerechtssatz (wie RV/5200076/2014-RS1)

Wurde für die im externen gemeinschaftlichen Versandverfahren beförderten, an einem zugelassenen Warenort eingetroffenen und vorübergehend verwahrten Waren noch am selben Tag eine weitere Versandanmeldung abgegeben und vom Zollamt die Überlassung der Waren zum Versandverfahren verfügt, liegt vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des EuGH vom 15.05.2014, Rs. C-480/12 (X BV), solange sich die Waren unverändert am zugelassenen Warenort befanden - auch bei einer versehentlichen Angabe eines im Bereich desselben Zollamtes gelegenen unzutreffenden Warenortes in der anschließenden Versandanmeldung - noch kein Entziehen aus der zollamtlichen Überwachung im Sinne des Art. 203 ZK vor.

Abweisung eines Antrages gemäß Artikel 78 ZK auf nachträgliche Änderung der Vertreterindikation in Zollanmeldungen (direkte statt indirekte Vertretung)

  • Art. 78 ZK, VO 2913/92, Art. 5 ZK, VO 2913/92, § 38 Abs. 2 ZollR-DG
  • BFG vom 12.03.2020, RV/6200005/2015
    (Abweisung; Revision nicht zugelassen)
  • Beachte: Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2020/16/0079.

Eine Person, die eine andere Person bei der Vornahme der das Zollrecht betreffenden Verfahrenshandlungen vertritt, muss nicht nur Vertretungsmacht besitzen, sondern auch eine entsprechende Willenserklärung iSd Art 5 Abs. 4 erster Satz ZK abgeben.

Entstehung des Altlastenbeitrages durch konsenslos durchgeführtes Verfüllen von Geländeunebenheiten bzw. durch das Vornehmen von Geländeanpassungen

  • § 4 Z 3 ALSaG, § 3 Abs. 1 Z 1 lit. c ALSaG, § 201 Abs. 2 Z 3 BAO, § 217 BAO, § 135 BAO, § 3 Abs. 1 Z 1 lit. b ALSaG, § 6 Abs. 1 Z 1 lit. c ALSaG, § 2 Abs. 4 ALSaG, § 2 Abs. 1 AWG 2002, § 2 Abs. 3a AWG 2002, § 295a BAO, § 3 Abs. 1a Z 5 ALSaG, § 7 ALSaG, § 3 Abs. 1a ALSaG, § 3 Abs. 1a Z 2 ALSaG, § 7 Abs. 1 ALSaG, § 6 Abs. 1 Z 1 ALSaG
  • BFG vom 22.01.2020, RV/7200141/2015
    (Abweisung; Revision nicht zugelassen)

Ein UVP-Bescheid, mit dem der Einschreiterin die Bewilligung zum Betrieb einer Bodenaushubdeponie nur unter der Bedingung erteilt wird, dass vor Umsetzung des Vorhabens die schon Jahre zuvor von ihr konsenslos auf dem betreffenden Areal angeschütteten Abfälle ordnungsgemäß entfernt werden, kann auch nicht über den Weg des § 295a BAO dazu dienen, diese widerrechtlichen Anschüttungen im Nachhinein zu sanktionieren.

Ausführliche Besprechung mit Praxishinweisen in BFGjournal 2020, 99