BFG-Newsletter 2015/03

Einkommensteuer

Begräbniskosten als außergewöhnliche Belastung

  • § 34 EStG 1988
  • BFG vom 11.12.2014, RV/5100908/2013 (Stattgabe; Revision unzulässig)

In Lehre und Rechtsprechung besteht Einigkeit darüber, dass die Kosten eines dem Ortsgebrauch und der sozialen Stellung des Verstorbenen, aber auch seines mangelnden Vermögens Rechnung tragenden, einfachen, würdigen Begräbnisses (und entsprechenden Grabes) außergewöhnliche Belastungen darstellen. 
Nach § 549 ABGB gehörten zu den auf einer Erbschaft haftenden Lasten auch "die Kosten für das dem Gebrauche des Ortes, dem Stande und dem Vermögen des Verstorbenen angemessene Begräbnis". 
Nach den LStR 2002 sollen die "Kosten eines würdigen Begräbnisses" sowie eines "einfachen Grabmals" sich "bundeseinheitlich im gegenständlichen Jahr erfahrungsgemäß auf höchstens je 4.000 Euro" belaufen. 
Der UFS hat die in den LStR 2002 genannten Höchstbeträge als nicht notorisch angesehen und die Auffassung vertreten, es sei von dem in der Verordnung der Finanzmarktaufsichtsbehörde über die Fest­setzung eines Höchstbetrages für gewöhnliche Beerdigungskosten (BeerdigungskostenVO) genannten einheitlichen Höchstbetrag für alle iZm der Bestattung (Begräbnis, Grabstätte) angefallenen Kosten auszu­gehen (UFS 22.11.2007, RV/2469-W/07). Die in Zusammenhang mit dem Begräbnis getragenen Kosten haben abzüglich Aktiva des Nachlasses 7.592,46 € betragen. 
Nach der BeerdigungskostenVO beträgt der Höchstbetrag (im Jahr 2012) für gewöhnliche Beerdigungs­kosten iSd § 159 des Versicherungsvertragsgesetzes 1958 (VersVG), 8.000 Euro, wobei sich die Beerdigungskosten aus den Kosten des Begräbnisses und den Kosten des Grabmals zusammensetzen.
Der in der BeerdigungskostenVO genannte Höchstbetrag für "gewöhnliche Beerdigungskosten" von 8.000 € (Summe der beiden in den LStR 2002 iZm einem würdigen Begräbnis genannten Beträge) entspricht auch jenem Betrag, der als Höchstbetrag für ein einfaches Begräbnis für die im Rahmen des § 34 EStG 1988 steuerlich anzuerkennenden Begräbniskosten heranzuziehen ist. Diesem Gesamtrahmen ist gegenüber einer Aufteilung auf Begräbniskosten ieS und Grabmalkosten iSd LStR 2002 der Vorzug zu geben, da es um die insgesamt einfache, würdige Gestaltung des Begräbnisses geht und die Aufteilung auf einzelne Komponenten sachlich nicht geboten erscheint. 
Eine Prüfung der Zweckmäßigkeit und Angemessenheit einzelner Aufwendungen im Rahmen eines einfachen, ortsüblichen Begräbnisses kommt nicht in Betracht, solange insgesamt der Gesamtrahmen eines einfachen Begräbnisses nicht überschritten wird.

Begriff „alle Arbeitnehmer oder bestimmte Gruppen von Arbeitnehmern“

  • § 3 Abs. 1 Z 13, Z 15 EStG 1988
  • BFG vom 26.3.2015, RV/5100922/2012 (Abweisung; Revision unzulässig)

Im EStG 1988 werden iZm mit Befreiungen und Begünstigungen in § 3 Abs. 1 Z 13, Z 15 sowie in § 68 Abs. 4 Z 7 und Abs. 5 Z 7 die Begriffe „alle Arbeitnehmer oder bestimmte Gruppen von Arbeitnehmern“ verwendet. Die für die Abgrenzung herangezogenen Merkmale müssen bestimmte Kriterien erfüllen:  
Die Abgrenzung der begünstigten Gruppe(n) von den übrigen (nicht begünstigten) muss sachlich begründet sein, d.h. sie darf nicht unsachlich und muss frei von Willkür sein; die Begünstigung der Gruppe muss sich gegenüber anderen (nichtbegünstigten) Gruppen sachlich rechtfertigen lassen. Eine weitere Differenzierung innerhalb derselben Gruppe muss ebenfalls sachlich begründbar sein. 
Die Abgrenzung der Gruppe(n) muss nach der Art der im Betrieb verrichteten Tätigkeit somit betriebs­bezogen erfolgen und die unterschiedliche Vorgangsweise rechtfertigen. Nicht betriebsbezogen sind Abgrenzungen nach der unternehmensrechtlichen Stellung (Geschäftsführer, Prokuristen), nach sozialen Merkmalen (zB Familienstand) nach Altersgruppen, nach dem Angehörigenverhältnis zum Arbeitgeber oder nach nicht tätigkeitsbezogenen Leistungskriterien (vgl. VwGH 28.5.2002, 96/14/0040, 96/14/0041). Nach dem VwGH-Erkenntnis vom 5.5.1982 3003/80 dürfen die Gruppenmerkmale keine individuelle Vorteile zur Folge haben, sie müssen somit eine individuelle Vorgangsweise ausschließen.
Der Umstand, dass die Anzahl der Gruppenmitglieder sehr klein ist und unter Umständen auch nur eine Person erfasst ist für die Begünstigung unschädlich, wenn die Gruppenabgrenzung sachlich begründet ist und lediglich nach betrieblich bedingten Merkmalen erfolgt 
Im Beschwerdefall begründete der Arbeitgeber die Zahlung einer Unfallversicherung für einen einzigen Arbeitnehmer (auch Geschäftsführer) damit, dass dieser als einziger Dienstnehmer für den Einkauf zuständig gewesen sei. Auf Grund dessen habe er viele Dienstreisen im In- und Ausland unternehmen müssen was den Arbeitgeber auf Grund des erhöhten Unfallrisikos veranlasst habe, für die „Gruppe Einkäufer“ eine zusätzliche Unfallversicherung abzuschließen. 
Im Unternehmen gab es mehrere Arbeitnehmer die im Außendienst tätig waren und die daher ebenfalls häufig dienstlich auf Reisen waren, somit gleichermaßen eine Fahrtätigkeit ausübten. Der Tätigkeitsbereich dieser Arbeitnehmer umfasste  allerdings nicht den Einkauf, sondern ausschließlich den Verkauf.
Zu prüfen war daher, ob die weitere, vom Arbeitgeber vorgenommene Differenzierung inner­halb der Gruppe der im Außendienst tätigen Dienstnehmer in solche, die im Einkauf tätig sind und solche die im Verkauf tätig sind, ein sachlich gerechtfertigtes Abgrenzungsmerkmal für die Bildung einer „Gruppe von Arbeitnehmern“ iSd § 3 Abs. 1 Z 15 lit a EStG 1988 darstellt. Einem erhöhten Unfallrisiko sind aber alle Außendienst­mitarbeitern ausgesetzt, die sich auf Grund ihres Aufgabenbereiches häufig mit dem PKW auf Dienstreisen befinden, unabhängig davon, ob sie im Einkauf oder im Verkauf tätig sind. Die vom Arbeitgeber vor­genommene Unterscheidung bei der Bildung von „Gruppen“ begünstigter Arbeitnehmer iSd § 3 Abs. 1 Z 15 lit a EStG 1988 war somit keine sachlich begründete Differenzierung.

Aufwendungen für Infrarotwärmekabine als außergewöhnliche Belastung

  • § 34 EStG 1988
  • BFG vom 5.5.2015, RV/6100068/2012 (teilweise Stattgabe; Revision unzulässig)

Gemäß § 34 EStG 1988 abzusetzende Aufwendungen müssen zu einer endgültigen Belastung, somit zu einer Vermögensminderung führen. Aufwendungen, die lediglich eine Vermögensumschichtung zur Folge haben, denen somit ein entsprechender Gegenwert gegenübersteht, können nicht abgezogen werden. 
Der Gegenwertgedanke kann in bestimmten Fällen zwar aus Gründen der steuerlichen Gleichmäßigkeit und der sozialen Gerechtigkeit nur beschränkt auf einen engen Kreis besonders schwer wiegender, aus dem normalen Geschehensablauf weit herausragender Ereignisse außer Acht gelassen werden, wenn etwa lediglich aufgrund der besonderen Verhältnisse eines Einzelfalles von einer ausschließlich durch die Behinderung veranlassten Anschaffung auszugehen ist, weil die Funktion eines derartigen Wirtschaftsgutes als Therapiegerät derart bestimmend ist, dass der damit angeschaffte Vermögenswert eindeutig und nachhaltig in den Hintergrund tritt. 
Bei einer Infrarot-Tiefenwärmekabine handelt es sich nicht um ein lediglich höchstpersönlich nutzbares Gut, sondern um ein marktgängiges Wirtschaftsgut mit entsprechendem Verkehrswert, wie ein Blick in Artikel­beschreibungen, mit welchen derartige Geräte beworben werden, zeigt. Infrarot-Tiefenwärmekabinen werden als Beitrag zu komplementärmedizinischen, ganzheitlichen Behandlungsmethoden beworben. Die Funktionsweise wird gleichsam mit einer abgeschwächten Form einer Fiebertherapie erklärt. Die bewirkte, sanfte Anhebung der Körperkerntemperatur soll sich in verschiedensten Bereichen positiv auswirken. Unter anderem soll dadurch die Ausschüttung Schmerz reduzierender Botenstoffe erhöht und das Immunsystem unterstützt werden. Das Gerät wird zur Nachbehandlung bzw. Gesundheitsprävention empfohlen, wobei der Einsatz ohne ärztliche Überwachung erfolgen kann. 
Da der Anschaffung solcher Geräte somit idR eine Vermögensumschichtung zugrunde liegt, fehlt es an einem maßgeblichen Merkmal für das Vorliegen einer außergewöhnlichen Belastung iSd § 34 EStG 1988. 
Weiters mangelt es der Anschaffung einer Infrarotkabine auch am Merkmal der Außergewöhnlichkeit. Handelt es sich dabei doch durchwegs um Güter, die im Zuge des bestehenden Wellness-Trends stark nachgefragt werden und die bereits zur erweiterten Normalausstattung moderner Wohnstätten zu zählen sind.

Kein Katastrophenschaden Wassereintritt durch Lichtschächte nach Starkregen bei Sommergewitter

  • § 34 Abs. 6 EStG 1988
  • BFG vom 4.2.2015, RV/5100251/2012 (Abweisung; Revision unzulässig)

Katastrophenschaden iSd § 34 Abs. 6 TS 1 EStG 1988 ist ein außergewöhnliches Schadensereignis anzusehen, das nach objektiver Sicht aus dem regelmäßigen Ablauf der Dinge herausfällt (VwGH 8.6.1982, 82/14/0061). 
Im gegenständlichen Fall entwickelte sich der Nässeschaden im Keller des Steuerpflichtigen im Zuge eines sommerlichen Starkregens nach einem Gewitter. Derartige Starkregen sind in Österreich klimatisch üblich und gehen in Folge der Abgabe großer Wassermassen auf eng begrenzte Flächen in zumeist mit einigen Stunden begrenzter Zeitdauer mit teilweisen Wasserschäden an Gebäuden und Fluren einher. Diese Vorgänge können nicht als "aus dem regelmäßigen Ablauf der Dinge herausfallend" angesehen werden. Ein derartig außergewöhnliches Schadensereignis ist eine Wettersituation, die zu sogenannten "Jahrhundert­hochwassern" führt, etwa ein Einsetzen von Starkregenfällen über einen langen Zeitraum, der die Beherrschung der Wassermassen unmöglich macht (zB Situationen, in denen Wildbachregulierungen, Schleusen usw. technisch nicht mehr die geforderte und errechnete Wirkung erbringen können) und so nicht nur auf eine begrenzte Fläche wirkt, sondern ganze Landstriche betrifft.

Keine Verpflegungsmehraufwendungen bei Reisen ohne Nächtigung

  • § 16 Abs. 1 Z 9 EStG 1988
  • BFG vom 16.4.2015, RV/2100635/2010 (Abweisung; Revision unzulässig)

Tagesgelder (Verpflegungsmehraufwendungen) sind bei Reisen nur dann steuerlich gemäß § 4 Abs. 5 EStG 1988 (Betriebsausgaben) bzw. § 16 Abs. 1 Z 9 EStG 1988 (Werbungskosten) zu berücksichtigen, soweit eine Nächtigung erforderlich ist. In diesem Fall ist – "für den ersten Zeitraum von ca. einer Woche" – der Verpflegungsmehraufwand zu berücksichtigen. Hingegen liegt nach ständiger Rechtsprechung (VwGH 28.1.1997, 95/14/0156; VwGH 30.10.2001, 95/14/0013; VwGH 26.6.2002, 99/13/0001; VwGH 7.10.2003, 2000/15/0151; BFG 6.5.2014, RV/7103150/2012; BFG 15.7.2014, RV/1100045/2011) ein steuerlich zu berück­sichtigender Verpflegungsmehraufwand nicht vor, wenn sich der Berufstätige nur während des Tages am Tätigkeitsort aufhält.

Nachweisführung bei abgabenrechtlichen Begünstigungen

  • §§ 34 und 35 EStG 1988
  • BFG 25.6.2015, RV/5100430/2014 (Abweisung; Revision unzulässig)

Ein Steuerpflichtiger, der abgabenrechtliche Begünstigungen (hier: außergewöhnliche Belastungen) in Anspruch nimmt, hat selbst einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels das Vorliegen der Umstände darzulegen, auf die die Begünstigung gestützt werden kann, wobei die Gründe im Einzelnen anzuführen sind (VwGH 10.8.2005, 2001/13/0191); es obliegt somit ihm, einen geeigneten Sachverhalt vorzutragen (VwGH 26.3.2003, 98/13/0072; Jakom/Baldauf, EStG 8. Auflage, § 34 Rz 9). 
Der Freibetrag für die Benützung eines Kraftfahrzeuges ist zwingend an die in § 3 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen, BGBl 1996/303 angeführten Nachweise gebunden (VwGH 2.6.2004, 2003/13/0074) und kann durch andere Beweismittel, wie etwa ärztliche Befunde, nicht ersetzt werden.

Vertreterpauschale für einen "Dealer Account Manager" (Vertriebsleiter)

  • § 16 Abs. 1 EStG 1988
  • BFG 1.4.2015, RV/6100376/2013 (Abweisung; Revision unzulässig)

Vertreter sind Personen, die im Außendienst zum Zwecke der Anbahnung und des Abschlusses von Geschäften und zur Kundenbetreuung tätig sind. Der Arbeitnehmer muss eine ausschließliche Vertreter­tätigkeit ausüben. Kundenverkehr in Form des Abschlusses von Geschäften im Namen und für Rechnung des Arbeitgebers (über Verkauf von Waren oder Erbringung von Dienstleistungen) muss eindeutig im Vordergrund stehen. Eine andere Außendiensttätigkeit, deren vorrangiges Ziel nicht die Herbeiführung von Geschäftsabschlüssen ist, zB Kontroll- oder Inkassotätigkeit, ist keine Vertretertätigkeit. Nur eine "völlig untergeordnete andere Tätigkeit" steht der Inanspruchnahme des Vertreterpauschales nicht entgegen. Ein Dienstnehmer ist auch dann als Vertreter anzusehen, wenn er im Rahmen seines Außendienstes auch Tätigkeiten der Auftragsdurchführung verrichtet, solange der Kundenverkehr in Form des Abschlusses von Geschäften im Namen und für Rechnung seines Dienstgebers eindeutig im Vordergrund steht.
Ist aus der vom Arbeitgeber unterfertigten Arbeitsplatzbeschreibung erkennbar, dass über die Anbahnung und den Abschluss von Verträgen und die Kundenbetreuung hinausgehende Aufgaben wahrzunehmen sind, ist zu prüfen inwieweit diese Aufgaben einer anderen Außendiensttätigkeit, wie Kontrolle, Inkasso oder Beratung zuzuordnen sind – deren vorrangiges Ziel eben nicht die Herbeiführung von Geschäftsabschlüssen ist – bzw. ob diesen über die Anbahnung und den Abschluss von Verträgen und die Kundenbetreuung hinausgehenden Aufgaben eine völlig untergeordnete Bedeutung zukommt. 
Ist ein Steuerpflichtiger neben der Organisation und dem Abhalten von Schulungen und Trainings für Händler und Verkäufer auch mit laufenden Kontrolltätigkeiten und der Überwachung betraut (zB Treffen von Zielvereinbarungen, Überwachung und Auswertung der Zielerreichung, Eingebundensein in die laufende Überprüfung und Besprechung von Daten der Händlerbetriebe für das Risk-Management, Ausfertigten von Auswertungen für bzw. über Händler, Teilnahme an Händlerveranstaltungen, Händlermeetings und zentralen Außendienstmeetings) kann von einer "völlig untergeordneten anderen Tätigkeit", die der Inanspruchnahme des Vertreterpauschales nicht entgegenstehen würde, nicht mehr gesprochen werden.

Betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer einer antiken, bei Konzerten eingesetzten Violine

  • § 7 EStG 1988
  • BFG 16.4.2015, RV/7102912/2010 (teilweise Stattgabe; Revision unzulässig)

Ein international tätiger Dirigent, der bei Konzerten auch selbst die Geige spielt, nahm bei einer von ihm erworbenen Geige (altitalienische Meistergeige aus Venedig, zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts; Anschaffungspreis brutto 187.000 Euro) eine betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von fünf Jahren an. Er erklärte in diesem Zusammenhang, Interpreten wie auch Instrumentenbauer verfügten derzeit noch nicht über die ausreichende Erfahrung, inwieweit Streichinstrumente aus dem 17. und 18. Jahrhundert in 20 oder 30 Jahren noch geeignet seien, im Konzertbetrieb genutzt zu werden, wenn sie einer ständigen Bean­spruchung im Sinne der heutigen Verwendung unterliegen. Die angenommene Nutzungsdauer beruhte auch nach seiner Darstellung nicht auf Erfahrungswerten, sondern auf einer willkürlichen Annahme. 
Das BFG gab zu bedenken, dass Streichinstrumente aus diesem Zeitraum noch immer in Verwendung stehen, obwohl sie seinerzeit nur in beschränkter Stückzahl hergestellt worden sind. Alleine dieser Umstand beweist, dass sie offenbar wesentlich länger bespielbar sind, als vom Steuerpflichtigen angenommen.
In Ermangelung entsprechender Erfahrungswerte schätze das BFG die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer der antiken Geige in Anlehnung an die Judikatur des BFH (Urteil vom 26.1.2001, VI R 26/98) mit hundert Jahren. Sollte entgegen dieser Annahme ein früherer Wertverfall der Geige eintreten – sei es aus Gründen der technischen Abnutzung, die eine entsprechende Weiterverwendung unmöglich machen, sei es aus Gründen, die im technischen Fortschritt wie der Entwicklung neuer Geigen liegen, welche eine bessere Klangqualität ermöglichen – könnte die Geige gemäß § 8 Abs. 4 EStG 1988 vorzeitig abgeschrieben werden, wenn nicht ein entsprechender Veräußerungserlös erzielt werden kann, was im Hinblick auf die Sammlung wertvoller antiker Geigen durch Liebhaber durchaus denkbar ist.

Aufwendungen für die Wiener Zeitung eines Prüfers für gemeinnützige Bauvereinigungen

  • § 16 Abs. 1 Z 7; § 20 Abs. 1 Z 2 lit a EStG 1988
  • BFG 30.6.2015, RV/4100521/2013 (Abweisung; Revision unzulässig)

§ 20 Abs. 1 Z. 2 lit a EStG 1988 schließt Aufwendungen für die Lebensführung, dh Aufwendungen, die nach der dem Steuerrecht eigenen, typischen Betrachtungsweise im allgemeinen und losgelöst vom besonderen Fall der Privatsphäre zuzurechnen sind, vom Abzug aus. Sie sind auch dann nicht abzugsfähig, wenn sie zur Förderung des Berufes oder Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen. Kann von einem Aufwand nicht einwandfrei festgestellt werden, ob er durch die Lebensführung oder den Beruf des Steuerpflichtigen veranlasst wurde, ist der gesamte Betrag nicht abzugsfähig. Damit soll im Interesse der Steuergerechtigkeit vermieden werden, dass ein Steuerpflichtiger auf Grund der Eigenheiten seines Berufes eine Verbindung zwischen beruflichen und privaten Interessen herbeiführen und somit Aufwendungen der Lebensführung steuerlich abzugsfähig machen kann, während Steuerpflichtige, die eine Tätigkeit ausüben, welche eine solche Verbindung zwischen nicht ermöglicht, derartige Aufwendungen nicht abziehen können.
Bei der Abgrenzung beruflich bedingter Aufwendungen von Kosten der Lebensführung ist eine typisierende Betrachtungsweise derart anzuwenden, dass nicht die konkrete tatsächliche Nutzung, sondern die typischerweise zu vermutende Nutzung als allein erheblich angesehen werden muss.
Die Frage, inwiefern Aufwendungen für den Bezug der Wiener Zeitung als Werbungskosten für einen steuerlichen Abzug in Betracht kommen, ist folgendermaßen zu beantworten.
Die Wiener Zeitung enthält umfassende Berichte aus Politik, Wirtschaft, Kultur, Sport und Wissenschaft. Das Abonnement umfasst auch diverse Beilagen, zB Fernseh- und Radioprogramm, Lifestyle-Magazin, anspruchsvollen Lesestoff für das Wochenende, informative Beilagen aus den Bereichen Wissenschaft, Forschung und Freizeit. Zudem enthält die Wiener Zeitung ein Amtsblatt („Amtsblatt zur Wiener Zeitung") und fungiert als "amtliches Veröffentlichungsorgan" der Republik Österreich, in dem ua Stellen im öffent­lichen Dienst ausgeschrieben, Firmenbuchänderungen und fast alle Veröffentlichungen, die in Gerichts­verfahren vorgesehen sind, bekannt gemacht werden. Die Wiener Zeitung unterscheidet sich von anderen Tageszeitungen insofern, als sie neben den für eine breite Bevölkerungsschicht interessierenden Themen mit dem Amtsblatt die angeführten speziellen Informationen enthält.
Auch wenn ein Prüfer von Jahresabschlüssen für den Österreichischen Verband gemeinnütziger Bauvereinigungen aus der Wiener Zeitung fallweise beruflich bedeutsame Informationen bezieht, lässt sich die private Verwendung der Zeitung nicht auf ein vernachlässigbares Maß eingrenzen.
Da der angesprochene Informationsumfang nicht nur auf berufliche Belange eingeschränkt werden kann und durch den allgemein interessierenden Teil auch der Privatbereich berührt wird, ist angesichts des Informationsangebotes die private Verwendung als die typischerweise zu vermutende Nutzung anzusehen. Eine Trennung der aus dem Bezug der Zeitung entstandenen Aufwendungen in einen privaten und beruflichen Anteil lässt sich demzufolge nicht ziehen.
Nach dem VwGH-Erkenntnis vom 10.9.1998, 96/15/0198 kann die Abzugsfähigkeit von Aufwendungen für Tageszeitungen bei Personen, deren Berufsausübung unter berufsspezifischen Aspekten eine weit über­durchschnittliche zwingende Auseinandersetzung mit Tagesereignissen oder Modeerscheinungen mit sich bringt, die im regelmäßigen Erwerb einer Vielzahl verschiedener Zeitungen oder sonstiger Printmedien zum Ausdruck kommt, nicht mit dem Hinweis auf das Abzugsverbot nach § 20 Abs. 1 Z. 2 lit a EStG 1988 verweigert werden kann. Eine solche Tätigkeit übt ein Prüfer von Jahresabschlüssen für den Österreichischen Verband gemeinnütziger Bauvereinigungen jedoch nicht aus.

Zuflusszeitpunkt einer verdeckten Ausschüttung

  • § 19 Abs. 1, §§ 93 ff EStG 1988; § 8 Abs. 2 KStG 1988
  • BFG 10.2.2015, RV/5100386/2012 (Abweisung; Revision unzulässig)

Gemäß § 19 Abs. 1 EStG 1988 sind Einnahmen in jenem Kalenderjahr bezogen, in dem sie dem Steuer­pflichtigen zugeflossen sind.
Gewinnanteile in Form von verdeckten Ausschüttungen fließen zu, wenn der Gesellschafter darüber verfügen kann (VwGH 25.6.2007, 2007/14/0002; Jakom/Baldauf, EStG, § 19 Rz 26). 
Verdeckte Ausschüttungen werden nicht als Dividenden "beschlossen", sie passieren in der Praxis und werden in der Regel erst von der Finanzverwaltung aufgedeckt (Jakom/Marschner, EStG, § 95 Rz 23). Der Zeitpunkt des Zuflusses wird nach Maßgabe des § 19 EStG 1988 angenommen.

Zurückziehung eines Antrags auf Arbeitnehmerveranlagung

  • § 41 EStG 1988
  • BFG 3.6.2015, RV/1100439/2015 (Stattgabe; Revision unzulässig)

Ein Antrag auf Arbeitnehmerveranlagung (§ 41 Abs. 2 EStG 1988) kann bis zur Rechtskraft des Einkommensteuerbescheides, somit auch noch im Beschwerdeverfahren mittels Einbringung eines Vorlage­antrags zurückgezogen werden. Voraussetzung dafür ist, dass kein Pflichtveranlagungstatbestand (§ 41 Abs. 1 EStG 1988) vorliegt.

Kostenübernahme für Privatvermögen eines Gesellschafters – verdeckte Ausschüttung

  • § 8 Abs. 2 KStG 1988
  • BFG 24.4.2015, RV/1100109/2011 (teilweise Stattgabe; Revision unzulässig)

Es steht es außer Zweifel, dass eine Grillhütte und ein Gartenhaus im Garten des Wohnhauses eines Alleingesellschafter-Geschäftsführers sich in besonderem Maße für private Zwecke desselben eignen. Diese Gebäude sind daher als notwendiges Privatvermögen einzustufen. Dementsprechend ist auch davon auszu­gehen, dass die Grillhütte und das Gartenhaus vom Gesellschafter-Geschäftsführer auch für private Zwecke genutzt wurde. Zum Betriebsvermögen zählten diese Wirtschaftsgüter nur dann, wenn sie nahezu ausschließlich betrieblich genutzt würden. Liegt eine – völlig unglaubwürdige – ausschließlich betriebliche Nutzung nicht vor, gehören diese Wirtschaftsgüter selbst dann nicht zum Betriebsvermögen der GmbH, wenn dort gelegentlich Besprechungen stattgefunden haben sollten, die der GmbH dienten.  
Auch wenn sich die Anschaffungskosten mit Ausnahme der AfA zunächst nicht gewinnmindernd ausgewirkt haben, liegt mit der Anschaffung dennoch eine Vermögensminderung der GmbH vor, da sie diese Anschaffungen mit ihren Geldmitteln finanziert hat. Da der Nutzen dieser Anschaffungen dem Alleingesellschafter-Geschäftsführer zugutekam und der Grund dieser Vorteilsgewährung zweifelsfrei in dessen beherrschender Stellung innerhalb der GmbH bestand, liegt in Höhe der Anschaffungskosten dieser Gebäude auch eine verdeckte Ausschüttung der GmbH an den Alleingesellschafter vor.

Liebhaberei bei einer esoterischen Tätigkeit als spirituelle Beraterin

  • § 1 Abs. 2 LVO
  • BFG 23.6.2015, RV/1100113/2012 (Abweisung; Revision zulässig)

Wird eine nebenberufliche Tätigkeit im Bereich der Esoterik als spirituelle Beraterin (nach Art, Umfang, Intensität und äußerem Erscheinungsbild) so ausgeübt, dass bei Anlegen eines abstrakten und typi­sierenden Maßstabes auf eine besondere in der Lebensführung begründete Neigung zu schließen ist, fällt diese damit unter § 1 Abs. 2 Z 2 LVO und hat infolge der entstandenen Verluste die Liebhabereivermutung für sich. Werden aus dieser Tätigkeit (während einheitlicher Bewirtschaftung) nur "Verluste" erzielt, kann dadurch die bestehende Liebhabereivermutung nicht widerlegt werden.

Umsatzsteuer

Eine zolltariflich als Getränk eingestufte Flüssignahrung unterliegt dem Normalsteuersatz

  • § 114 BAO, § 10 Abs. 1 und 2 UStG 1994
  • BFG vom 05.03.2015, RV/2100477/2013 (Abänderung bzw. Abweisung; Revision unzulässig)

Rechtssatz 1: Der Ausdruck "andere Getränke" der Position 2202 des Österreichischen Gebrauchszolltarifes ist ein Gattungsbegriff, mit dem alle zum menschlichen Genuss geeigneten und bestimmten Flüssigkeiten gemeint sind. Auf die Art und Weise der Einnahme, die eingenommene Menge oder die besonderen Zwecke der Einnahme kommt es nicht an. 
Auch eine hochkalorische und hocheiweißreiche Trinknahrung für Personen, die keine feste Nahrung zu sich nehmen können, fällt unter diese Position.

Rechtssatz 2: Der Grundsatz von Treu und Glauben kommt bei einer offenkundig unrichtigen Rechts­auskunft des Finanzamtes nicht zum Tragen.

1. Keine Wiederaufnahme, wenn der maßgebliche Sachverhalt vor Bescheiderlassung der Behörde bekannt war  
2. Die erstmalige Tatbestandsverwirklichung löst die NOVA-Pflicht aus

  • § 303 Abs. 1 lit. b BAO, § 299 Abs. 1 BAO, § 3 Abs. 11 UStG 1972, § 40 Abs. 1 lit. d KFG 1967
  • BFG vom 27.03.2014, RV/2100486/2013 (Abweisung; Revision unzulässig)

Rechtssatz 1: Wenn der Behörde schon vor Bescheiderlassung ein bestimmter Sachverhalt bekannt war und sie diesen Sachverhalt nicht im Sinne des Antragstellers würdigte, liegt kein Grund zur Wiederaufnahme des Verfahrens vor.

Rechtssatz 2: Das erstmalige Entstehen der NOVA-Pflicht ist maßgebend und kann nicht durch die Entrichtung der NOVA von späteren Erwerbern eines Fahrzeuges beseitigt werden.
Wenn der Vermieter von Kraftfahrzeugen vor dem 1. Juli 2007 einen NOVA-pflichtigen Tatbestand gesetzt hatte, diesen aber nicht erklärte, bleibt er jedenfalls Schuldner der NOVA. Wenn im Zuge einer späteren Anmeldung im Inland erstmals NOVA entrichtet wird, führt dies nicht zu einer rückwirkenden Aufhebung der einmal entstandenen NOVA-Pflicht für den Vermieter.

Maßgebliche Umsätze für die Ermittlung der Kleinunternehmergrenze

  • § 6 Abs. 1 Z 27 UStG 1994, § 1 Abs. 1 Z 1 UStG 1994, Art. 165 RL 2006/112/EG, § 19 Abs. 2 Z 1 lit. a UStG 1994, Art. 163 RL 2006/112/EG, § 1 Abs. 1 Z 1 UStG 1994
  • BFG vom 25.06.2015, RV/5100868/2012 (Abweisung; Revision zulässig)

Ob die Kleinunternehmergrenze überschritten ist oder nicht, richtet sich nach der Höhe der Entgelte für die im Veranlagungszeitraum ausgeführten Leistungen. Dass die Steuerschuld insoweit mit Ablauf des Voranmeldungszeitraumes entsteht, als das Entgelt vor Ausführung der Leistung vereinnahmt wird, ist nur eine Fälligkeitsregelung.
Wurden beispielsweise erst ab 2010 Leistungen erbracht, für die ein Entgelt von 39.600 € vereinbart wurde, und wurde davon bereits im Jahr 2009 ein Anzahlungsbetrag von 24.000 € vereinnahmt, ist insgesamt Steuerpflicht gegeben. Für das Jahr 2009 sind 20.000 € (Nettobetrag von 24.000 €) und für das Jahr 2010 sind 13.000 € (Nettobetrag von 15.600 €) zu versteuern.

Anmerkung: Abweichend UFS vom 17.04.2012, RV/0233-W/06

Immobilienüberlassung an Gesellschafter: Abgrenzung Betriebsvermögen – außerbetriebliches Vermögen

  • § 12 Abs. 1 UStG 1994
  • BFG vom 03.03.2015, RV/5100799/2010 (Stattgabe; Revision unzulässig)

Zur Frage, ob bei einem Wohnobjekt im Eigentum einer Kapitalgesellschaft, welches durch den Gesell­schafter-Geschäftsführer genutzt wird, betriebliches oder außerbetriebliches Vermögen dieser Kapital­gesellschaft gegeben ist, hat der VwGH unterschieden (vgl. Erkenntnis vom 16.5.2007, 2005/14/0083) zwischen Gebäuden einer Kapitalgesellschaft, die schon ihrer Erscheinung nach (besonders repräsentativ oder speziell auf die Wohnbedürfnisse des Gesellschafters abgestellt) für die private Nutzung des Gesell­schafters bestimmt sind, und Gebäuden, die jederzeit im betrieblichen Geschehen (z.B. durch Vermietung) einsetzbar sind. 
Der VwGH präzisierte im Erkenntnis vom 29.3.2010, 2007/15/0003, Voraussetzung für die Annahme einer verdeckten Ausschüttung (auch einer solchen an der Wurzel) im Zusammenhang mit der Nutzungs­überlassung sei stets, dass die Vereinbarung über die Nutzungsüberlassung einem Fremdvergleich nicht standhält. Daher hat eine weitere Prüfung, ob ein Wirtschaftsgut dem Betriebsvermögen einer Körperschaft zuzurechnen ist oder nicht, nur in einem solchen Fall zu erfolgen. Erfolgt eine Zuordnung zum Betriebs­vermögen anerkannte der VwGH bei nicht fremdüblicher Miete eine verdeckte Ausschüttung lediglich in der Differenz zwischen tatsächlich geleisteter und fremdüblicher Miete, nicht aber eine solche an der Wurzel.
Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH ist hinsichtlich der Angemessenheit und Fremdüblichkeit der Höhe der Miete von jener Miete auszugehen, welche am freien Markt durch einen Investor für eine nach den Wünschen des künftigen Mieters errichtete Immobilie nach renditeorientierten Gesichtspunkten und zwischen sich fremd gegenüberstehenden Personen verlangt wird. Insbesondere ist dabei von der Amortisation des Kapitals und von einer angemessenen Verzinsung auszugehen. Hinsichtlich der Ermittlung des fremdüblichen, marktkonformen Mietentgelts wurde durch den VwGH im Erkenntnis vom 7.7.2011, 2007/15/0255, unter Verweis auf VwGH vom 23.2.2010, 2007/15/0003, die Berechnung auf Basis des umgekehrten Ertragswertverfahrens als eine zulässige Methode anerkannt.

Verfahrensrecht

Keine Aufhebung gem. § 295 Abs. 4 BAO ohne Abhängigkeit des vorangegangenen Bescheides (§ 295 Abs. 1 BAO) vom "Nichtbescheid"

  • § 295 Abs. 1 BAO, § 295 Abs. 4 BAO, § 303 BAO, § 304 lit. b BAO, § 188 BAO
  • BFG vom 15.04.2015, RV/6100744/2014 (Abweisung; Revision unzulässig)

Sachverhaltsmäßige Bedingung für eine Aufhebung gem. § 295 Abs. 4 BAO ist, dass sich der aufzuhebende Änderungsbescheid nur auf einen "Nichtbescheid" stützte. Denkt man sich diesen „Nichtbescheid“ weg, wäre ein Änderungsbescheid nicht zu erlassen gewesen. Das ist jedoch nicht der Fall, wenn die Änderung gem. § 295 Abs. 1 BAO entweder zusätzlich oder allein auf einem oder mehreren anderen Grundlagenbescheiden basierte.

Haftung bei noch nicht feststehender Konkursquote

  • § 9 Abs. 1 BAO, § 80 Abs. 1 BAO
  • BFG vom 22.04.2015, RV/5101247/2014 (Aufhebung; Revision unzulässig)

Von einer Uneinbringlichkeit der Abgabenschulden bei der Primärschuldnerin kann nicht ausgegangen werden, wenn zwar Abgabenausfall möglich ist, dieser jedoch in keiner Weise feststeht. Ein voraus­sichtlicher Abgabenausfall ist nicht Tatbestand der Haftung nach § 9 Abs. 1 BAO. Lediglich die objektive Uneinbringlichkeit der betreffenden Abgaben im Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Haftenden kann zur Haftung führen.

Seminare "Generative Trance" und "Aufstellungsarbeit" sind keine Werbungskosten einer Ordinationsgehilfin

  • § 200 Abs. 2 BAO, § 253 BAO, § 16 Abs. 1 Z 10 EStG 1988, § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988, § 167 Abs. 2 BAO, § 16 Abs. 1 EStG 1988
  • BFG vom 22.04.2015, RV/6100370/2014 (Abweisung; Revision unzulässig)

Ein Bescheid, mit dem ein vorläufiger Bescheid für endgültig erklärt wird (§ 200 Abs. 2 BAO), tritt an die Stelle des vorläufigen Bescheides (VwGH 24.9.2002, 2001/14/0203). Eine gegen den vorläufigen Bescheid gerichtete Beschwerde gilt deshalb auch als gegen die Endgültigerklärung gerichtet (§ 253 BAO).

Kein Antrag auf Wiederaufnahme und gem. § 295 Abs. 4 BAO nach absoluter Verjährung

  • § 295 Abs. 1 BAO, § 188 BAO, § 304 BAO, § 209 Abs. 3 BAO, § 304 lit. a BAO, § 209a Abs. 2 BAO, § 295 Abs. 4 BAO
  • BFG vom 15.04.2015, RV/6100456/2013 (Abweisung; Revision unzulässig)

§ 295 Abs. 4 BAO verweist auf den „Ablauf der für Wiederaufnahmsanträge nach § 304 maßgeblichen Frist“ und schaltet diese beiden Fristen damit zweifelsfrei gleich.

Beachte: Revision eingebracht. Beim VwGH anhängig zur Zl. Ra 2015/15/0047.

Übersehen des Stellens eines Antrags auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung

Die Versäumung einer mündlichen Verhandlung stellt nur dann einen Wiedereinsetzungsgrund gemäß § 308 BAO dar, wenn die Partei durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, zur Verhandlung zu erscheinen.
Wurde aber keine Frist versäumt, sondern bloß übersehen, in der Beschwerde oder im Vorlageantrag eine mündliche Verhandlung zu beantragen, ist dieser Fall keiner Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zugänglich. Dies gilt auch dann, wenn ein Beschwerdeführer nicht darüber informiert worden ist, dass das Verfahren bereits beim Bundesfinanzgericht aufliege bzw. abgehandelt werde, weil ein nachträglicher Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung keinen Rechtsanspruch hierauf vermittelt.

Anforderungen an die Rechtsgrundlage einer begünstigten Körperschaft

  • §§ 34 ff BAO
  • BFG 23.4.2015, RV/7101510/2012 (teilweise Stattgabe; Revision unzulässig)

Wenn gemäß § 41 Abs. 1 BAO als Satzung iSd §§ 41 bis 43 BAO auch jede andere sonst in Betracht kommende Rechtsgrundlage einer Körperschaft gilt, bedeutet dies, dass es sich um Rechtsgrundlagen der jeweiligen Körperschaft in Form einer „Verfassung“, eines „Gesellschaftsvertrages“, von „Statuten“, eines „Stiftungsbriefes“ oder um die Rechtsgrundlage konkret ergänzende Schriftstücke, etc. handeln kann.
Die Rechtsgrundlage einer gemäß den §§ 34 ff BAO begünstigten Körperschaft kann sich auch auf Schrift­stücke, etc. beziehen, welche die Rechtsgrundlage konkret ergänzen. Einzelne erforderliche und konkrete Satzungsbestimmungen können jedoch nicht aus Rechtsgrundlagen anderer Körperschaften (zB einer Kirchenverfassung) entnommen werden, um sodann zum Bestandteil und Inhalt der Rechtsgrundlage zu werden. Dies könnte nur dann der Fall sein, wenn in der Rechtsgrundlage wiederum Hinweise oder Verweise auf konkrete Bestimmungen in Rechtsgrundlagen anderer Körperschaften enthalten wären. Ein bloß allgemeiner Verweis erfüllt diese Anforderung nicht.

Wirkungen des Grundsatzes von Treu und Glauben

  • § 114 Abs. 1 BAO
  • BFG 15.4.2015, RV/3100176/2014 (teilweise Stattgabe; Revision unzulässig)

Der Grundsatz von Treu und Glauben schützt nach der Judikatur (zB VwGH 15.9.2011, 2011/15/0126) nicht ganz allgemein das Vertrauen des Abgabepflichtigen auf die Rechtsbeständigkeit einer unrichtigen abgaben­rechtlichen Beurteilung für die Vergangenheit; vielmehr ist die Abgabenbehörde verpflichtet, von einer als gesetzwidrig erkannten Verwaltungsübung abzugehen. Weiters müssen besondere Umstände vorliegen, die ein Abgehen von der bisherigen Rechtsauffassung durch die Finanzverwaltung unbillig erscheinen lassen (zB VwGH 28.10.2009, 2008/15/0049), wie dies nach der Judikatur (zB VwGH 15.9.2011, 2011/15/0126) etwa der Fall sein kann, wenn ein Abgabepflichtiger von der Abgabenbehörde ausdrücklich zu einer bestimmten Vorgangsweise aufgefordert wird und sich nachträglich die Unrichtigkeit dieser Vorgangsweise herausstellt.

Beachte: Revision eingebracht

Zweimalige Entscheidung in derselben Rechtssache (ne bis in idem)

  • § 92 BAO
  • BFG 21.5.2015, RV/7100314/2014 (Stattgabe; Revision unzulässig)

Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH ist auch im Abgabenverfahren davon auszugehen, dass in derselben Sache nur einmal abzusprechen und der Grundsatz "ne bis in idem" anzuwenden ist (VwGH 22.2.2006, 2004/17/0028). 
Der Grundsatz "ne bis in idem" ist von den Abgabenbehörden zudem nicht erst nach Rechtskraft einer Abgabenvorschreibung zu beachten, sondern die Abgabenbehörde ist auch bereits vor Rechtskraft einer Vorschreibung gehindert, für denselben Zeitraum eine neuerliche Vorschreibung vorzunehmen (VwGH 21.12.2012, 2008/17/0010). 
Sind Bescheide rechtwirksam ergangen, stellt die neuerliche Erlassung derartiger Bescheide für den identen Abgabenzeitraum eine Verletzung des Grundsatzes "ne bis in idem" dar, sie sind daher als rechtswidrig aufzuheben.

Durchführung eines "Erörterungstermins" im Senatsverfahren nur durch den Berichterstatter

  • § 81 Abs. 2 BAO, § 188 BAO, § 272 Abs. 4 BAO, § 269 Abs. 3 BAO, § 256 BAO
  • BFG vom 20.05.2015, RV/7103207/2012 (Gegenstandsloserklärung; Revision unzulässig)

Im Senatsverfahren obliegt allein dem Berichterstatter sowohl die Ladung als auch die Durchführung eines "Erörterungstermins" (§ 269 Abs. 3 BAO).

Anmerkungen: Gleicher Ansicht: Gunacker-Slawitsch in Ehrke-Rabel (Hrsg.), Rechtsmittelverfahren in Abgabensachen, 2013, 56. 
Anderer Ansicht: Fischerlehner, Das neue Abgabenverfahren (2013), § 269 Anm. 7; Kheihs/Urtz, Verwaltungsgerichtliche Verfahren – Rechtslage ab 1. 1. 2014 (2013), 287

Ausführliche Besprechung mit Praxishinweisen in BFGjournal 2015, 298

Kein Wohnsitz im Kinderzimmer

  • § 26 BAO
  • BFG vom 24.04.2015, RV/2100743/2014 (Stattgabe; Revision unzulässig)

Die Übernachtungsmöglichkeit bei den Eltern im ehemaligen "Kinderzimmer" bzw. "Jugendzimmer" begründet idR keinen Wohnsitz iSd Abgabenvorschriften, weil darin keine autonome Lebensführung möglich ist.

Einstellung des Beschwerdeverfahrens wegen Wegfall der Rechtssubjektivität der Beschwerde­führenden GmbH

  • § 33 Abs. 1 VwGG, § 40 FBG
  • BFG vom 23.06.2015, RV/6100561/2009 (Gegenstandsloserklärung; Revision unzulässig)

Wenn die Rechtssubjektivität einer GmbH durch die Löschung im Firmenbuch beendet wurde und mangels Abwicklungsbedarf auch über die Löschung hinausgehend kein Fortbestand der Rechtssubjektivität gegeben ist, sind anhängige Beschwerdeverfahren als gegenstandslos geworden zu erklären und einzustellen.

Fristgebundene Eingaben im FinanzOnline-Verfahren: Maßgeblicher Zeitpunkt für die Rechtzeitigkeit

  • § 85 Abs. 1 BAO, § 86a Abs. 1 BAO, § 1 Abs. 1 u. 2 FOnV 2006, § 5 FOnV 2006
  • BFG vom 30.06.2015, RV/2100759/2013 (Stattgabe; Revision unzulässig)

Für die Beurteilung der Rechtzeitigkeit einer im Dialogverfahren in FinanzOnline übermittelten frist­gebundenen Eingabe (hier: Antrag auf Verlängerung der Beschwerdefrist) ist einzig und allein entscheidend, ob diese vor Ablauf des letzten Tages der Frist, somit bis spätestens 24:00 Uhr im Zentralrechner der BRZ GmbH, die als Dienstleister iSd Datenschutzgesetzes 2000, BGBl. I Nr. 165/1999, im Auftrag der zuständigen Abgabenbehörde tätig wird, eingelangt ist. Der Umstand, dass die Eingabe in der Folge nach der entsprechenden Verarbeitung mit einer gewissen Zeitverzögerung dem Finanzamt zur Verfügung gestellt wird, stellt einen behördeninternen Vorgang – vergleichbar mit dem amtsinternen Lauf eines Papieraktes – dar, dem keine rechtliche Relevanz für den Zeitpunkt der elektronischen Einbringung zukommt.

Ausführliche Besprechung mit Praxishinweisen in BFGjournal 2015, 295

Unzuständigkeit des Bundesfinanzgerichtes bei rechtswidrig unterlassener Beschwerde­vorentscheidung

  • Art. 131 Abs. 3 B-VG, § 1 BFGG, Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG, § 262 Abs. 1 BAO, § 262 BAO, § 264 Abs. 1 BAO, § 291 Abs. 1 BAO, § 265 Abs. 6 BAO, § 284 BAO, § 265 Abs. 1 BAO
  • BFG vom 22.06.2015, RV/7105344/2014 (Einstellung des Verfahrens; Revision unzulässig)

Rechtssatz 1: Im Erkenntnis vom 29.1.2015, Ro 2015/15/0001 hat der Verwaltungsgerichtshof ausge­sprochen, dass (unter Hinweis auf § 291 Abs. 1 BAO) der Entscheidungspflicht des Bundesfinanzgerichtes die von der Abgabenbehörde dem Bundesfinanzgericht vorgelegte Bescheidbeschwerde unterliegt. Zuständig zu einer Entscheidung (in der Sache) sei das Bundesfinanzgericht freilich im Regelfall nur dann, wenn zuvor bereits die Abgabenbehörde mit Beschwerdevorentscheidung entschieden hat und dagegen ein Vorlageantrag erhoben wurde.
Vor diesem Hintergrund kommt im Falle einer rechtswidrig unterlassenen Beschwerdevorentscheidung eine Entscheidung in der Sache durch das Bundesfinanzgericht mangels Vorliegen eines entsprechenden (fakultativen) Vorlageantrages als Reaktion auf eine zuvor erlassene Beschwerdevorentscheidung, nicht in Betracht.

Rechtssatz 2: Im Falle einer rechtswidrig unterlassenen Beschwerdevorentscheidung würde eine Zurück­weisung der Beschwerde wegen Unzuständigkeit für die beschwerdeführende Partei den Rechtsnachteil der ungewollten Verfahrensbeendigung bewirken, wofür keine sachliche Rechtfertigung erkennbar ist.

Rechtssatz 3: Wurde hinsichtlich der (zusätzlich zu den Wiederaufnahmebescheiden) angefochtenen neuen Sachbescheide seitens der belangten Behörde eine Beschwerdevorentscheidung erlassen und seitens der beschwerdeführenden Partei ein Vorlageantrag gestellt, liegt insoweit (hinsichtlich der neuen Sach­bescheide) grundsätzlich eine Zuständigkeit des Bundesfinanzgerichtes vor, weshalb der vorliegende Unzuständigkeitsbeschluss auch nur die ohne Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung direkt dem Bundesfinanzgericht vorgelegten Beschwerdeverfahren betreffend die Wiederaufnahme der Verfahren betrifft.

Rechtssatz 4: Werden sowohl der Bescheid betreffend die Wiederaufnahme des Verfahrens als auch der neue Sachbescheid mit Bescheidbeschwerde angefochten, ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zunächst über die Beschwerde betreffend den Wiederaufnahmebescheid zu entscheiden und wäre eine vorrangige Erledigung des Beschwerdeverfahrens gegen den neuen Sach­bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet (zB VwGH 2.9.2009, 2005/15/0031; VwGH 28.2.2012, 2009/15/0170; VwGH 22.11.2012, 2012/15/0193). Aus diesem Grund kommt im Falle der rechtswidrig direkt dem Bundesfinanzgericht vorgelegten Beschwerden betreffend Wiederaufnahmebescheide, eine Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes über die Beschwerde gegen die neuen Sachbescheide vorerst noch nicht in Betracht.

Ausführliche Besprechung mit Praxishinweisen in BFGjournal 2015, 249

Gegenstandsloserklärung nach Zurücknahme des das Verfahren auslösenden Antrages

  • § 256 BAO, Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG, § 264 BAO
  • BFG vom 11.06.2015, RV/5100810/2015 (Gegenstandsloserklärung; Revision unzulässig)

Rechtssatz 1: Auch ohne ausdrückliche Erwähnung durch den Gesetzgeber ist das Rechtsschutzbedürfnis des Beschwerdeführers (Bf.) Voraussetzung für das Eingehen des Verwaltungsgerichtes in eine Beschwerde. Das Rechtsschutzbedürfnis besteht im objektiven Interesse des Bf. an der Beseitigung des angefochtenen, ihn beschwerenden Verwaltungsaktes; das objektive Interesse des Bf. an der verwaltungs­gerichtlichen Kontrolle gründet in dessen Beschwer. Eine derartige Beschwer liegt vor, wenn das angefochtene Verwaltungshandeln vom Antrag des Bf. an die Verwaltungsbehörde zu dessen Nachteil abweicht (formelle Beschwer) oder mangels Antrag die Verwaltungsbehörde den Bf. durch ihren Verwaltungsakt belastet (materielle Beschwer; vgl. VwGH 27.10.2014, 2012/04/0143).
Durch die Zurücknahme des das Verfahren auslösenden Antrages bringt der Bf. zum Ausdruck, dass er sich durch den angefochtenen Bescheid nicht mehr als beschwert betrachtet. Somit kann die Grundlage für eine meritorische Entscheidung auch durch Zurücknahme des das Verfahren auslösenden Antrages wegfallen und die Beschwerde dadurch gegenstandslos werden.

Rechtssatz 2: Ist bei einem Bf. ein Insolvenzverfahren anhängig, ist vor der Erledigung der Beschwerde zu klären, ob eine Zustimmung des Insolvenzverwalters zu der vom Gemeinschuldner gesetzten Prozess­handlung vorliegt (vgl. VwGH 15.7.1998, 97/13/0090).

Säumnisbeschwerde, wenn es die Abgabenbehörde verabsäumt, den Vorlageantrag an das Bundesfinanzgericht vorzulegen

  • § 284 BAO, § 260 Abs. 1 BAO
  • BFG vom 06.03.2015, RS/7100045/2015 (Zurückweisung; Revision zulässig)

Verabsäumt es die Abgabenbehörde einem Vorlageantrag nachzukommen, so ist es dennoch nicht zulässig, eine Beschwerde wegen Säumnis nach § 284 BAO zu erheben, da die Abgabenbehörde lediglich zu einem Tun, nicht aber zu einer Entscheidung verpflichtet ist (vgl. Fellner/Pepperkorn in Ehrke-Rabel, Rechtsmittel­verfahren in Abgabensachen, Rz II/84, sowie Fischerlehner, Abgabeverfahren § 265 BAO, Anm. 1 und BFG 30.07.2014, RS/3100003/2014).

Maßnahmenbeschwerde:   
1. Unzuständigkeit des BFG für von der Staatsanwaltschaft angeordnete Maßnahmen der Finanzpolizei;  
2. Versäumung der Beschwerdefrist bei Einbringung der Beschwerde bei einem anderen Verwaltungsgericht

  • Art. 131 Abs. 3 B-VG, § 1 Abs. 1 BFGG, § 245 Abs. 2 BAO, § 1 Abs. 1 Z 3 BFGG, § 24 Abs. 1 BFGG, § 12 Abs. 4 AVOG, Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG
  • BFG vom 19.06.2015, RM/2100001/2015 (Zurückweisung; Revision unzulässig)

Rechtssatz 1: Auch der Rechtsschutz gegen finanzpolizeiliche Zwangsakte ist geteilt. Während aus eigener Macht gesetzte Befehls- und Zwangsmaßnahmen der Finanzpolizei zur Verwaltung zählen und damit der Kognitionsbefugnis des Bundesfinanzgerichtes unterliegen, ist finanzpolizeiliches Handeln auf Basis einer – nicht offenkundig im Sinne eines Exzesses überschrittenen – staatsanwaltlichen Anordnung der Gerichts­barkeit zuzurechnen. Für die Zuständigkeit des Bundesfinanzgerichtes zur Behandlung einer Maßnahmen­beschwerde ist alleine maßgeblich, ob es zu einer Überschreitung der staatsanwaltlichen Anordnung im Sinne eines Exzesses gekommen ist. Für die Beurteilung, ob ein solcher "Exzess" vorliegt, ist der Wortlaut und der Sinngehalt der staatsanwaltschaftlichen Anordnung entscheidend. Von einem Exzess kann davon ausgehend nur bei Maßnahmen gesprochen werden, die ihrem Inhalt und Umfang nach in der staats­anwaltlichen Anordnung keine Deckung mehr finden. Die rechtliche Zurechnung des Vollzugshandelns zur Justizgewalt wird nicht schon dadurch unterbrochen, dass im Vollzug des richterlichen Befehls Gesetz­widrigkeiten hinsichtlich der bei einem solchen Akt zu wahrenden Förmlichkeiten unterlaufen (für die Kriminalpolizei vgl. VwGH 24.10.2013, 2013/01/0036).

Rechtssatz 2: Die Maßnahmenbeschwerde ist innerhalb eines Monats ab dem Zeitpunkt, in dem der Beschwerdeführer von der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt Kenntnis erlangt hat, beim Bundesfinanzgericht einzubringen. Wird die Maßnahmenbeschwerde innerhalb der Frist gemäß § 245 BAO (= ein Monat) bei einem anderen Verwaltungsgericht eingebracht, so gilt dies gemäß § 245 Abs. 2 zweiter Satz BAO als rechtzeitige Einbringung.

Vertreterpauschale ohne Nachweis, dass absetzbare Werbungskosten dem Grunde nach entstanden sind

  • § 16 Abs. 3 EStG 1988, § 17 Abs. 6 EStG 1988, § 280 Abs. 1 lit. d BAO, Art. 133 Abs. 4 B-VG, § 1 Z 9 Durchschnittssätze für Werbungskosten – Angehörige bestimmter Berufsgruppen, § 4 Durchschnittssätze für Werbungskosten – Angehörige bestimmter Berufsgruppen, § 25a Abs. 1 VwGG
  • BFG vom 09.12.2014, RV/7103744/2014 (Stattgabe; Revision zulässig)

Wenn zu einer Rechtsfrage keine Rechtsprechung des VwGH ersichtlich ist und divergierende Recht­sprechung des UFS vorliegt, ist nicht von einer eindeutigen Rechtslage iSv VwGH 23.5.2014, Ro 2014/07/0053 auszugehen. Somit ist die Revision zuzulassen.

Säumniszuschlag, Verschulden der Mitarbeiterin einer Steuerberatungskanzlei ist dem Steuerberater nicht zuzurechnen, kein grobes Auswahlverschulden

  • § 217 Abs. 7 BAO
  • BFG vom 28.05.2015, RV/7100851/2014 (Stattgabe; Revision unzulässig)

Rechtssatz 1: Stellt der steuerliche Vertreter der Veräußerin eines Unternehmens, der auch die Erwerberin vertritt, einen Umbuchungsantrag erst nach Fälligkeit der auf die Unternehmensveräußerung entfallenen Umsatzsteuer, sodass die in der Folge durchgeführte Umbuchung der Umsatzsteuergutschrift der Erwerberin zu keiner termingerechten Tilgung der Umsatzsteuerschuld der Veräußerin führt, und wird auch kein rechtzeitiger Stundungsantrag gestellt, so geht ein solches Verhalten über einen bloß minderen Grad des Versehens hinaus, zumal die solcherart aufgetretene Säumnis vorhersehbar war und auf zumutbare Weise hätte abgewendet werden können.

Rechtssatz 2: Grobes Verschulden von Arbeitnehmern der Partei oder des steuerlichen Vertreters ist nicht schädlich. Entscheidend ist diesfalls, ob der Partei selbst bzw. ihrem Vertreter grobes Verschulden, insbesondere grobes Auswahl- oder Kontrollverschulden anzulasten ist.

1. Berücksichtigung von Treu und Glauben bei Wiederaufnahme von Amts wegen  
2. Zuordnung von aus betrieblichen Mitteln angeschafften Wertpapieren zum notwendigen Betriebs­vermögen

  • § 303 Abs. 1 BAO, § 20 BAO, § 4 Abs. 1 EStG 1988, § 11a EStG 1988
  • BFG vom 30.06.2015, RV/5100250/2011

Rechtssatz 1: Bei der Ermessensentscheidung über die Wiederaufnahme von Amts wegen kommt auch dem Grundsatz von Treu und Glauben Bedeutung zu. Ein erlassgetreues Verhalten ist daher im Rahmen der Ermessensübung jedenfalls mit zu berücksichtigen (VwGH 04.06.2009, 2004/13/0083, unter Verweis auf VwGH 27.11.2003, 2002/15/0087).

Rechtssatz 2: Ob Wertpapiere, die aus betrieblichen Geldmitteln angeschafft wurden, dem notwendigen Betriebsvermögen zugeordnet werden können, richtet sich nach deren Zweckbestimmung im Betrieb. Von einer außerbetrieblichen Disposition ist nur dann nicht auszugehen, wenn die Wertpapiere eine dem Geld­bestand adäquate Veranlagungsform darstellen. Sind sie aber aufgrund der Verkehrsauffassung als Wirtschaftsgüter eigener Marktgängigkeit zu betrachten (z.B. häufiger An- und Verkauf von Aktien), kann eine Zuordnung zum notwendigen Betriebsvermögen auch dann nicht erfolgen, wenn die Wertpapiere aus betrieblichen Geldmitteln angeschafft werden (abweichend hiervon RZ 3860d EStR, wonach Umschich­tungen von Betriebseinnahmen vom Betriebskonto in Wertpapiere keine außerbetrieblich veranlasste Disposition darstellen).

Beachte: Revision eingebracht (betreffend ESt 2009 und 2010)

Befreiung von der Mineralölsteuer für in der Luftfahrt verwendetes Mineralöl

  • § 4 Abs. 1 Z 1 MinStG 1995, § 21 Abs. 1 Z 4 MinStG 1995, Art. 14 Abs. 1 Buchstabe b RL 2003/96/EG
  • BFG vom 29.05.2015, RV/4200169/2012 (Stattgabe; Revision zulässig)

Führt ein Air Operator mit Luftfahrzeugen, für die er aufgrund von Halterschafts- und Nutzungsverträgen Halter im Sinne der luftfahrtrechtlichen Bestimmungen ist, als eigenverantwortlicher Werkunternehmer entgeltliche Beförderungen von Personen durch, so liegen auch dann die Voraussetzungen für die Befreiung von der Mineralölsteuer vor, wenn die Eigentümer der Luftfahrzeuge befördert werden. Die von ihm ver­wendeten Luftfahrzeuge dienen unmittelbar der entgeltlichen Erbringung von Luftfahrt-Dienstleistungen.

Vorabentscheidungsersuchen

Vorabentscheidungsersuchen betreffend
1. Unternehmereigenschaft von GesBR,
2. Land- und forstwirtschaftliche Pauschalierung von GesBR

  • Art. 267 AEUV, § 1175 ABGB, § 2 Abs. 1 UStG 1994, § 22 UStG 1994, § 125 Abs. 1 BAO, § 290 Abs. 2 BAO
  • BFG vom 29.06.2015, RE/7100001/2015

Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden gemäß Artikel 267 AEUV folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. 
Sind drei Personenvereinigungen, die sich aus verschiedenen Angehörigen einer Familie zusammensetzen, als solche gegenüber ihren Lieferanten und gegenüber öffentlichen Stellen nach außen eigenständig auftreten, mit Ausnahme von zwei Wirtschaftsgütern über jeweils eigene Betriebsmittel verfügen, ihre Produkte jedoch zum Großteil über eine Kapitalgesellschaft, deren Anteile von den Mitgliedern der Personenvereinigungen sowie weiteren Familienangehörigen gehalten werden, unter einer gemeinsamen Marke vertreiben, drei selbständige Unternehmer (Steuerpflichtige)?

2. 
Falls die drei Personenvereinigungen nicht als drei eigenständige Unternehmer (Steuerpflichtige) anzusehen sind, ist dann als eigenständiger Unternehmer
a) die vermarktende Kapitalgesellschaft anzusehen oder
b) eine Personenvereinigung, bestehend aus den Mitgliedern der drei Personenvereinigungen, die als solche weder einkaufsseitig noch absatzseitig auf dem Markt auftritt, oder
c) eine Personenvereinigung, bestehend aus den drei Personenvereinigungen und der Kapitalgesellschaft, die als solche weder einkaufsseitig noch absatzseitig auf dem Markt auftritt?

3.
Falls die drei Personenvereinigungen nicht als drei eigenständige Unternehmer (Steuerpflichtige) anzusehen sind, ist die Aberkennung der Eigenschaft als Unternehmer (Steuerpflichtiger)
a) rückwirkend,
b) nur für die Zukunft oder
c) überhaupt nicht
zulässig, wenn die Personenvereinigungen zunächst nach abgabenbehördlichen Prüfungen vom Finanzamt als eigenständige Unternehmer (Steuerpflichtige) anerkannt wurden?

4. 
Falls die drei Personenvereinigungen als drei eigenständige Unternehmer (Steuerpflichtige) anzusehen sind, sind diese als Winzer und damit als landwirtschaftliche Erzeuger Pauschallandwirte, wenn diese wirtschaftlich kooperierenden Personenvereinigungen zwar jeweils für sich unter die Pauschalregelung für landwirtschaftliche Erzeuger fallen, jedoch die Kapitalgesellschaft, eine aus den Mitgliedern der drei Personenvereinigungen gebildete eigene Personenvereinigung oder eine aus der Kapitalgesellschaft und den Mitgliedern der drei Personenvereinigungen gebildete eigene Personenvereinigung auf Grund der Betriebsgröße oder der Rechtsform nach nationalem Recht von der Pauschalregelung ausgenommen ist?

5. 
Falls die Pauschalregelung für landwirtschaftliche Erzeuger für die drei Personenvereinigungen grund­sätzlich ausgeschlossen sein sollte, ist dieser Ausschluss
a) rückwirkend,
b) nur für die Zukunft oder
c) überhaupt nicht
wirksam?

Beachte: Beim EuGH anhängig unter C-340/15

B-VG

Rechtsqualität von BMF-Richtlinien
Tätigkeit als Fitnesstrainerin als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit

  • Art. 18 Abs. 1 B-VG
  • BFG 25.2.2015, RV/5100581/2012 (Abweisung; Revision unzulässig)

Gemäß Art 18 Abs. 1 B-VG darf die gesamte staatliche Verwaltung nur auf Grund der Gesetze ausgeübt werden. Richtlinien des BMF (hier: Vereinsrichtlinien 2001) stellen lediglich einen Auslegungsbehelf für die Besteuerung (hier: von Vereinen) dar, der "im Interesse einer einheitlichen Vorgangsweise" mitgeteilt wird. Über die gesetzlichen Bestimmungen hinausgehende Rechte und Pflichten können aus den Richtlinien - wie diese im Übrigen eingangs selbst zum Ausdruck bringen - nicht abgeleitet werden. Sie stellen keine Rechts­quelle im Sinn des Art 18 Abs. 1 B-VG dar. Die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide ist daher nur am Gesetz zu prüfen (vgl. VwGH 9.3.2005, 2001/13/0062; UFS 19.1.2007, RV/0641-I/06).

Beachte: Revision eingebracht