BFG-Newsletter 2019/01

Beihilfen / FLAG

Tatsächlich betriebenes Erststudium, wenn nur Prüfungen im Zweitstudiums abgelegt, diese aber teilweise für das Erststudium angerechnet wurden

  • § 26 FLAG 1967, § 33 Abs. 3 EStG 1988, § 3 StudFG, § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967, § 10 FLAG 1967, § 11 FLAG 1967, § 12 FLAG 1967, § 13 FLAG 1967, § 17 StudFG, § 78 UG, §§ 92 ff BAO
  • BFG vom 20.08.2018, RV/7101290/2017 (Stattgabe; Revision zugelassen)

Werden aus einem Zweitstudium abgelegte Prüfungen auch für das Erststudium angerechnet, bewirkt diese Anrechnung, dass diese im Zeitpunkt ihrer Ablegung im Zweitstudium auch als im Erststudium abgelegt gelten. Das Erststudium wird auch dann tatsächlich fortgeführt, wenn in einem bestimmten Zeitraum nur (angerechnete) Prüfungen im Zweitstudium abgelegt wurden.

Auch "Auslandsstudium" führt zu keinem Familienbeihilfebezug über das 24. Lebensjahr hinaus

  • § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967, § 10 Abs. 2 FLAG 1967
  • BFG vom 27.08.2018, RV/7103786/2016 (Abweisung; Revision nicht zugelassen)

Der Einleitungssatz des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 i.d.F. ab dem Budgetbegleitgesetz 2011 "... für voll­jährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist" begrenzt den längstmöglichen Familienbeihilfebezug bei Berufs­ausbildung mit der Vollendung des 24. Lebensjahres, sofern nicht ein anderer Anspruchstatbestand zum Tragen kommt. Die folgenden Sätze präzisieren dann das Vorliegen einer Berufsausbildung bei einem Studium, führen aber nicht dazu, dass ein Anspruch über das 24. Lebensjahr hinaus besteht. Die Ver­längerungstatbestände des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 sind stets nur innerhalb der Höchstgrenze von 24 Lebensjahren wirksam.

Keine eigenständigen Beweisaufnahmen im Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht zur Frage des Eintrittes einer dauernden Erwerbsunfähigkeit

  • § 6 Abs. 2 lit. d FLAG 1967, § 8 Abs. 6 FLAG 1967, § 166 BAO
  • BFG vom 24.09.2018, RV/5100585/2017 (Abweisung; Revision nicht zugelassen)

Der Gesetzgeber hat durch die Bestimmung des § 8 Abs. 6 FLAG die Frage der voraussichtlich dauernden Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, der eigenständigen Beurteilung der Familienbeihilfen­behörden entzogen und dafür ein qualifiziertes Nachweisverfahren eingeführt, bei dem eine für diese Aufgabenstellung besonders geeignete Institution eingeschaltet wird und der ärztliche Sachverstand die ausschlaggebende Rolle spielt. Es ist daher vom Bundesfinanzgericht kein eigenständiges Beweisverfahren zur Frage, wann die dauernde Erwerbsunfähigkeit des Beschwerdeführers eingetreten ist, durchzuführen. In diese Richtung zielende Beweisanträge sind für das Beschwerdeverfahren weder geeignet noch zweck­dienlich iSd § 166 BAO.

Besuch des Universitätslehrgangs „Master of Public Health (Prävention und Gesundheits­förderung)“ Berufsausbildung iSd FLAG 1967?

  • § 26 Abs. 1 FLAG 1967, § 33 Abs. 3 EStG 1988, § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967, § 51 Abs. 2 UG, § 54 Abs. 2 UG
  • BFG vom 08.09.2018, RV/7101294/2016 (Stattgabe; Revision zugelassen)

Rechtssatz 5: Es kann ein Universitätslehrgang Berufsausbildung i.S.d. FLAG 1967 darstellen, auch wenn dieser universitätsorganisatorisch zur Fort- und Weiterbildung konzipiert ist.

Rechtssatz 6: "Noch nicht berufstätig" ist so zu verstehen, dass die auszubildende Personen noch nicht in jenem Beruf tätig ist, für den sie sich ausbildet. Eine gewisse Berufstätigkeit etwa zur Finanzierung des Lebensunterhalts während des Studiums ist keineswegs außergewöhnlich und vielfach erforderlich. Die Abgrenzung ist hier über die zeitliche Inanspruchnahme zu sehen.

Rechtssatz 9: Ein außerordentliches Studium (oder eine andere Berufsausbildung i.S. § 2 Abs. 1 lit. b Satz 1 FLAG 1967) mit einem Jahresaufwand von 60 ECTS nimmt ebenso wie ein ordentliches Studium mit einem Jahresaufwand von 60 ECTS die überwiegende Zeit des Studenten in Anspruch.

Abweisung eines Antrages auf Gewährung der Familienbeihilfe für die Dauer der Grundausbildung in der Finanzverwaltung

  • § 6 FLAG 1967, § 5 BAG, § 6 BAG, § 13 Abs. 1 BAG, § 14 Abs. 1 BAG, § 18 Abs. 1 BAG, § 1 Grundausbildungsverordnung-BMF, § 2 Grundausbildungsverordnung-BMF
  • BFG vom 01.10.2018, RV/7102743/2018 (Abweisung; Revision zugelassen)

Die Grundausbildung als Bundesbedienstete in der Finanzverwaltung ist mit einem Lehrverhältnis als Steuerassistentin weder der Art nach noch im Hinblick auf die Höhe der erhaltenen Bezüge vergleichbar, welche deutlich über der Lehrlingsentschädigung des angesprochenen Lehrverhältnisses für die ersten zwei Lehrjahre liegen.

Stellt der Besuch des "Privaten Ausbildungslehrgangs für islamische Theologie" Berufsausbildung iSv § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 dar?

  • § 26 Abs. 1 FLAG 1967, § 33 Abs. 3 EStG 1988, § 8 Islamgesetz, Art. 15 StGG, § 2 Islamgesetz, § 3 Abs. 1 Religionsunterrichtsgesetz, § 92 BAO, § 93 BAO, § 115 BAO, §§ 166 f BAO, § 183 BAO, § 270 BAO, § 278 BAO, § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967, Art. 18 StGG, Art. 7 B-VG
  • BFG vom 05.10.2018, RV/7100044/2018 (Zurückverweisung; Revision zugelassen)

Rechtssatz 13: Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts muss die Möglichkeit bestehen, dass die Tätigkeit, für die das Kind ausgebildet wird, tatsächlich als Beruf ausgeübt werden kann. Könnte eine Tätigkeit nur ehrenamtlich, also ohne ein Einkommen zu erzielen, ausgeübt werden, läge keine Berufsausbildung i.S.d. § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 vor.

Rechtmäßiger Aufenthalt iSd § 3 Abs. 1 FLAG 1967 erst ab Ausstellung eines Aufenthaltstitels nach § 54 AsylG 2005

  • § 55 AsylG, § 8 NAG, Art. 8 EMRK, § 54 AsylG 2005, § 10 FLAG 1967, § 10 AsylG 2005, § 55 AsylG 2005, § 58 AsylG 2005, § 3 Abs. 1 FLAG 1967, § 20 NAG, § 58 Abs. 3 AsylG 2005, § 58 Abs. 4 AsylG 2005, § 41a Abs. 9 NAG, § 43 Abs. 3 NAG, § 10 Abs. 2 Z 2 AsylG 2005, § 10 Abs. 5 AsylG 2005
  • BFG vom 01.11.2018, RV/7105260/2016 (Abweisung; Revision zugelassen)

Rechtssatz 2: Die Aufenthaltstitel nach § 8 NAG sind im Gegensatz zu jenen nach § 9 NAG konstitutiv und nicht lediglich deklarativ.

Rechtssatz 3: Der rechtmäßige Aufenthalt in Österreich aus anderen Gründen, ohne dass ein rechtmäßiger Aufenthalt nach §§ 8, 9 NAG oder nach § 54 Asylgesetz 2005 vorliegt, reicht nicht aus, um Anspruch auf Familienbeihilfe i.S. § 3 Abs. 1 und 2 FLAG 1967 zu begründen.

Rechtssatz 4: Ein Aufenthaltstitel iS § 8 NAG liegt erst ab Beginn dessen Gültigkeit vor; erst ab diesem Zeitpunkt ist ein nach § 8 NAG rechtmäßiger Aufenthalt in Österreich gegeben.

Rechtssatz 8: Ein Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl, der gemäß § 58 Abs. 3 AsylG 2005 über das Ergebnis der Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 AsylG 2005 abspricht, begründet zwar einen grundsätzlichen Anspruch auf Ausfolgung eines entsprechenden Aufenthaltstitels, ist aber selbst kein Aufenthaltstitel. Der Aufenthaltstitel (in Form einer unionsrechtlich geregelten Ausweiskarte) ist vielmehr gemäß § 58 Abs. 4 AsylG 2005 gesondert auszufolgen, wenn der diesbezügliche Bescheid in Rechtskraft erwachsen ist.

Frühestmöglicher Beginn einer Berufsausbildung nach Ende des Präsenzdienstes

  • § 2 Abs. 1 lit. e FLAG 1967, § 11 FLAG 1967, § 279 Abs. 1 BAO, § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967, § 8 Abs. 2 FLAG 1967, § 10 Abs. 4 FLAG 1967, § 5 FLAG 1967
  • BFG vom 22.11.2018, RV/7102159/2017 (Stattgabe; Revision nicht zugelassen)

Rechtssatz 3: Das Bundesfinanzgericht kann gemäß § 279 Abs. 1 BAO den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abändern, diesen aufheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abweisen. Es ist aber dabei stets an die Sache des Beschwerdeverfahrens gebunden. Es ist dem Bundesfinanzgericht daher verwehrt, im Bescheidbeschwerdeverfahren betreffend Familienbeihilfe in seiner Entscheidung erstmals über Zeiträume abzusprechen, die nicht von der Sache des Beschwerdeverfahrens, also vom ange­fochtenen Bescheid, umfasst sind.

Rechtssatz 6: Dass das Kind zwischen Präsenzdienst und Studienbeginn kurzfristig Arbeitnehmer war, steht dem Familienbeihilfeanspruch nicht entgegen, solange nicht die Einkommensgrenze des § 5 FLAG 1967 überschritten wird.

Beachte: Revision eingebracht (Amtsrevision). Beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2019/16/0040.

Einkommensteuer

Abweisung beantragter nachträglicher Betriebsausgaben nach § 32 Z 2 EStG 1988 (ehemalige Treuhandgeldverbindlichkeit)

  • § 32 Z 2 EStG 1988, § 4 Abs. 1 EStG 1988, § 115 Abs. 1 BAO, § 138 BAO, § 119 BAO, § 9 Abs. 2 RAO, § 167 Abs. 2 BAO, § 132 BAO, § 4 Abs. 3 EStG 1988
  • BFG vom 20.09.2018, RV/2100210/2011 (Abweisung; Revision nicht zugelassen)

Fremdgelder, über die dem Treuhänder keine Verfügungsgewalt eingeräumt wurde, sind nicht dem Betriebsvermögen seines Unternehmens zugehörig. Derartige Geldbeträge sind in der Gewinnermittlung nicht auszuweisen. Ihrer Aufnahme in die Bilanz kommt bei der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögens­vergleich nach § 4 Abs. 1 EStG die Funktion einer (gewinnneutralen) Evidenzierung zu (vgl. VwGH 14.11.1990, 90/13/0104; BFH 4.11.2004, III 5/04 und Zorn in HR § 4 Abs. 1 Rz 22).

Bemessungsgrundlage für die Berechnung der ImmoESt

  • § 30 EStG 1988
  • BFG vom 30.08.2018, RV/5101456/2017 (Abweisung; Revision nicht zugelassen)

Besteht für einen das Grundstück betreffenden Kredit eine Solidarhaftung (mit dem Käufer), so ist der gesamte noch offene Betrag der Bemessungsgrundlage hinzuzurechnen. Der Verkäufer hat grundsätzlich (auch) den gesamten Betrag geschuldet (ebenso wie der Käufer). Eine wirtschaftliche Betrachtungsweise (allenfalls den halben Betrag zu berücksichtigen) ist diesem Sachverhalt nicht zugänglich.

Fenstertausch – Instandsetzungsaufwand

  • § 28 Abs. 2 EStG 1988
  • BFG vom 20.02.2018, RV/4100696/2014 (Abweisung; Revision zugelassen)

Ein Gebäude, in welchem sich Fremdenzimmer und Appartements befinden, die kurzfristig an (Ferien-)Gäste vermietet werden, dient in diesem Zusammenhang auch Wohnzwecken. Instandsetzungsaufwendungen an diesem Gebäude sind im Wege einer Zehntelabsetzung (§ 28 Abs. 2 EStG 1988; nunmehr Fünfzehntel­absetzung) zu berücksichtigen. Die zur gewerblichen Vermietung in den EStR 2000 (Rz 1401) vertretene Rechtsansicht, wonach "Hotels und ähnliche Gebäude, die der kurzfristigen Beherbergung dienen", nicht von der Verteilungsregelung des § 4 Abs. 7 EStG 1988 umfasst sind, lässt sich nicht per analogiam auf den Bereich der privaten Vermögensverwaltung übertragen.

Grenzbetrag beim Pensionistenabsetzbetrag

  • § 33 Abs. 6 EStG 1988
  • BFG vom 22.08.2018, RV/7102113/2017 (teilweise Stattgabe; Revision nicht zugelassen)

Aus dem Gesetzeswortlaut des § 33 Abs 6 EStG 1988 ergibt sich eindeutig, dass die Voraussetzungen für den Pensionistenabsetzbetrag dann nicht gegeben sind, wenn die Pensionseinkünfte, somit also nicht der Gesamtbetrag der Einkünfte oder das Einkommen (somit nach Abzug von Sonderausgaben oder außer­gewöhnlichen Belastungen), den Betrag von € 25.000 übersteigen.

Einstufung der Zahlungen für die Ablöse eines Wohnrechtes

  • § 29 Abs. 1 Z 3 EStG 1988
  • BFG vom 31.10.2018, RV/6100635/2016 (teilweise Stattgabe; Revision zugelassen)

Rechtssatz 1: Räumt die Käuferin der Verkäuferin im Kaufvertrag ein Wohnungsgebrauchsrecht ein und vereinbaren die Vertragsparteien im Kaufvertrag, unter welchen Voraussetzungen und um welchen Geld­betrag dieses Recht abgelöst werden kann, dann stellt das Wohnungsgebrauchsrecht einen Teil des Kaufpreises dar. Die Ablöse dieses Rechtes in Geld stellt lediglich eine Änderung der Abstattung des Kauf­preises dar, sie führt bei der Verkäuferin nicht zu Einkünften aus Leistungen nach § 29 Z 3 EStG.

Rechtssatz 2: Vereinbaren die Vertragsparteien im Kaufvertrag, dass die Käuferin das Objekt (zB durch einen Umbau) so weit neu gestalten kann, dass ein Wohnungsgebrauchsrecht vorübergehend nicht aus­geübt werden kann und dem Berechtigten für diesen Zeitraum eine Entschädigung zusteht, so führt diese Entschädigung zu Einkünften aus Leistungen nach § 29 Z. 3 EStG. Die Höhe dieser Einkünfte bemisst sich in der Differenz zwischen der Entschädigung und den Aufwendungen des Berechtigten für eine Ersatz­wohnung.

Die Herstellerbefreiung des § 30 Abs. 2 EStG 1988 geht nicht auf den unentgeltlichen Erwerber über

  • § 30 Abs. 2 Z. 2 EStG 1988
  • BFG vom 22.11.2018, RV/5100552/2016 (Abweisung; Revision zugelassen)

Zur Anwendung der „Herstellerbefreiung“ im § 30 EStG 1988 auch auf den unentgeltlichen Erwerber eines Grundstückes gibt es noch keine höchstgerichtliche Judikatur. Zur „alten Rechtslage“ (Spekulations­besteuerung) bestimmten die Einkommensteuerrichtlinien, dass die Befreiung auch auf den unentgeltlichen Erwerber übergeht (Tz. 6645).
Zur „neuen Rechtslage“ (ImmoESt) wird in den Einkommensteuerrichtlinien angeführt, dass die Befreiung ab 1.1.2013 nicht auf den unentgeltlichen Erwerber übergeht.
Das Gesetz (§ 30 EStG) bestimmt hierzu, dass das Gebäude selbst hergestellt werden muss.
Die Erläuternden Bemerkungen (zum 1. StabG 2012) führen dazu aus, dass die Befreiung wie bisher sein sollte. Der erkennende Senat legte diese Bestimmung so aus, dass hier nur gemeint sein könne, dass der Steuerpflichtige (also der Veräußerer) als Bauherr anzusehen ist; nur diesem steht die Befreiung zu.
Die Bestimmung ist also der Gesetzeslage nach ihrem Wortsinn auszulegen und nicht unter Einbeziehung der Verwaltungspraxis.
Ein Übergang der Herstellerbefreiung auf den unentgeltlichen Erwerber ist also nicht zu gewähren.

Ermittlung der fiktiven Anschaffungskosten einer Eigentumswohnung (Wertermittlungsverfahren, Grundwertanteil, Kapitalisierungszinssatz)

  • § 16 Abs. 1 Z 8 lit. d EStG 1988
  • BFG vom 29.11.2018, RV/3100838/2015 (Abweisung; Revision nicht zugelassen)

Rechtssatz 1: Die fiktiven Anschaffungskosten entsprechen in aller Regel dem Marktwert.
Der Marktpreis von Mietobjekten orientiert sich am Ertragswert. Der Ertrag ist das Kennzeichen der wirtschaftlichen Nutzung eines Grundstückes. Wertbestimmend ist primär die Überlegung, welchen Ertrag das Grundstück jedem Marktteilnehmer erbringen würde. Auch in der Fachliteratur für Immobilienbewertung wird für bebaute Liegenschaften, bei denen aus Vermietung und Verpachtung Erträge erzielt werden bzw. erzielt werden könnten, der Markt- bzw. der Verkehrswert in erster Linie nach dem Ertragswertverfahren ermittelt (vgl. Ross-Brachmann, Ermittlung des Verkehrswertes von Grundstücken und des Wertes von baulichen Anlagen, 29. Auflage, Theodor Oppermann Verlag, Seite 64 f, 413 f; Kranewitter, Liegenschafts­bewertung7 (2017), Seite 19). 
Daher sind auch die im Ertragssteuerrecht normierten fiktiven Anschaffungskosten in erster Linie vom Ertragswert abzuleiten (vgl. Doralt et al. EStG13, § 6 Tz 109; Jakom/Lenneis EStG 2018, § 16 Rz 38 f; VwGH 23.05.2007, 2004/13/0091 und die dort angeführte Vorjudikatur).

Rechtssatz 2: Bei der Berechnung des anteiligen Grundwertes einer Eigentumswohnung ist als Grundlage nicht nur auf den Bodenwert der von allen Wohnungseigentümern gemeinsam genutzten Fläche abzustellen, sondern auf den Bodenwert des gesamten in Wohnungseigentum stehenden Grundstückes, auch wenn einzelne Teile dieses Grundstückes (zB wie hier: Vorgärten) bestimmten Wohnungseigentümern nach dem WEG zur alleinigen Nutzung zugeteilt sind.
Der Bodenwert des gesamten Grundstückes ist sodann nach den für die einzelnen Wohnungen aus den Nutzwerten ermittelten Miteigentumsanteilen aufzuteilen und nicht danach, welche Nutzfläche (Wohnfläche, Gartenfläche) den einzelnen Wohnungseigentümern zur ausschließlichen Nutzung zugeteilt worden ist.

Verdeckte Ausschüttung: Qualifizierung auf Anteilsinhaber-Ebene als Einlagenrückzahlung möglich

  • § 93 EStG 1988, § 4 Abs. 12 EStG 1988, § 95 EStG 1988, § 8 Abs. 2 KStG 1988
  • BFG vom 28.12.2018, RV/7105237/2015 (Stattgabe; Revision nicht zugelassen)

Wird der Nachweis erbracht, dass dem Anteilsinhaber tatsächlich Einlagen und nicht Gewinne zugewendet wurden, kann auf Ebene des Anteilsinhabers eine Einlagenrückzahlung vorliegen, auch wenn die Zuwendung in verdeckter Weise erfolgte (auf Ebene der zuwendenden Körperschaft somit eine verdeckte Ausschüttung zu qualifizieren war). Eine unterschiedliche Behandlung von offenen und verdeckten Ausschüttungen ergibt sich weder aus gesetzlichen Vorschriften, noch aus steuersystematischen Überlegungen und auch nicht aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

Finanzstrafgesetz

Hinterziehung von österreichischer ESt und deutscher USt durch Verheimlichung der Erlöse aus umfangreichen Warenverkäufen über eBay und Vorschieben einer britischen Briefkastenfirma zur Verdunkelung des tatsächlichen Sachverhaltes

  • § 13 FinStrG, § 33 Abs. 1 FinStrG, § 14 Abs. 3 FinStrG
  • BFG vom 09.05.2018, RV/6300016/2014 (Abweisung; Revision nicht zugelassen)

Wird in einem Vorhalt der Finanzstrafbehörde irrtümlich der Vorwurf erhoben, ein Verdächtiger habe mittels Einreichung einer unrichtigen Abgabenerklärung eine Verkürzung einer bescheidmäßig festzusetzenden Abgabe (hier: Einkommensteuer) zu bewirken versucht, und ist solches zum Zeitpunkt des Vorhaltes noch gar nicht geschehen, wird durch dieses Vorgehen der Finanzstrafbehörde für eine später vom Verdächtigen tatsächlich begangene derartige Finanzstraftat, hinsichtlich welcher in der Folge auch ermittelt wird, noch keine Verfolgungshandlung im Sinne des § 14 Abs. 3 FinStrG gesetzt und ist zu diesem Zeitpunkt für die spätere tatsächliche Tat noch keine Verfahrensanhängigkeit eingetreten.

Fahrlässige Verkürzungen österreichischer Abgaben durch einen Fahrzeughändler, welcher mit Unterstützung eines deutschen Steuerberaters eine Niederlassung in Deutschland vortäuscht und deutsche Abgaben vermeiden will

  • § 98 Abs. 3 FinStrG, § 8 Abs. 2 FinStrG, § 34 Abs. 1 FinStrG
  • BFG vom 11.07.2018, RV/5300010/2016 (teilweise Stattgabe; Revision nicht zugelassen)

Ist im Zweifel zu Gunsten für einen Beschuldigten von einer angestrebten Vermeidung deutscher Abgaben auszugehen, weil der insoweit grob fahrlässig handelnde Unternehmer irrtümlich von einer Niederlassung bzw. Betriebsstätte an der Anschrift seines ihn darin bestärkenden deutschen Steuerberaters bzw. von in Deutschland steuerbaren und steuerpflichtigen Umsätzen ausgegangen war, ist auch hinsichtlich der tatsächlich durch sein Handeln verkürzten österreichischen Abgaben nur eine (grob) fahrlässige Verkürzung nach § 34 Abs. 1 FinStrG strafbar.

Beitragstäterschaft in Finanzstrafsachen

  • § 11 FinStrG, § 33 Abs. 1 FinStrG
  • BFG vom 06.11.2018, RV/7300028/2018 (Stattgabe; Revision nicht zugelassen)

Rechtssatz 1: Beihilfe zu einer strafbaren Handlung (hier: Abgabenhinterziehung) ist jede Tätigkeit, die dahin zielt, die Ausführung der späteren Straftat eines anderen zu fördern (VwGH 6. 4. 1967, 1200/66). Als Beitragstäter kommt in Betracht, wer die Tatbildverwirklichung (durch einen anderen) ermöglicht, erleichtert, absichert oder sonst wie fördert. Der Tatbeitrag kann durch physische oder psychische (intellektuelle) Unterstützung, somit durch Rat oder Tat, geleistet werden. Der Beitrag zur Tat muss zu dieser in ihrer individuellen Erscheinungsform in einer kausalen Beziehung stehen. Jede, auch die geringste Hilfe, welche die Tat fördert und bis zur Vollendung wirksam bleibt, ist ein ausreichender Tatbeitrag (VwGH 18.12.1997, 97/16/0083; Seewald/Harbich in Tannert, Finanzstrafrecht § 11 FinStrG E 28).

Rechtssatz 2: Jeder Beitragstäter muss, wenn er seinen Tatbeitrag nur hinsichtlich einzelner Vorgänge leistet, der unmittelbare Täter jedoch weitere hinzutretende Verkürzungshandlungen hinsichtlich derselben ihn treffenden Abgabenart und desselben Jahres setzt, ausschließlich für sein Unrecht und seine Schuld und nicht für die gesamte Verkürzung durch den unmittelbaren Täter einstehen (vgl. Winkler in Tannert/Kotschnigg, FinStrG § 11 RZ 66). Maßgeblich sind nach § 33 Abs.5 FinStrG nur jene Beträge, deren Verkürzung iZm den Unrichtigkeiten bewirkt wurde, auf die sich der Vorsatz des Täters bezieht.

Rechtssatz 3: Befindet sich ein Beitragstäter aufgrund seiner beruflichen Stellung gegenüber seinem Arbeitgeber in einem Abhängigkeitsverhältnis, weshalb sich für ihn keine Möglichkeit eines Alternativ­verhaltens erschlossen hat, bei welchem er nicht mit Kündigung oder gar Entlassung bedroht gewesen wäre, liegt eine (laut Oberstem Gerichthof) “verdünnte Willensfreiheit” vor (vgl. OGH 19.12.2002, 8 Ob A129/02g; OGH 01.08.2012 1 Ob 244/11f; OGH 19.06.2013 7 Ob 90/13f u.a.), die strafmildernd zu berücksichtigen ist.

Rechtssatz 4: Auf Grund der quantitativen Akzessorietät [Abhängigkeit] sonstiger Beitragstäterschaft zur unmittelbaren Tat kann der Beitragstäter straffrei zurücktreten, wenn er seinen Beitrag rückgängig macht, bevor der unmittelbare Täter ins Versuchsstadium tritt.

Landes- und Gemeindeabgaben Wien

Haftung für Kommunalsteuer; andere Rechtsmeinung des Steuerberaters; kein Zweifel an der Unrichtigkeit dieser Rechtsmeinung

  • § 6a Abs. 1 KommStG 1993, § 80 Abs. 1 BAO, § 47 Abs. 2 EStG 1988
  • BFG vom 05.10.2018, RV/7400050/2018 (Stattgabe; Revision nicht zugelassen)

Rechtssatz 3: Ein Geschäftsführer, der sich zur Wahrnehmung der abgabenrechtlichen Pflichten eines Steuerberaters bedient, darf grundsätzlich auf die von diesem in voller Kenntnis des richtigen Sachverhaltes erteilten Rechtsauskünfte vertrauen. Nur wenn diese Rechtsauskünfte offensichtlich unrichtig wären oder an diesen bei Anwendung der objektiv zumutbaren Sorgfalt erhebliche Zweifel bestehen müssten, wäre der Geschäftsführer gehalten, weitere Erkundigungen einzuholen.

Einsatzgebühr für die Wiener Rettung

  • § 28 WRKG, § 29 WRKG, § 1 WRKG, § 5 WRKG, § 1 Gebühren gemäß Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetz, § 20 BAO, Art. 130 Abs. 3 B-VG, § 1 Abs. 1 Gebühren gemäß Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetz, § 210 BAO
  • BFG vom 23.10.2018, RV/7400145/2018 (teilweise Stattgabe; Revision zugelassen)

Rechtssatz 4: Gemäß § 28 Abs. 1 WRKG ist der Gebührentatbestand für die Inanspruchnahme des öffent­lichen Rettungsdienstes der Stadt Wien, insbesondere für die Betreuung (Hilfeleistung, Beförderung) verwirklicht, wenn es zur Ausfahrt eines Einsatzfahrzeuges kommt. Darauf, ob tatsächlich eine Hilfe- oder Beförderungsleistung durchgeführt wurde, kommt es gemäß § 29 Abs. 1 WRKG bei der Verwirklichung des Gebührentatbestandes nicht an.

Rechtssatz 5: Gemäß § 29 Abs. 1 WRKG ist es nicht wesentlich, ob der Einsatz ursprünglich medizinisch erforderlich gewesen ist, sondern entscheidend, ob das Vorliegen der Einsatzvoraussetzungen nach § 1 Abs. 1 bis 4 WRKG auf Grund des Zustandsbildes desjenigen, zu dessen Gunsten der Einsatz erfolgt ist, mit gutem Grund hatte angenommen werden konnte. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes muss diese Annahme bei jenem Mitarbeiter des Rettungsdienstes (der Einsatzleitstelle) bestanden haben, der die Anforderung (betreffend des Rettungseinsatzes) entgegen genommen hat.

Rechtssatz 9: Wenn Tatsachenfeststellungen nicht getroffen werden können, trifft die Beweislast denjenigen, zu dessen Gunsten die entsprechende Tatsache wirken würde: Die Abgabenbehörde hat damit die Beweis­last für Tatsachen zu tragen, die den Abgabenanspruch begründen; der Steuerpflichtige für Tatsachen, die Begünstigungen, Steuerermäßigungen u.ä. begründen bzw. die den Abgabenanspruch einschränken oder aufheben oder eine (ihn treffende) gesetzliche Vermutung widerlegen.

Ausführliche Besprechung mit Praxishinweisen in BFGjournal 2019, 84

Umsatzsteuer

Verzicht gemäß § 22 Abs. 6 UStG ist ein höchstpersönliches Recht

  • § 22 Abs. 1 UStG 1994, § 22 Abs. 6 UStG 1994
  • BFG vom 01.10.2018, RV/7104335/2014 (teilweise Stattgabe; Revision zugelassen)

Das Recht eines nicht buchführungspflichtigen Landwirtes auf die Umsatzsteuerpauschalierung gemäß § 22 UStG gemäß § 22 Abs. 6 zu verzichten ist ein höchstpersönliches Recht und geht nicht auf den Gesamtrechtsnachfolger über. Möchte der Gesamtrechtsnachfolger auf die Umsatzsteuerpauschalierung gemäß § 22 Abs. 6 UStG verzichten, so hat der Gesamtrechtsnachfolger dies in eigenem Namen innerhalb der Fristen des § 22 UStG ausdrücklich zu erklären.

Kein Erstattungsverfahren bei Übergang der Steuerschuld auf den ausländischen Unternehmer

  • Verfahren für die Erstattung der abziehbaren Vorsteuern, § 19 Abs. 1a UStG 1994
  • BFG vom 13.08.2018, RV/2101321/2017 (Abweisung; Revision nicht zugelassen)

Kommt es zum Übergang der Steuerschuld auf einen ausländischen Unternehmer (zB wenn er als Generalunternehmer Empfänger von Bauleistungen ist), so kann dieser Vorsteuern nur im Veranlagungs­verfahren geltend machen (vgl auch Ruppe/Achatz, UStG 1994, 5. Aufl., § 21 Tz 37).

Errichtung einer Reithalle durch einen Landwirt unternehmerisch oder privat veranlasst?

  • § 22 Abs. 6 UStG 1994, § 6 Abs. 3 UStG 1994, § 21 EStG 1988, Art. 9 RL 2006/112/EG, Art. 167 RL 2006/112/EG, Art. 168 RL 2006/112/EG, § 2 Abs. 1 UStG 1994, § 12 UStG 1994, § 20 Abs. 1 EStG 1988
  • BFG vom 10.12.2018, RV/7100421/2013 (Abweisung; Revision nicht zugelassen)

Rechtssatz 1: Die übliche Pensionspferdehaltung für Freizeitzwecke ist (nach der nationalen Rechtsordnung: seit 2014) von der land- und forstwirtschaftlichen Pauschalierung nach § 22 UStG 1994 nicht umfasst. Dies ändert aber nichts daran, dass die Umsätze aus der Pensionspferdehaltung zum land- und forstwirtschaft­lichen Betrieb zählen.

Rechtssatz 2: Eine eigene Reithalle ist grundsätzlich geeignet, die Wirtschaftlichkeit der Pensionspferde­haltung zu steigern, da Kunden Pferde typischerweise eher dort einstellen, wo auch eine witterungs­unabhängige Reitgelegenheit mit den Möglichkeiten einer Reithalle besteht.

Rechtssatz 3: Der Bau einer Reithalle ist als ausschließlich privat veranlasst anzusehen, wenn lediglich drei Einstellplätze für Pferde bestehen, wovon zwei mit Pferden, die Familienmitgliedern gehören, belegt sind, und jahrelang keine Versuche unternommen werden, weitere Einstellplätze zu errichten oder die Reithalle anderweitig unternehmerisch zu nutzen.

Voraussetzungen für innergemeinschaftliche Lieferungen

  • Art. 7 Abs. 3 UStG 1994, § 253 BAO, Art. 6 Abs. 1 UStG 1994, Art. 7 UStG 1994, Art. 11 UStG 1994, Art. 7 Abs. 4 UStG 1994
  • BFG vom 17.10.2018, RV/7102917/2013 (Abweisung; Revision nicht zugelassen)

Rechtssatz 1: Fehlen in einem Abholfall die formalen Erfordernisse für den innergemeinschaftlichen Transport der Waren und führen Ergebnisse des Amtshilfeersuchens zu begründeten Zweifeln am Vorliegen der Voraussetzungen für die Steuerfreiheit, kommt es darauf an, dass der Unternehmer die Voraus­setzungen der Steuerbefreiung unter Ausschöpfung sämtlicher zur Verfügung stehender Beweismittel (vgl. VwGH 27.11.2014, 2012/15/0192) tatsächlich nachweist. Der beschwerdeführenden KG ist es während des gesamten Verfahrens und auch in der mündlichen Senatsverhandlung nicht gelungen, auf andere Weise einen überzeugenden Nachweis zu erbringen, dass die Waren physisch in einen anderen Mitgliedstaat gebracht wurden.

Rechtssatz 2: Allein auf Grund der Tatsache, dass die Bf. die formellen Nachweise nicht vollständig erbracht hatte, da sie im Abholfall auf die schriftliche Erklärung des Abnehmers der Waren verzichtete, hat sie nicht mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns gehandelt. Solcherart durfte sie sich nicht auf die Vertrauens­schutzregelung des Art. 7 Abs. 4 UStG 1994 berufen, weil sie im Sinne dieser Bestimmung die von ihr in Anspruch genommene Steuerbefreiung nicht auf vom Abnehmer gegebene unrichtige Angaben stützen konnte.

Kein Vorsteuerabzug für Kraftfahrzeuge mit einem CO2-Emissionswert von 0 Gramm pro Kilometer, deren Anschaffungspreis 80.000 Euro übersteigt

  • Art. 107 ff AEUV, § 12 Abs. 2 Z 2a UStG 1994, PKW-Angemessenheitsverordnung, Art. 168 RL 2006/112/EG, § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994, § 20 Abs. 1 Z 2 EStG 1988, § 12 Abs. 1 Z 2 KStG 1988, § 21 Abs. 3 UStG 1994, Art. 108 AEUV
  • BFG vom 20.08.2018, RV/7104834/2017 (Abweisung; Revision nicht zugelassen)

Nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH kann ein Unternehmer in einem seine Abgabenschuld betreffenden Abgabenverfahren nicht erfolgreich geltend machen, dass die Befreiung eines anderen Unternehmers (oder dessen niedrigere Besteuerung) eine unionsrechtswidrige Beihilfe sei. Der Schuldner einer Abgabe kann sich also nicht mit der Begründung, die Befreiung (oder niedrigere Besteuerung) anderer Unternehmer stelle eine staatliche Beihilfe dar, der Zahlung der Abgabe entziehen. Ein Abgabenschuldner könnte sich nur dann ausnahmsweise auf der Grundlage des Beihilfenverbotes seiner Zahlungspflicht entziehen, wenn eine Regelung vorliegt, nach welcher der Abgabenertrag unmittelbar einer Verwendung zugeführt werden muss, die ihrerseits die Beihilfenmaßnahme darstellt (vgl. VwGH 19.10.2017, Ra 2015/16/0024). Ein solcher Ausnahmefall, bei welchem nach der zu Grunde liegenden Regelung das Aufkommen aus der Abgabe notwendig für die Finanzierung einer Beihilfe verwendet würde, liegt im Fall der Versagung des Vorsteuerabzuges gemäß § 12 Abs. 2 Z 2a UStG 1994 für Fahrzeuge, deren Anschaffungs­kosten 80.000 Euro übersteigen, nicht vor. Es besteht kein zwingender Zusammenhang zwischen der Abgabe und einer allfälligen beihilfenrelevanten Verwendung des Abgabenertrages.

Beachte: Revision eingebracht. Beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2018/13/0091.

Verfahrensrecht

Überwachungsverschulden des Vertreters hinsichtlich Säumnis

  • § 217 Abs. 1 BAO, § 217 Abs. 2 BAO, § 217 Abs. 7 BAO
  • BFG vom 17.05.2018, RV/2101528/2016 (Abweisung; Revision nicht zugelassen)

Eine neue Mitarbeiterin eines steuerlichen Vertreters erfordert ein höheres Maß an Überwachung und Sorgfalt, da der Vertreter noch keine Erfahrungen hinsichtlich deren Verlässlichkeit hat. 
Die bloße Behauptung eines Vertreters, dass die neue Mitarbeiterin aus Versehen die in der Kanzlei ein­gelangten Bescheide dem Abgabepflichtigen nicht weitergeleitet habe, weshalb er daran gehindert war, rechtzeitig ein Zahlungserleichterungsansuchen einzubringen, exculpiert den Vertreter und damit den Vertretenen nicht. 
Wenn die vom Vertreter gesetzten Kontrollmechanismen zur Vermeidung von Fristversäumnissen nicht dargelegt werden, ist dem in der Beschwerde gestellten Antrag auf Aufhebung des Säumniszuschlages gemäß § 217 Abs. 7 BAO nicht Folge zu geben.

Zurückweisung eines Vorlageantrages

  • § 17 Abs. 3 ZustG
  • BFG vom 11.06.2018, RV/7102139/2018 (Zurückweisung; Revision nicht zugelassen)

§ 17 Abs. 3 ZustellG ermöglicht keine Auslegung dahin, dass in einem Fall, in dem der Betroffene durch eine während des Laufes der Abholfrist bestehende oder eingetretene Krankheit an der nicht früher vorge­nommenen Abholung innerhalb der Abholfrist gehindert ist, die wirksame Zustellung erst mit dem Ende der Krankheit angenommen wird.

Kein Antragsrecht auf Erlassung eines abändernden oder aufhebenden abgeleiteten Bescheides nach § 295 Abs. 1 BAO

  • § 295 Abs. 1 BAO, § 284 Abs. 1 BAO, § 295 Abs. 5 BAO
  • BFG vom 20.06.2018, RV/3100521/2015 (Abweisung; Revision nicht zugelassen)

§ 295 Abs. 1 BAO räumt kein Antragsrecht auf Erlassung eines abändernden oder aufhebenden abge­leiteten Bescheides ein. Der Rechtsschutz ist in effizienter Weise durch den Rechtsbehelf der Säumnis­beschwerde nach § 284 BAO gewährleistet (VwGH 5.9.2012, 2012/15/0062). Zudem ließen weder der eindeutige und klare Wortlaut von § 295 Abs. 1 BAO (vgl. VwGH 22.2.2012, 2009/08/0251; VwGH 6.3.2018, Ra 2017/08/0048) noch die vom Gesetzgeber in § 295 Abs. 5 BAO vorgegebene Zuständigkeitsregelung eine Interpretation der Bestimmung des § 295 Abs. 1 BAO in die Richtung der Einräumung eines Antragrechtes zu.

Beachte: VfGH-Beschwerde zur Zahl E 3071/2018 anhängig. Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom 24.9.2018 abgelehnt.

1. Hausdurchsuchung im Zuge einer Glücksspielkontrolle zur Auffindung der scheinbar soeben versteckten Fernbedienungsgeräte zur Unterbrechung des Stromkreises in den im Wettlokal aufgefundenen Glücksspielgeräten;  
2. Rechtlich gedeckt durch die Maßnahmenbewehrung in § 50 Abs. 4 GSpG

  • § 50 Abs. 4 GSpG, Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG, Art. 9 StGG, Art. 8 Abs. 1 EMRK, Art. 8 Abs. 2 EMRK
  • BFG vom 02.08.2018, RM/5100005/2017 (Abweisung; Revision zugelassen)

Die nunmehrige Maßnahmenbewehrung in § 50 Abs. 4 GSpG durch BGBl I 2015/118 mit Wirkung ab dem 14.8.2015 berechtigt die Finanzpolizei auch, zur Durchsetzung einer umfassenden Überprüfung und Durchführung von Testspielen anlässlich einer Glücksspielkontrolle, unter Beachtung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit im aufgezeigten gesetzlichen Rahmen eine Durchsuchung von Räumlichkeiten und Behältnissen vorzunehmen, ohne dass es einer richterlichen Anordnung bedarf.

Beachte: Revision eingebracht.

Keine Beseitigung einer Doppelbesteuerung gemäß § 48 BAO

  • § 48 BAO, Art. 27 Abs. 2 lit. b DBA HK (E, V), Art. 24 DBA HK (E, V), Art. 9 DBA HK (E, V), Art. 7 DBA HK (E, V), § 20 BAO
  • BFG vom 02.08.2018, RV/7102556/2017 (teilweise Stattgabe; Revision zugelassen)

Das Unterlassen der Einbringung eines Rechtsmittels bzw. die Zurücknahme eines bereits eingebrachten Rechtsmittels gegen nach Durchführung abgabenbehördlicher Prüfungen erlassener Steuerbescheide steht der Gewährung einer Begünstigung gemäß § 48 BAO entgegen.

Beachte: Revision eingebracht. Beim VwGH anhängig zur Zahl Ro 2018/15/0025.

Empfängerbenennung; keine Betriebsausgaben bei Scheingeschäften; Verlustabzug – Bindung an Vorjahresbescheid

  • § 162 BAO, § 279 Abs. 1 BAO, § 8 Abs. 4 KStG 1966
  • BFG vom 18.06.2018, RV/7103208/2013 (Abänderung; Revision nicht zugelassen)

Rechtssatz 1: § 162 BAO erfordert die exakte Empfängerbenennung in dem Sinne, dass es der zuständigen Abgabebehörde möglich gemacht wird, dass die Beträge beim Empfänger versteuert werden können. Für diese Besteuerung ist die Nennung der Umstände des Kennenlernens bzw. der Kontaktaufnahme zum Empfänger nicht erforderlich. Das Nichtnennen dieser Umstände kann daher die Rechtsfolgen des § 162 Abs. 2 BAO nicht nach sich ziehen.

Rechtssatz 2: Aus den Beschwerdepunkten ergeben sich keine Grenzen der Änderungsbefugnis (vgl. Ritz, BAO, 6. Aufl. 2017, § 279 Anm. 17 mwN). Es besteht nach dem Wortlaut des § 279 Abs. 1 BAO dabei kein Verböserungsverbot (vgl. Ritz, BAO, 6. Aufl. 2017, § 279 Anm. 13 mwN). Das Verwaltungsgericht ist demnach angehalten, im gerichtlichen Verfahren festgestellte Umstände, die nicht Gegenstand des Beschwerdebegehrens sind, auch dann aufzugreifen, wenn sich diese zu Lasten des Beschwerdeführers auswirken.

Sind die Bestimmungen über die absolute Verjährung auch auf die Rückforderung von Familienbeihilfe anwendbar?

  • § 26 Abs. 1 FLAG 1967, § 25 FLAG 1967
  • BFG vom 05.09.2018, RV/7102238/2018 (teilweise Stattgabe; Revision zugelassen)

Aus der Zusammenschau der Bestimmungen der §§ 2, 3 und 4 BAO kann geschlossen werden, dass auch die Rückforderung von Familienbeihilfe als Abgabenanspruch gilt und damit die Vorschriften betreffend die absolute Verjährung anwendbar sind.
Weder die BAO noch das FLAG 1967 treffen eigenständige Regelungen betreffend den Zeitpunkt des Entstehens des Abgabenanspruches bei Rückforderung von Familienbeihilfe.
Somit kommt die Generalklausel des § 4 Abs. 1 BAO zur Anwendung, derzufolge der Abgabenanspruch entsteht, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Abgabepflicht knüpft.
Aus § 10 Abs. 2 FLAG 1967 kann geschlossen werden, dass der Anspruch auf Rückforderung von Familienbeihilfe korrespondierend hierzu ebenfalls mit Beginn des Monats entsteht, für das Familienbeihilfe zu Unrecht gewährt wurde.
Somit ist der Rückforderungsanspruch für diejenigen Monate, die mehr als 10 Jahre vor dem Beginn des Monats, in dem der angefochtene Bescheid erlassen wurde, liegen, bereits (absolut) verjährt.

Rückzahlung von Guthaben: Säumnis der Abgabenbehörde mit dem Instrument der Säumnisbeschwerde nicht verfolgbar

  • § 239 Abs. 1 BAO, § 284 Abs. 1 BAO
  • BFG vom 10.09.2018, RS/2100015/2018 (Zurückweisung; Revision zugelassen)

Der aus dem Antrag auf Rückzahlung von Guthaben nach § 239 Abs. 1 BAO dem Abgabepflichtigen erwachsende Bescheiderlassungsanspruch besteht allein in dem Fall, dass die Abgabenbehörde eine Rückzahlung verweigert. Entschließt sich die Abgabenbehörde, ein Guthaben zurückzuzahlen, fällt damit ihre Pflicht zur Bescheiderlassung weg. Die durch das Einlangen eines Antrages auf Rückzahlung von Guthaben ausgelöste behördliche Handlungspflicht besteht daher, abhängig vom Ergebnis der Prüfung nach Maßgabe der Bestimmungen des § 239 Abs. 1 und 2 BAO entweder in einer Bescheiderlassung oder in der Setzung des Realaktes der Rückzahlung. Zu einer Rückzahlung fehlt dem Verwaltungsgericht aber eine Zuständigkeit, weil es nur eine rechtsprechende Tätigkeit entfaltet, nicht aber faktische Leistungen erbringen und Realakte setzen kann. Das Verwaltungsgericht könnte damit der behördlichen Säumigkeit über einen Antrag auf Rückzahlung von Guthaben nur in einer der beiden denkmöglichen Erledigungsrichtungen, nämlich durch Erlassung eines (antragsabweisenden) Bescheides, nicht aber durch Rückzahlung eines Guthabens begegnen. Dies erweist den aus dem Antrag auf Rückzahlung von Guthaben dem Abgabe­pflichtigen gegenüber der Abgabenbehörde erwachsenden Erledigungsanspruch mit dem Instrument der Säumnisbeschwerde als nicht verfolgbar (zur Verbuchung des angemeldeten Überschusses als Gutschrift bei der Umsatzsteuer vgl. VwGH 22.06.2001, 2001/13/0146).

Beachte: Revision eingebracht. Beim VwGH anhängig zur Zahl Ro 2019/15/0001.

Bindung an Strafurteil

  • § 116 BAO
  • BFG vom 19.09.2018, RV/2100131/2018 (Abweisung; Revision nicht zugelassen)

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausführt, entfaltet ein rechtskräftiges Strafurteil bindende Wirkung hinsichtlich der Tatsachenfeststellungen, auf denen sein Schuldspruch beruht, wozu auch jene Tatumstände gehören, aus denen sich die jeweilige strafbare Handlung nach ihren gesetzlichen Tatbestandselementen zusammensetzt (VwGH 27.03.2018, Ra 2018/16/0043; VwGH 29.03.2017, Ra 2016/15/0023; VwGH 28.05.2009, 2007/16/0161 mwN).
Eine solche Bindung besteht unabhängig von der Rechtmäßigkeit der Entscheidung (vgl. Ritz, BAO, 6. Aufl., § 116 Tz 5).
Ein Widerspruch zum Unionsrecht kann sich dabei nicht aus den Tatsachenfeststellungen, sondern nur aus einer abweichenden rechtlichen Beurteilung ergeben.

Ohne Anbringen ist eine Mängelbehebung unzulässig (hier: keine Beschwerde)

  • § 250 Abs. 1 BAO
  • BFG vom 04.10.2018, RV/7105021/2016 (Abweisung; Revision nicht zugelassen)

Liegt überhaupt kein Anbringen vor, besteht auch keine Veranlassung zu einer Mängelbehebung nach § 85 Abs 2 BAO (VwGH 04.09.2013, 2013/08/0180; VwGH 08.04.2014, 2012/05/0141 zu § 13 Abs 3 AVG mwN).

Antrag gemäß § 299 BAO auf Aufhebung eines Prüfungsauftrages

  • § 148 Abs. 4 BAO, § 299 Abs. 1 BAO
  • BFG vom 18.10.2018, RS/7100020/2018 (Zurückweisung; Revision zugelassen)

Die Rechtsfolge des § 148 Abs. 4 BAO, der gegen einen Prüfungsauftrag ein abgesondertes Rechtsmittel nicht zulässt, ist im Hinblick auf Absicht und Ziel des Gesetzes, eine Überprüfung der Rechtsmäßigkeit von Prüfungsaufträgen erst mit dem Rechtsmittel gegen einen nach Abschluss der Prüfung ergehenden Bescheid zuzulassen, nicht nur auf Beschwerden, sondern auch auf Anträge auf Aufhebung nach § 299 BAO zu beziehen. Wäre es zulässig, gegen einen Prüfungsauftrag mit einem auf § 299 BAO gestützten Aufhebungsantrag vorzugehen, dann wäre der in § 148 Abs. 4 BAO normierte Ausschluss der gesonderten Anfechtbarkeit eines Prüfungsauftrags praktisch obsolet, zumal ein solcher Antrag einem Abgabepflichtigen die Möglichkeit eröffnet, die Rechtmäßigkeit eines Bescheides in einer Weise in Frage zu stellen, die im Ergebnis der Erhebung einer Beschwerde gleichkommt.

Beachte: Revision eingebracht. Beim VwGH anhängig zur Zahl Ro 2019/13/0009.

Antrag gemäß § 217 Abs. 7 BAO wegen angeblich unrichtiger Festsetzung der USt

  • § 217 BAO, § 211 BAO
  • BFG vom 16.10.2018, RV/5100463/2018 (Abweisung; Revision nicht zugelassen)

Der Antrag auf Einvernahme einer Zeugin (Betriebsprüferin), was die Grundlage für ihre Annahme eines Unternehmenserwerbes ist, ist abzulehnen. Unter einer Annahme versteht man im normalen Sprach­gebrauch im gegenständlichen Zusammenhang eine Ansicht, Auffassung, Meinung, Mutmaßung, These oder Hypothese und beinhaltet somit eine persönliche Interpretation oder Deutung jener Person, die eine Annahme äußert. Das bedeutet, dass es sich bei einer Annahme nicht um die Wiedergabe einer Tatsache sondern vielmehr um die Interpretation einer Tatsache oder um eine Mutmaßung handelt. Beweise sind zur Klärung des relevanten Sachverhaltes aufzunehmen, nicht jedoch um festzustellen, warum jemand einem Sachverhalt eine bestimmte Deutung zukommen lässt.

Verspätung einer um 00:23 Uhr via FinanzOnline eingebrachten Beschwerde gegen einen Bescheid ohne Ankündigung einer Begründung

  • § 5 FOnV 2006, § 98 Abs. 2 BAO, § 245 Abs. 1 BAO
  • BFG vom 05.11.2018, RV/6100668/2017 (Zurückweisung; Revision nicht zugelassen)

Rechtssatz 1: Enthält ein Bescheid keine Ankündigung einer gesondert ergehenden Begründung, obwohl dieses wesentliche Bescheidmerkmal fehlt, so wird trotzdem die Beschwerdefrist in Lauf gesetzt (VwGH 31.3.2005, 2004/15/0089). Dies auch dann, wenn eine solche Begründung später tatsächlich ergeht.

Rechtssatz 2: Anbringen via FinanzOnline gelten erst dann als eingebracht, wenn sie in zur vollständigen Weiterbearbeitung geeigneter Form bei der Behörde einlangen. Dieser Zeitpunkt wird auf dem Ausdruck des Finanzamtes mit "erstellt" bezeichnet.

Antrag auf Aufhebung der Vollstreckbarkeit von im Insolvenzverfahren angemeldeten Insolvenzforderungen seitens des Masseverwalters, Frage des absoluten oder aliquoten Wiederauflebens von Konkursforderungen im Falle eines neuerlichen Insolvenzverfahrens vor vollständiger Entrichtung der Quotenzahlungen

  • § 9 IO, § 9 Abs. 1 KO
  • BFG vom 18.10.2018, RV/7103129/2018 (Abänderung; Revision zugelassen)

Rechtssatz 5: Die Einhebungsverjährung der im Insolvenzverfahren angemeldeten Insolvenzforderungen wird durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens gemäß § 9 Abs. 1 KO bzw. § 9 Abs. 1 IO unterbrochen.
Wenn dem Insolvenzverfahren ein Zahlungs- bzw. Sanierungsplan folgt, beginnt sie nach Rechtskraft des Aufhebungsbeschlusses nicht wieder zu laufen, sondern bewirkt dieser bis zur Fälligkeit der Quoten­zahlungen eine Fortlaufhemmung der Einhebungsverjährung, weil der Gläubiger in diesem Zeitraum seinen Anspruch nicht geltend machen kann.

Beginn der Verjährung für die endgültige Einkommensteuerfestsetzung und Berechnung von Anspruchszinsen bei endgültiger Einkommensteuerfestsetzung

  • § 205 Abs. 6 BAO
  • BFG vom 29.10.2018, RV/7104484/2018 (teilweise Stattgabe; Revision zugelassen)

Wurde die Einkommensteuer vorläufig festgesetzt, weil im Hinblick darauf, dass das Verlassenschafts­verfahren noch nicht abgeschlossen war, nicht feststand, ob und in welcher Höhe der Beschwerdeführer für die Verstorbene geleistete Zahlungen endgültig zu tragen hat, so ist das Ergehen des gerichtlichen Einantwortungsbeschlusses als rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 295a BAO anzusehen, und sind die Anspruchszinsen erst ab diesem Zeitpunkt zu berechnen.

Beachte: VfGH-Beschwerde zur Zahl E 5085/2018 anhängig.

Versäumung der mündlichen Verhandlung wegen Verkehrsbehinderungen

  • § 274 Abs. 4 BAO
  • BFG vom 23.10.2018, RV/5100154/2016 (Abänderung; Revision nicht zugelassen)

Mit Verkehrsverzögerungen im täglichen Berufsverkehr muss jederzeit gerechnet werden. Somit ist es einem berufsmäßigen Parteienvertreter zumutbar, den Weg und die Verkehrsmittel so zu wählen, dass ein rechtzeitiges Erscheinen zur mündlichen Verhandlung vor Gericht möglich ist.

Abweisung eines Wiedereinsetzungsantrages wenn sich der Steuerberater nicht über die Verkehrslage informiert, um der Ladung zur mündlichen Verhandlung pünktlich Folge leisten zu können

  • § 308 Abs. 1 BAO
  • BFG vom 28.11.2018, RV/5101550/2018 (Abweisung; Revision nicht zugelassen)

Folgerechtssatz: BFG vom 28.11.2018, RV/5101551/2018
Mit Verkehrsverzögerungen im täglichen Berufsverkehr muss jederzeit gerechnet werden. Ein sorgfältiger Mensch beurteilt nach den persönlichen Fähigkeiten des Wiedereinsetzungswerbers, informiert sich rechtzeitig über die Verkehrslage, sodass ein pünktliches Erscheinen zur mündlichen Verhandlung vor dem Bundesfinanzgericht gewährleistet ist.

Ausführliche Besprechung mit Praxishinweisen in BFGjournal 2019, 74

Keine Nachsicht von der Abgabeneinhebung im Anlassfall eines Normenprüfungs­verfahrens, wenn Rechtsnormen vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben werden

  • § 236 Abs. 1 BAO, § 3 Unbilligkeit der Einhebung im Sinn des § 236 BAO
  • BFG vom 19.10.2018, RV/3100216/2013 (Abweisung; Revision nicht zugelassen)

Die Aufhebung von Rechtsnormen durch den Verfassungsgerichtshof im Normenprüfungsverfahren begründet keine sachliche Unbilligkeit der Abgabeneinhebung im Anlassfall.

Beachte: VfGH-Beschwerde zur Zahl E 4855/2018 anhängig.

Antrag auf Kontenschutz gemäß § 54 AbgEO, dennoch durchgeführte Überweisung durch Drittschuldner

  • § 54 Abs. 1 AbgEO, § 54 Abs. 2 AbgEO, § 54 Abs. 3 AbgEO
  • BFG vom 26.11.2018, RV/7400368/2018 (Abweisung; Revision zugelassen)

Der Antrag auf Kontenschutz nach § 54 AbgEO ist zwar nicht befristet, setzt allerdings voraus, dass die Pfändung noch besteht. Auch ein Antrag vor dennoch durchgeführter Überweisung des gepfändeten Bankkontoguthabens durch den Drittschuldner geht ins Leere, da durch die Überweisung die Pfändung erlischt, weshalb ein Kontenschutz nicht mehr in Betracht kommt.

Bindungswirkung einer Strafverfügung nach § 143 FinStrG

  • § 116 BAO, § 143 FinStrG
  • BFG vom 17.08.2018, RV/7200064/2018 (Abweisung; Revision nicht zugelassen)

Die Bindung einer Abgabenbehörde (eines Zollamtes) und des Bundesfinanzgerichtes ist nach der ständigen Judikatur des VwGH auch für rechtskräftige Strafverfügungen zu bejahen.

Erstmalige Festsetzung von Mineralölsteuer

  • §§ 1, 2, 3, 21, 22, 23, 25, 26, 29, 45, 46 MinStG 1995; §§ 166, 167, 201, 20, 217, 269, 279 BAO; Art. 2 RL 2003/96/EG
  • BFG vom 21.11.2018, RV/7200049/2018 (teilweise Stattgabe; Revision nicht zugelassen)

Kraftstoffe sind nur dann steuerbar, wenn sie im Steuergebiet verwendet werden. Liegt in solchen Fällen keine Befreiung von der Steuerpflicht vor, sind sie auch steuerpflichtig.

Ausführliche Besprechung mit Praxishinweisen in BFGjournal 2019, 68

Angabe eines unzutreffenden Warenortes in der Versandanmeldung

  • Art. 37 ZK, Art. 50 ZK, Art. 203 ZK, Art. 236 ZK
  • BFG vom 10.09.2018, RV/5200076/2014 (Stattgabe; Revision zugelassen)

Wurde für die im externen gemeinschaftlichen Versandverfahren beförderten, an einem zugelassenen Warenort eingetroffenen und vorübergehend verwahrten Waren noch am selben Tag eine weitere Versandanmeldung abgegeben und vom Zollamt die Überlassung der Waren zum Versandverfahren verfügt, liegt vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des EuGH vom 15.05.2014, Rs. C-480/12 (X BV), solange sich die Waren unverändert am zugelassenen Warenort befanden - auch bei einer versehentlichen Angabe eines im Bereich desselben Zollamtes gelegenen unzutreffenden Warenortes in der anschließenden Versandanmeldung - noch kein Entziehen aus der zollamtlichen Überwachung im Sinne des Art. 203 ZK vor.

Beachte: Revision eingebracht (Amtsrevision). Beim VwGH anhängig zur Zahl Ro 2018/16/0047.

Festsetzung von Verzugszinsen nach Art. 114 UZK bei einem aufrechten Aussetzungs­antrag

  • § 212a Abs. 5 BAO, § 230 Abs. 6 BAO
  • BFG vom 14.09.2018, RV/1200006/2018 (Stattgabe; Revision zugelassen)

Die Bestimmungen der §§ 212a Abs. 5 und 230 Abs. 6 BAO sind auch im Rahmen von Anträgen auf Aussetzung der Vollziehung nach Art. 244 ZK (nunmehr Art. 45 UZK) anzuwenden, weil im Zollkodex nur die materiellrechtlichen Voraussetzungen geregelt sind, die verfahrensrechtlichen Bestimmungen aber durch die Mitgliedstaaten erlassen werden. Abweichende Bestimmungen im Zollrechts-Durchführungsgesetz zum Verfahren der Aussetzung der Vollziehung bestehen nicht.

Beachte: Revision eingebracht (Amtsrevision). Beim VwGH anhängig zur Zahl Ro 2019/16/0001.

Geländeverfüllung/Geländeanpassung mit aufbereiteten Baurestmassen von einem abgebrannten Wirtschaftsgebäude

  • § 3 Abs. 4 ALSaG
  • BFG vom 04.10.2018, RV/4200072/2016 (teilweise Stattgabe; Revision nicht zugelassen)

Ein durch Brandstiftung verursachter Brand eines Wirtschaftsgebäudes ist kein Katastrophenereignis im Sinne des § 3 Abs. 4 ALSaG.

Verwaltungsverfahren

Zurückweisung einer verspäteten Beschwerde gegen ein Straferkenntnis

  • § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung, § 4 Abs. 2 Wiener Parkometergesetz 2006, § 7 Abs. 4 VwGVG, § 6 ZustG, § 17 ZustG, § 7 VwGVG, § 44 Abs. 2 VwGVG
  • BFG vom 24.08.2018, RV/7500521/2018 (Zurückweisung; Revision nicht zugelassen)

Rechtssatz 3: Behauptet jemand, es liege ein Zustellmangel vor, so hat er diese Behauptung entsprechend zu begründen und Beweise dafür anzuführen, welche die vom Gesetz aufgestellte Vermutung zu widerlegen geeignet sind. Die bloße Behauptung des Empfängers, er habe von der Post keine Verständigung erhalten, ist nicht geeignet, diese gesetzliche Vermutung zu widerlegen. Zur Führung des Gegenbeweises bedarf es konkreter Darlegungen und eines entsprechendes Beweisanbots dafür.

Rechtssatz 4: Die Rechtswirksamkeit eines Zustellvorgangs ist nicht davon abhängig, dass dieser dem Empfänger auch zur Kenntnis gelangt. Im Hinblick auf § 17 Abs. 4 ZustG hat weder eine Beschädigung noch die Entfernung der Hinterlegungsanzeige durch andere Personen Einfluss auf die Gültigkeit der Zustellung. Darin kann allenfalls ein Grund für eine Wiedereinsetzung liegen; die Unwirksamkeit der Zustellung kann daraus aber nicht abgeleitet werden.