BFG-Newsletter 2017/01

Einkommensteuer

Entgeltliche oder unentgeltliche Übertragung eines GmbH-Anteiles mit negativen Anschaffungskosten

  • § 31 Abs. 1 EStG 1988, § 21 BAO
  • BFG vom 09.09.2016, RV/3100127/2013 (Abweisung; Revision nicht zulässig)

Rechtssatz 1: Die formale rechtliche Gestaltung ist nur maßgebend, wenn sich in wirtschaftlicher Betrachtungsweise nichts anderes ergibt (ua VwGH 24.01.2013, 2011/16/0156). Getrennt abgeschlossene Verträge sind dann als Einheit aufzufassen, wenn die Beteiligten trotz mehrerer getrennter Verträge eine einheitliche Regelung beabsichtigten und wenn zwischen den mehreren Verträgen ein enger sachlicher und zeitlicher Zusammenhang besteht (VwGH 19.3.2002, 97/14/0034).

Rechtssatz 2: Grundsätzlich entspricht die Übertragung eines Gegenstands ohne Entgelt nicht der typischen Veräußerung und die Übertragung eines wertlosen Gegenstandes nicht der typischen Schenkung (BFH 18.8.1992, VIII R 13/90). Ob in einem solchen Fall eine Veräußerung (ohne Entgelt) oder eine Schenkung (ohne Bereicherung) vorliegt, richtet sich nach dem Gesamtbild der objektiven Umstände, sowie dem Willen und den Vorstellungen der Parteien (BFH 8.4.2014, IX R 4/13). 
Im Geschäftsleben kann grundsätzlich vermutet werden, dass zwei unabhängige Vertragspartner einander nichts zu schenken pflegen. Zwischen Kaufleuten werden Leistung und Gegenleistung in aller Regel nach kaufmännischen Gesichtspunkten ausgehandelt. In diesem Sinne ist auch eine nominell „unentgeltliche“ Übertragung oder, was auf dasselbe hinausläuft, zu einem symbolischen Betrag, im Regelfall als entgelt­licher Vorgang zu werten (VwGH 9.7.2008, 2005/13/0045).

Arbeitskräftegestellung durch Ordensgemeinschaft

  • § 99 Abs. 1 Z 5 EStG 1988
  • BFG vom 13.01.2017, RV/7100885/2016 (teilweise Stattgabe; Revision zulässig)

Der Tatbestand der Arbeitskräftegestellung [§ 99 Abs. 1 Z 5 EStG] ist bezogen auf das Vertragsverhältnis zwischen der Beschwerdeführerin und der Gestellerin aufgrund der klaren Vereinbarung (entgeltliche Gestellung einer Ordenskraft, die im Organismus der Bf. unter ihrer Weisung 40 Wochenstunden arbeitet, Anspruch auf Urlaub, Zeitausgleich) jedenfalls erfüllt. Auf den Charakter des Rechtsverhältnisses zwischen Gesteller und Arbeitskraft [angeblich unentgeltliche Arbeitsleistung im Rahmen der Ordenszugehörigkeit] kommt es dazu nicht an.

Beachte: Revision eingebracht.

Ermittlung der Anspruchszinsenbemessungsgrundlage bei geleisteten besonderen Vorauszahlungen nach § 30b Abs. 4 EStG 1988

  • § 30b Abs. 4 EStG 1988, § 41 Abs. 1 Z 10 EStG 1988, § 42 Abs. 1 Z 5 EStG 1988, § 46 Abs. 1 Z 1 bis 3 EStG 1988, § 205 Abs. 1 und 2 BAO, § 205 Abs. 5 BAO
  • BFG vom 15.09.2016, RV/3100910/2016 (Stattgabe; Revision nicht zulässig)

Besondere Vorauszahlungen gem. § 30b Abs. 4 EStG 1988 sind ungeachtet dessen, dass sie nicht von der Abgabenbehörde vorgeschrieben wurden, bei der Ermittlung des anspruchszinsenrelevanten Differenz­betrages nach § 205 Abs. 1 BAO als Vorauszahlungen zu berücksichtigen.

Steuerlich anzuerkennendes Dienstverhältnis mit dem Sohn

  • § 25 BAO, § 149 Abs. 1 BAO, § 4 Abs. 4 EStG 1988, § 20 Abs. 1 Z 4 EStG 1988, § 2 AVRAG, § 26 AZG, § 18 Abs. 1 Z 5 EStG 1988
  • BFG vom 10.01.2017, RV/7100051/2012 (Stattgabe; Revision nicht zulässig)

Rechtssatz 1: Ein den gesetzlichen Vorschriften entsprechender Dienstzettel gemäß § 2 AVRAG dokumen­tiert den wesentlichen Inhalt eines Arbeitsverhältnisses grundsätzlich ausreichend.

Rechtssatz 3: Es entspricht der forensischen Erfahrung, dass Arbeitgeber auch bei Arbeitsverhältnissen mit Familienfremden ihrer gesetzlichen Verpflichtung, Arbeitszeitaufzeichnungen zu führen oder Arbeitszeitaufzeichnungen des Arbeitnehmers zu kontrollieren, nicht nachkommen. Aus dem Fehlen von detaillierten Arbeitszeitaufzeichnungen allein kann daher eine Nichtanerkennung eines Dienstverhältnisses mit einem nahen Angehörigen nicht abgeleitet werden.

Rechtssatz 4: Arbeitet der ansonsten kein Einkommen aus einem Dienstverhältnis erzielende erwachsene Sohn im elterlichen Betrieb, an dem er gesellschaftsrechtlich nicht beteiligt ist, in einem erheblichen Umfang (hier: 30 Wochenstunden) mit, ist davon auszugehen, dass die Mitarbeit nicht bloß aus familienhafter Solidarität, sondern in Erwartung eines Entgelts erfolgt.

Entgelt für Verzicht auf ein Wohnungsrecht - Sonstige Einkünfte?

  • § 29 Z 3 EStG 1988, § 509 ABGB, § 504 ABGB, § 521 ABGB
  • BFG vom 19.01.2017, RV/5100806/2015 (teilweise Stattgabe; Revision zulässig)

Die entgeltliche Ablöse eines (vorbehaltenen) Wohnrechts ist gemäß § 29 Z 3 EStG einkommensteuer­pflichtig, wenn es sich um ein höchstpersönliches, unübertragbares Wohnungsgebrauchsrecht handelt und nicht um ein übertragbares Fruchtgenussrecht und somit um ein Wirtschaftsgut.

Beachte: Revision eingebracht.

Zurechnung der Immobilienertragsteuer

  • § 30 Abs. 1 EStG 1988, § 30 Abs. 4 Z 2 EStG 1988
  • BFG vom 30.01.2017, RV/3100195/2014 (Abweisung; Revision nicht zulässig)

Einkünfte sind demjenigen zuzurechnen, der den Einkunftstatbestand erfüllt (VwGH 05.07.1994, 91/14/0064). Besteuerungsgegenstand iSd § 30 EStG ist die Veräußerung von Grundstücken. Zurechnungssubjekt der aus der Veräußerung eines Miteigentumsanteils erzielten Einkünfte ist somit der Veräußerer, der über den zu veräußernden Liegenschaftsanteil verfügungsberechtigt ist.
Die von der Beschwerdeführerin in einem Scheidungsvergleich eingegangene Verpflichtung, ihren Anteil am Verkaufserlös aus der Veräußerung einer in ihrem Miteigentum stehenden Liegenschaft ihrem geschiedenen Ehegatten zu überlassen, stellt lediglich eine steuerneutrale Einkommensverwendung dar und vermag an der Zurechnung der aus der Veräußerung erzielten Einkünfte an die Beschwerdeführerin und dem ihr gegenüber erwachsenen Abgabenanspruch des Finanzamtes nichts zu ändern, selbst wenn sich der geschiedene Ehegatte im Kaufvertrag verpflichtet hat, die anfallende Immobilienertragsteuer an das Finanzamt abzuführen.

Konteneinschau

Nicht vom Finanzamtsvorstand unterfertigtes Auskunftsersuchen

Auskunftsverlangen sind gemäß § 8 Abs. 2 KontRegG vom Leiter der Abgabenbehörde (Vorstand) zu unterfertigen. Ein vom Prüfer unterfertigtes Auskunftsverlangen genügt den Anforderungen des Gesetzes nicht.

Vom Vertreter des Vorstandes unterfertigtes Auskunftsersuchen

Die eigenhändige Unterfertigung des Auskunftsersuchens durch die Vertreterin oder den Vertreter ist im Fall der Abwesenheit des Leiters der Abgabenbehörde zulässig, weil der Gesetzgeber mit der Anordnung einer Entscheidung „tunlichst“ binnen drei Tagen (§ 9 Abs. 3 KontRegG) eine rasche Klärung der Zulässigkeit einer Konteneinschau herbeiführen wollte.

Abweisung eines Antrages auf Bewilligung von Konteneinschauen, wenn die Begründung des Antrages keinerlei Einlassungen der Abgabenbehörde zu den erforderlichen Antrags­voraussetzungen enthält

  • § 8 KontRegG, § 38 Abs. 2 Z 11 BWG, § 9 Abs. 1 KontRegG, § 9 Abs. 3 KontRegG
  • BFG vom 02.03.2017, KE/5100001/2017 (Abweisung)

Ein Antrag einer Abgabenbehörde auf Bewilligung einer Konteneinschau gemäß § 8 KontRegG hat eine Darlegung der Argumente zu enthalten, warum nach Ansicht der Antragstellerin
1. begründete Zweifel an der Richtigkeit von bestimmten Angaben des Abgabepflichtigen bestehen,
2. warum zu erwarten ist, dass die Auskunft geeignet sei, diese Zweifel aufzuklären, sowie
3. warum der Eingriff in die Geheimhaltungsinteressen der Kunden des ersuchten Kreditinstitutes nicht unverhältnismäßig sei.

Fehlende Darlegungen in der Begründung des Antrages führen zu dessen Abweisung, womit aber ein (fortgesetztes) diesbezügliches Antragsrecht der Abgabenbehörde nicht verbraucht ist.

Abweisung eines Kontenöffnungsantrages mangels Darlegung der verfahrensgegen­ständlichen zweifelhaften Angaben des Abgabepflichtigen

  • § 8 KontRegG, § 38 Abs. 1 BWG, § 9 Abs. 1 KontRegG, § 9 Abs. 3 KontRegG
  • BFG vom 10.03.2017, KE/5100002/2017 (Abweisung)

Einen Zweifel hegt derjenige, welcher es für möglich hält, dass eine Behauptung (hier: in den Angaben des Abgabepflichtigen) nicht der Wahrheit entspricht. 
Begründete Zweifel – auch im Sinne des § 8 Abs. 1 Z 1 KontRegG – sind gegeben, wenn sich diese Zweifel auch objektiv begründen lassen, weil bestimmte Tatsachen von einigem Gewicht vorliegen, aus denen nach der Lebenserfahrung auf die Unrichtigkeit der Parteiangaben geschlossen werden kann.

Umsatzsteuer

Umsatzsteuerbefreiung einer privaten Bildungseinrichtung

  • § 6 Abs. 1 Z 11 lit. a UStG 1994, RL 2006/112/EG, Art. 291 AEUV, § 25 Abs. 2 UG
  • BFG vom 03.01.2017, RV/5101609/2016 (Stattgabe; Revision zulässig)

Art. 132 Abs. 1 lit. i MwStSystRL befreit in Folge des weiten Anwendungsbereiches der Bestimmung zur Erreichung ihres Zweckes jedenfalls alle Tätigkeiten zur Unterweisung in Fertigkeiten, die nicht nur der Freizeitgestaltung dienen und die damit eng verbundenen Dienstleistungen, sofern diese von einer Ein­richtung erbracht werden, die eine vergleichbare Zielsetzung wie eine nicht besteuerte öffentlich-rechtliche Einrichtung hat (hier Universitätslehrgang).

Beachte: Revision eingebracht (Amtsrevision).

Umsatzsteuerpflichtige Leistungen einer Schönheitschirurgin

  • § 6 Abs. 1 Z 19 UStG 1994
  • BFG vom 22.02.2017, RV/7104469/2015 (Abweisung; Revision zulässig)

Unecht steuerbefreit sind nur jene Umsätze einer Fachärztin für plastische und ästhetische Chirurgie, welchen eine Heilbehandlung zu Grunde liegt und zwar auch bereits vor Inkrafttreten des AbgÄG 2012.

Vorsteuerabzug: Anforderungen an die Rechnungsangaben nach den Urteilen EuGH vom 15.09.2016, Rs C-516/14 (Barlis 06) und Rs C-518/14 (Senatex)

  • § 2 Abs. 2 IO, § 3 Abs. 1 IO, § 3 Abs. 2 IO, § 114 Abs. 1 IO, § 114a Abs. 1 IO, § 11 Abs. 1 UStG 1994, § 12 UStG 1994
  • BFG vom 11.01.2017, RV/7101049/2010 (teilweise Stattgabe; Revision nicht zulässig)

Rechtssatz 1: Wer wann an wen was geleistet hat und wie hoch das Entgelt gewesen ist, sind die Mindest­anforderungen an eine Rechnung. Fehlt eine dieser Mindestanforderungen an eine Rechnung oder sind die Angaben in der Rechnung fehlerhaft, ist ein Vorsteuerabzug nur dann zulässig, wenn die Beschwerde führende Partei den Nachweis erbringt, dass die materiellen Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug erfüllt sind.

Rechtssatz 2: Von einer GmbH nach Konkurseröffnung ausgestellte Rechnungen sind der GmbH nur dann zurechenbar, wenn sie vom Insolvenzverwalter anerkannt werden.

Rechtssatz 3: Wird ein Rechnungsbetrag nach Konkurseröffnung der Insolvenzmasse zugewendet, ist die darin enthaltene Umsatzsteuer als Vorsteuer abziehbar.

Sachwalterentschädigungen sind Leistungsentgelt

  • § 276 ABGB, § 1 Abs. 1 UStG 1994, § 2 Abs. 1 UStG 1994, § 6 UStG 1994, § 253 BAO, § 1 Abs. 1 Z 1 UStG 1994, § 3 Abs. 1 UStG 1994, § 3a Abs. 1 UStG 1994, § 4 Abs. 1 UStG 1994, RL 2006/112/EG, Art. 9 RL 2006/112/EG, Art. 14 RL 2006/112/EG, Art. 24 RL 2006/112/EG, Art. 25 RL 2006/112/EG, Art. 73 RL 2006/112/EG, § 6 Abs. 1 Z 27 UStG 1994
  • BFG vom 30.12.2016, RV/5100604/2012 (Abweisung; Revision nicht zulässig)

Die Tätigkeit als Sachwalter ist unabhängig davon, ob andere Tätigkeiten oder welche anderen Tätigkeiten (zB als Rechtsanwalt) noch ausgeübt werden, umsatzsteuerbar. Daran ändert somit auch nichts, wenn die Tätigkeit eines Rechtsanwalts als Sachwalter in keiner Weise mit einer Tätigkeit zu vergleichen ist, die ein Rechtsanwalt üblicherweise im Rahmen seines Kanzleibetriebes erbringt. Die Ausführungen in der Beschwerde, es dürfe nicht sein, dass ein Sachwalter nur deswegen zur Umsatzsteuer herangezogen wird, weil er die diesbezügliche Tätigkeit im Rahmen einer anwaltlichen Tätigkeit ausübt, gehen daher ins Leere.

Verkauf gebrauchter Motorboote mit Zulassung

  • § 1 Abs. 1 Z 1 UStG 1994
  • BFG vom 02.01.2017, RV/4100321/2013 (teilweise Stattgabe; Revision nicht zulässig)

Der Verkauf eines gebrauchten Motorbootes mit einer Zulassung für einen bestimmten See besteht jeden­falls dann aus zwei selbstständigen Hauptleistungen, wenn die gegenständlichen Leistungen (Lieferung des Bootes, Überlassung der Zulassung) auch unabhängig voneinander als Hauptleistungen in Anspruch genommen werden können, und wenn für einen durchschnittlichen Käufer die wirtschaftliche Bedeutung der Zulassung unvergleichlich größer ist als die wirtschaftliche Bedeutung der Bootslieferung. In einem der­artigen Fall ist die Differenzbesteuerung (Art 314 MWSt-RL) jedenfalls nicht auf die Überlassung der Zulassung anzuwenden (vgl. VwGH 20.2.2008, 2006/15/0161; VwGH 23.5.2013, 2010/15/0165).

Beachte: Revision eingebracht.

1. "Provision" für Schule bei Fotografen Teil der Umsatzsteuerbemessungsgrundlage  
2. Schule bei Schulfotos Vermittlerin oder Kommissionärin

  • § 1 Abs. 1 Z 1 UStG 1994, § 3 Abs. 1 UStG 1994, § 3 Abs. 3 UStG 1994
  • BFG vom 15.12.2016, RV/4100618/2014 (teilweise Stattgabe; Revision teilweise zulässig)

Die Beschwerdeführerin (Bf.) ist Fotografin. Sie macht in Schulen Schulfotos. Sie schließt mit den Schulen (mündliche) Vereinbarungen ab. Die Schule bekommt „für den organisatorischen Aufwand“ einen Fixbetrag oder einen prozentuellen Anteil des von der Bf. für die Fotos festgelegten „Endabnehmerpreises“. Sie übernimmt die Organisation des Termins, das Inkasso und das Verteilen der Fotos sowie die Übermittlung der Retourbilder und des von den Schülern eingesammelten Geldes abzüglich der Provision an die Bf. Es gibt keine ein Kommissionsgeschäft dokumentierende Vereinbarung. Anhaltspunkte für ein Tätigwerden der Schule im eigenen Namen fehlen; es wurde auch nicht behauptet, dass allfällige Garantie- oder Gewährleistungsansprüche ihr gegenüber geltend zu machen wären. 
Im hier strittigen Fall liegt kein Kommissionsgeschäft vor, sondern ist die Bf. allenfalls als „Vermittlerin“ anzusehen. Die von der Schule einbehaltene „Provision“ ist Teil der Umsatzsteuerbemessungsgrundlage.

Beachte: Revision eingebracht. Beim VwGH anhängig zur Zahl Ro 2017/15/0012.

KöR: Vermietung einer Kirche

  • § 2 Abs. 3 UStG 1994
  • BFG vom 05.10.2016, RV/2100230/2013 (Abweisung bzw. Abänderung; Revision nicht zulässig)

Der Begriff „Vermietung und Verpachtung“ in § 2 Abs. 3 UStG 1994 ist anders (enger) auszulegen als der allgemeine Vermietungsbegriff des Unionsrechts. Die höchstgerichtliche Rechtsprechung hat angesichts des unionsrechtlichen Ermächtigungsspielraumes für das UStG 1994 aus dem allgemeinen Zivilrecht eine Untergrenze für Mietentgelte im Rahmen einer wirtschaftlichen Tätigkeit von Körperschaften öffentlichen Rechts abgeleitet (zB VwGH 3.9.2008, 2003/13/0086 oder VwGH 27.11.2014, 2012/15/0145). 
Daher ist eine unternehmerische (wirtschaftliche Tätigkeit) – auch unionsrechtlich – nur gegeben, wenn das Mietentgelt über einen Anerkennungszins hinausgeht.

Beachte: Revision eingebracht. Beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2017/15/0001.

Umsatzsteuer: Vermietung eines Einfamilienhauses durch eine GmbH an eine nahe stehende Person als den Vorsteuerabzug ausschließende steuerneutrale Tätigkeit (Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde)

  • § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994, § 8 Abs. 2 KStG 1988, § 2 Abs. 1 UStG 1994
  • BFG vom 28.09.2016, RV/2100279/2016 (Zurückverweisung; Revision nicht zulässig)

Rechtssatz 1: Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 10.02.2016, 2013/15/0284, erstmalig ausgesprochen hat, ist Voraussetzung für die Beurteilung eines Wohngebäudes als ein (körperschaft­steuer‑)neutrales und deshalb zum Ausschluss des Vorsteuerabzuges nach § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 führendes Vermögen, dass es für das von der Körperschaft errichtete Mietobjekt keinen funktionierenden Mietenmarkt gibt und der tatsächliche Mietzins - nicht nur moderat - unter einer angemessenen Rendite­miete liegt (also zu niedrig ist).

Rechtssatz 2: Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 10.02.2016, 2013/15/0284, ebenfalls erstmalig ausgesprochen hat, ist eine abstrakte Renditeberechnung jedenfalls dann nicht gerechtfertigt, wenn es für das von der Körperschaft errichtete Mietobjekt einen funktionierenden Mietenmarkt gibt (ebenso: VwGH 29.06.2016, 2013/15/0301).

Rechtssatz 3: Ist ein Wohngebäude nicht als (körperschaftsteuer-)neutrales und deshalb zum Ausschluss des Vorsteuerabzuges nach § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 führendes Vermögen einzustufen, so darf der Vorsteuerabzug nur versagt werden, wenn die Vermietungstätigkeit nicht als wirtschaftliche (unter­nehmerische) Tätigkeit einzustufen ist. Um bei der Überlassung des Gebrauches das Vorliegen einer unternehmerischen Tätigkeit ausschließen zu können, kommt entscheidendes Gewicht dem Gesamtbild der Verhältnisse zu, wobei nicht nur auf die Angemessenheit des Mietzinses abgestellt werden darf (vgl. VwGH 10.02.2016, 2013/15/0284).

Rechtssatz 4: Für die Körperschaftsteuer gilt bei nicht als (körperschaftsteuer-)neutral einzustufenden Wohngebäuden, dass - da dem Betriebsvermögen der Körperschaft zugehörig - ein unangemessen niedriger Mietzins bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen einer verdeckten Ausschüttung (§ 8 Abs. 2 KStG 1988) zum Ansatz fremdüblicher Betriebseinnahmen (Mieterträge) der Körperschaft führt (vgl. zB VwGH 29.01.2014, 2013/13/0111).

Organschaft: Aberkennung der Voraussetzungen nicht mittels (gesonderten) Fest­stellungsbescheid

  • § 92 Abs. 1 BAO, § 2 Abs. 2 Z 2 UStG 1994
  • BFG vom 28.09.2016, RV/7104699/2016 (Stattgabe; Revision nicht zulässig)

Gemäß dem in § 92 Abs. 1 BAO normierten Grundsatz der Subsidiarität von Feststellungsbescheiden ist kein Feststellungsbescheid zu erlassen, wenn die Frage in einem Abgabenverfahren mittels Abgaben­bescheid geklärt werden kann (vgl. VwGH 14.8.1991, Zl. 89/17/0174).
Über den Bestand oder Nichtbestand eines Organschaftsverhältnisses im umsatzsteuerlichen Sinn ist daher im jeweiligen Abgabenbescheid des Organträgers und der Organgesellschaft abzusprechen. Ein vorge­lagertes Feststellungsverfahren iSd § 92 BAO ist im Rahmen der Organschaft demnach nicht vorgesehen und rechtlich auch nicht möglich.

Verfahrensrecht

Gemäß § 184 BAO geschätzte Einkünfte aus der Geschäftsführertätigkeit bei einer zypriotischen Gesellschaft

  • § 207 Abs. 2 BAO, § 209 Abs. 1 BAO, § 274 Abs. 1 BAO, § 1 Abs. 2 EStG 1988, § 26 Abs. 1 BAO, Art. 4 DBA CY (E, V), Art. 14 DBA CY (E, V), § 184 BAO
  • BFG vom 12.12.2016, RV/7102523/2013 (teilweise Stattgabe; Revision nicht zulässig)

Die Abgabenbehörde ist an die im Spruch des die Partei betreffenden rechtskräftigen Strafurteils (erster Instanz) festgestellten Tatsachen bzw. an die tatsächlichen Feststellungen, auf denen dieser Spruch beruht, gebunden, soweit es sich um verurteilende Entscheidungen handelt; bei Freisprüchen besteht keine solche Bindung (z.B. VwGH 28.2.2008, 2005/16/0091; VwGH 2.9.2009, 2008/15/0045; VwGH 29.4.2010, 2007/15/0227; VwGH 25.5.2011, 2007/13/0152).
Bei Freisprüchen ist die Abgabenbehörde daher nur an die von der Strafbehörde als Hauptfrage ent­schiedenen Feststellungen gebunden, wenn diese Fragen im Abgabenverfahren nur eine Vorfrage darstellen. Bei der von der Abgabenbehörde als Hauptfrage zu entscheidenden Frage besteht hingegen keine Bindungswirkung an das freisprechende Urteil der Strafbehörde, sodass es der Abgabenbehörde unbenommen bleibt, nach eigener Anschauung im Rahmen der freien Beweiswürdigung zu entscheiden.

Beachte: Revision eingebracht. Beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2017/13/0014.

Keine Aufhebung (§ 299 BAO) eines unrichtigen Bescheides, wenn im Aufhebungsantrag keine haltbare Begründung für das Nichtvorliegen einer widerrechtlichen Verwendung eines Fahrzeuges dargetan wird

  • § 299 BAO
  • BFG vom 01.12.2016, RV/5100764/2014 (Abweisung; Revision zulässig)

Das Bundesfinanzgericht kann einen – aus einem im Aufhebungsantrag nicht angeführten Grund – unrichtigen Bescheid des Finanzamtes nicht gemäß § 299 BAO aufheben, wenn im Aufhebungsantrag die Unrichtigkeit des Bescheides auf eine andere Begründung gestützt wurde, die aber die Unrichtigkeit des Bescheides nicht mit Gewissheit darzutun vermag.

Vorliegen eines Hinterziehungstatbestandes im Sinne des § 207 Abs. 2 BAO im Falle nicht erklärter Vermögensveranlagungen in Liechtenstein

  • § 207 Abs. 2 BAO
  • BFG vom 15.12.2016, RV/1100071/2014 (teilweise Stattgabe; Revision zulässig)

Vorsätzliches Handeln beruht nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zwar auf einem nach außen nicht erkennbaren Willensvorgang, ist aber aus dem nach außen in Erscheinung tretenden Verhalten des Täters zu erschließen, wobei sich die diesbezüglichen Schlussfolgerungen als Ausfluss der freien Beweiswürdigung erweisen (vgl. VwGH 26.2.2015, 2011/15/0121, mwN, und VwGH 23.2.2010, 2007/15/0292, mwN). Ergibt sich dabei ein eindeutiges Gesamtbild, steht der Annahme vorsätzlichen Handelns auch nicht entgegen, dass dem zwischenzeitig verstorbenen Abgabepflichtigen kein rechtliches Gehör mehr gewährt werden kann.

Beachte: Revision eingebracht.

Zwangsstrafe wegen Nichtabgabe von Steuererklärungen

  • § 111 BAO, § 111 Abs. 1 BAO, § 20 BAO, § 110 BAO, § 119 BAO, § 133 BAO, § 135 BAO, § 134 BAO
  • BFG vom 17.10.2016, RV/7104782/2016 (Abweisung; Revision nicht zulässig)

Wenn die personellen und technischen Kapazitäten eines berufsmäßigen Parteienvertreters regelmäßig die rechtzeitige Erstellung von Steuererklärungen nicht zulassen, hat der Parteienvertreter entweder die personellen und technischen Ressourcen hierfür bereitzustellen oder die Zahl seiner Klienten den vor­handenen personellen und technischen Ressourcen anzupassen.

Zurückweisung des Antrages auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde (Vorlageantrag) gegen einen mangels Zustellung rechtlich nicht existent gewordenen Bescheid (Beschwerdevorentscheidung)

  • § 260 Abs. 1 lit. a BAO, § 262 BAO, § 264 BAO, § 272 Abs. 2 Z 1 lit. a BAO, § 274 Abs. 1 BAO, § 274 Abs. 3 BAO, § 9 ZustG
  • BFG vom 21.11.2016, RV/6100502/2016 (Zurückweisung; Revision nicht zulässig)

Beruft sich ein Rechtsanwalt gem. § 8 RAO auf die ihm erteilte Vollmacht, zeigt er damit der Behörde auch die für die betreffende Sache erteilte Zustellvollmacht an, ohne dass es noch einer besonderen Erwähnung oder eines urkundlichen Nachweises derselben bedarf. Ist ein Zustellbevollmächtigter einmal bestellt hat die Zustellbehörde, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist (zB §§ 83 und 103 BAO), diesen als Empfänger zu bezeichnen. Unterbleibt entgegen § 9 Abs. 3 ZustG die Bezeichnung des Zustellbevoll­mächtigten als Empfänger und erfolgt die Zustellung an den Vertretenen, so ist diese unwirksam. Eine Sanierung ist nach § 9 Abs. 3 zweiter Satz ZustG möglich.

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (Beschwerde gegen Haftungsbescheid): Eingewandte Zustellmängel und Bescheidwirksamkeit, spätestens gleichzeitige Nachholung der versäumten Handlung

  • § 308 Abs. 3 BAO
  • BFG vom 31.10.2016, RV/2101030/2016 (Abweisung; Revision nicht zulässig)

Das Verwaltungsgericht teilt die Rechtsmeinung der belangten Behörde, dass der Beschwerdeführer die Beschwerde gegen den Haftungsbescheid spätestens gleichzeitig mit dem Wiedereinsetzungsantrag hätte nachholen müssen. Bei der in § 308 Abs. 3 BAO getroffenen Anordnung, dass der Antragsteller die versäumte Handlung spätestens gleichzeitig mit dem Wiedereinsetzungsantrag nachzuholen hat, handelt es sich – anders als nach § 71 Abs. 3 AVG (Rechtslage nach Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 158/1998; vgl. VwGH 17.10.2002, 2002/20/0273) – um eine zwingende Voraussetzung für die Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Die Voraussetzung "spätestens" wurde – im Gegensatz zum AVG – durch das Abgabenänderungsgesetz 1996, BGBl. Nr. 797/1996, in die Bestimmung der BAO zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand eingefügt und – nach Inkrafttreten des die diesbezügliche Rechtslage zu § 71 Abs. 3 AVG ändernden Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 158/1998 – durch das Finanz­verwaltungsgerichtsbarkeitsgesetz 2012 – FVwGG 2012, BGBl. I Nr. 14/2013, als geltendes Recht bestätigt. Es handelt sich somit aufgrund des klaren Gesetzeswortlautes ("spätestens gleichzeitig") und die Bestätigung des gesetzgeberischen Willens durch das FVwGG 2012 um keinen Inhaltsmangel, der ver­besserbar (oder für sich nachholbar) ist. Das Unterbleiben der spätestens gleichzeitig mit dem Wieder­einsetzungsantrag nachzuholenden Beschwerde ist als Fehlen eines vom Antragsinhalt zu unter­scheidenden Erfordernisses zu werten und zieht die Zurückweisung des Wiedereinsetzungsantrages nach sich.

1. Anerkennung des Vertreterpauschales  
2. Verfrühter Vorlageantrag

  • § 167 Abs. 2 BAO
  • BFG vom 04.10.2016, RV/5102183/2015 (Abweisung; Revision nicht zulässig)

Beweislose Behauptungen muss das Gericht dann nicht als Glaubhaftmachung gelten lassen, wenn Denkgesetze oder allgemeines menschliches Erfahrungsgut eher gegen den behaupteten Sachverhalt sprechen (vgl. VwGH 23.9.1997, 97/14/0058).

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand

  • § 308 BAO, § 260 BAO, § 101 Abs. 3 BAO
  • BFG vom 02.11.2016, RV/7105398/2015 (Abweisung bzw. Zurückweisung; Revision nicht zulässig)

§ 101 Abs. 3 BAO gilt nicht nur für Feststellungsbescheide und Wiederaufnahmebescheide betreffend Einkünftefeststellung, sondern auch für Bescheide, die über einen Wiedereinsetzungsantrag betreffend das wiederaufgenommene Verfahren betreffend Einkünftefeststellung und über einen Wiedereinsetzungsantrag betreffend das Feststellungsverfahren absprechen (siehe auch Ritz, BAO-Kommentar, 5.Aufl., § 101, Tz.10).

1. Vorläufige Beschlagnahme von Eingriffsgeräten in das Glücksspielmonopol durch die Finanzpolizei; Einstellung des Beschwerdeverfahrens nach Ergehen des diesbezüglichen Beschlagnahmebescheides durch die BPD  
2. Fehlende Aktivlegitimation eines Eigentümers, der nicht auch Inhaber der beschlag­nahmten Gegenstände ist, zur Beschwerde gegen eine vorläufige Beschlagnahme

  • § 53 Abs. 2 GSpG
  • BFG vom 02.12.2016, RM/7100046/2015 (Einstellung; Revision nicht zulässig)

Betroffener einer vorläufigen Beschlagnahme eines Eingriffsgerätes nach dem Glücksspielgesetz (GSpG) ist diejenige Person, in deren Gewahrsame sich der Gegenstand zum Zeitpunkt der Maßnahme befunden hat.
Maßnahmenbeschwerden anderer Einschreiter, bspw. eines Eigentümers, der zum Zeitpunkt der vorläufigen Beschlagnahme nicht auch Inhaber der beschlagnahmten Gegenstände gewesen ist, sind daher mit Beschluss gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG zurückzuweisen (soweit nicht infolge Ergehens eines Beschlagnahmebescheides das Beschwerdeverfahren infolge Wegfalles eines Verfahrensgegenstandes ohnedies einzustellen ist).

Vorläufige Beschlagnahme eines "All-In-One"-PC als Eingriffsgerät gemäß § 53 Abs. 2 GSpG;  
Einstellung des diesbezüglichen Beschwerdeverfahrens, weil Beschlagnahmebescheid der LPD Wien ergangen

  • § 53 Abs. 2 GSpG, § 53 Abs. 1 GSpG
  • BFG vom 01.12.2016, RM/7100044/2015 (Einstellung; Revision nicht zulässig)

Das Verfahren vor dem BFG betreffend eine Beschwerde gegen eine vorläufige Beschlagnahme von Glücksspielgeräten durch Organe der Finanzpolizei ist subsidiär im Verhältnis zum Verfahren vor einem Landesverwaltungsgericht betreffend eine Beschwerde gegen den diesbezüglichen Beschlagnahme­bescheid (erlassen durch eine Bezirkshauptmannschaft oder Bundespolizeidirektion).
Dieser Verfahrensgrundsatz ist anzuwenden auch im Falle einer groben Rechtswidrigkeit der vorläufigen Beschlagnahme oder im Falle einer Unionsrechtswidrigkeit der bezughabenden Bestimmungen des Glücksspielgesetzes (GSpG).

Rechtmäßigkeit von Amtshandlungen der Betriebsprüfung

  • § 141 Abs. 1 BAO, § 143 BAO, § 283 Abs. 1 BAO
  • BFG vom 28.07.2016, RM/5100009/2016 (Abweisung; Revision nicht zulässig)

Die Regelungen über die Maßnahmenbeschwerde dienen nur der Schließung einer Lücke im Rechtsschutzsystem, nicht aber der Eröffnung einer Zweigleisigkeit für die Verfolgung ein und desselben Rechtes (vgl. VwGH 27.08.2008, 2008/15/0113). Was in einem Verwaltungsverfahren ausgetragen werden kann, kann daher nicht Gegenstand einer Maßnahmenbeschwerde sein.

Die bloße fernmündliche Erkundigung bei einer Auskunftsperson über den Aufenthalt einer dritten Person: Keine Ausübung einer unmittelbaren behördlichen Befehls- und Zwangsgewalt

  • § 166 BAO, § 165 BAO, § 143 BAO
  • BFG vom 05.09.2016, RM/7100036/2015 (Zurückweisung; Revision nicht zulässig)

Wenngleich gemäß 165 BAO den Abgabenbehörden grundsätzlich aufgetragen ist, in einer Abgabensache Auskünfte vorrangig mittels Kontaktaufnahme beim Abgabepflichtigen selbst bzw. bei dessen Vertreter einzuholen, hat die Behörde bei ihrer Entscheidung, von wem sie als Erstes Auskünfte beschafft, neben dem Interesse der Partei an der Geheimhaltung seiner Angelegenheiten und dem Interesse der potenziellen Auskunftsperson, mit derartigen Auskunftserteilungen möglichst wenig belastet zu sein, auch das Behördeninteresse an einer Gleichmäßigkeit der Besteuerung und Abgabenerhebung und der Sparsamkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungshandelns zu bedenken.
Ein Informations- oder Kommunikationsmonopol des Abgabepflichtigen dergestalt, dass Auskünfte in seiner Abgabensache zwingend als Erstes und / oder nur bei ihm selbst zu beschaffen wären, besteht nicht.

1. Einstellung eines Beschwerdeverfahrens wegen behaupteter Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt durch vorläufige Beschlagnahme von Glücksspielgeräten nach Ergehen der diesbezüglichen Beschlagnahmebescheide der Bezirkshauptmannschaft;   
2. der vom VfGH in Prüfung gezogene § 53 GSpG für die Entscheidung als allgemeine Verfahrensregel nicht präjudiziell

  • § 53 GSpG, § 86a Abs. 2 VfGG, § 86a Abs. 3 VfGG
  • BFG vom 10.08.2016, RM/7100040/2015 (Einstellung; Revision nicht zulässig)

Ergeht nach vorläufiger Beschlagnahme von Glücksspielgeräten durch die Finanzpolizei nachträglich ein Beschlagnahmebescheid durch die zuständige Bezirkshauptmannschaft, ist damit das Rechtsschutz­interesse von Betroffenen zur Führung eines eigenständigen Beschwerdeverfahrens zur Frage der Rechtsrichtigkeit einer ausgeübten unmittelbaren verwaltungsbehördlichen Befehls- und Zwangsgewalt beendet und ein beim Bundesfinanzgericht diesbezüglich anhängiges Verfahren gemäß § 28 Abs.1 2. Alt. VwGVG einzustellen.
Dabei schadet es auch nicht, wenn der Beschlagnahmebescheid nicht sämtlichen von der Maßnahme Betroffenen zugestellt worden ist - auch diese sind im Hauptverfahren beschwerdeberechtigt.
Für die Verfahrenseinstellung als allgemeine Verfahrensregel ist die konkrete, vom VfGH in Prüfung gezogene Norm des § 53 GSpG nicht präjudiziell.

Aufhebung einer Beschwerdevorentscheidung, wenn keine unerledigte Beschwerde mehr vorgelegen ist

  • § 2 Abs. 1 lit. c FLAG 1967, § 269 Abs. 2 BAO, § 278 Abs. 1 BAO, § 263 BAO, § 284d Abs. 2 ABGB, § 6 Abs. 5 FLAG 1967, § 243 BAO, § 264 BAO, § 78 BAO, § 2 Abs. 2 Satz 2 FLAG 1967, § 8 Abs. 5 FLAG 1967
  • BFG vom 18.01.2017, RV/7104666/2015 (Stattgabe; Revision zulässig)

Eine rechtswidrig ergangene Beschwerdevorentscheidung ist, wenn durch das Verwaltungsgericht mangels Beschwerde keine Entscheidung über die ihr vermeintlich zugrunde liegende Beschwerde zu treffen ist, auf Grund eines dem Verwaltungsgericht vorgelegten Vorlageantrags ersatzlos durch das Verwaltungsgericht aufzuheben.

Keine aufschiebende Wirkung bei möglicher Kreditaufnahme

  • § 30 Abs. 2 VwGG
  • BFG vom 16.01.2017, AW/7100020/2016 (keine Stattgabe; Revision nicht zulässig)

Ein Nachteil, der im Falle des Prozesserfolges vor dem Verwaltungsgerichtshof ohne weiteres in Geld ausgeglichen werden kann, ist – vor dem Hintergrund der Grundsatzentscheidung des Gesetzgebers, die einstweilige Vollstreckung von Erkenntnissen während des Revisionsverfahrens grundsätzlich zuzulassen – nicht unverhältnismäßig. Der Umstand, dass dem Revisionswerber eine allfällige Zahlung der Abgaben unter Zuhilfenahme von Fremdkapital möglich wäre, steht der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung selbst dann entgegen, wenn für die Kreditzinsen kein Ersatz oder nur ein unzureichender Ersatz zu erlangen wäre (VwGH 21.08.2015, Ra 2015/15/0049).

Beitritt zur Beschwerde nach Untergang der Gesellschaft nicht zulässig

  • § 260 Abs. 1 lit. a BAO, § 79 BAO, § 257 BAO, § 257 Abs. 2 BAO, § 278 Abs. 1 BAO
  • BFG vom 24.01.2017, RV/2101723/2016 (Zurückweisung; Revision nicht zulässig)

Nach Untergang einer juristischen Person kann eine Entscheidung des BFG mangels Bescheidadressaten nicht mehr rechtswirksam erlassen werden. Die Beschwerde ist als unzulässige zurückzuweisen.
Auch der Beitritt des ehemaligen gesetzlichen Vertreters dieser Gesellschaft zu einer Beschwerde nach deren Untergang (Verlust der Prozess- und Handlungsfähigkeit) ist unzulässig. Dies auch dann, wenn die Gesellschaft bei Einbringung der Beschwerde noch existierte.

1. Normverbrauchsabgabe – widerrechtliche Verwendung gemäß § 82 Abs. 8 KFG idF BGBl. I Nr. 132/2002
2. Zurückweisung eines Vorlageantrages im Falle einer trotz dem Bundesfinanzgericht bereits vorgelegten Beschwerde ergangenen Beschwerdevorentscheidung

  • § 300 Abs. 1 BAO
  • BFG vom 03.02.2017, RV/1100617/2014 (Stattgabe; Revision nicht zulässig)

Dem Zweck des § 300 BAO entsprechend können Abgabenbehörden nach Beschwerdevorlage keine (weitere) Beschwerdevorentscheidung mehr erlassen (vgl. VwGH 22.10.2015, Ro 2015/15/0035). Erlässt die Abgabenbehörde daher ungeachtet der bereits erfolgten Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanz­gericht eine Beschwerdevorentscheidung, erfolgt dies außerhalb ihrer Zuständigkeit und hat dies im Sinne des § 300 Abs. 1 BAO die Nichtigkeit einer solchen Erledigung zur Folge. Ein gegen eine solche Erledigung gerichteter Vorlageantrag ist daher als unzulässig zurückzuweisen.

Unzulässige Beschwerde der aufgelösten GmbH & atypisch stillen Gesellschaft gegen den Feststellungsbescheid gemäß § 188 BAO

  • § 188 BAO, § 191 Abs. 2 BAO, § 246 BAO
  • BFG vom 10.02.2017, RV/2100148/2012 (Zurückweisung; Revision nicht zulässig)

Der aufgelösten GmbH & atypisch stillen Gesellschaft kommt gemäß § 191 Abs. 2 iVm § 246 BAO keine Aktivlegitimation zur Erhebung einer Beschwerde gegen den an deren ehemalige Gesellschafter ergangenen Feststellungsbescheid gemäß § 188 BAO zu.

Verwaltungsstrafsachen

Bezahlung der Parkometerstrafe unter Angabe einer falschen Identifikationsnummer (Schreib- bzw. Tippfehler)

  • § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung, § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006
  • BFG vom 30.12.2016, RV/7501404/2016 (teilweise Stattgabe; Revision nicht zulässig)

Neben dem Fehlen bisheriger Vorstrafen ist als Milderungsgrund für die Strafbemessung zu berücksichtigen, wenn ein Beschuldigter durch fristgerechte Bezahlung der Verwaltungsstrafe die Einleitung eines ordentlichen Verwaltungsstrafverfahrens vermeiden wollte, dies ihm aber durch Angabe einer nicht korrekten Identifikationsnummer misslang. Da es sich bei der fehlerhaften Zahlungsüberweisung nicht um eine gravierende Übertretung des Parkometergesetzes handelte, können die Folgen der Tat in Ansehung des vorliegenden Sachverhaltes als gering bezeichnet werden.

Parkometerabgabe; Lenkererhebung; Namhaftmachung einer GmbH

  • § 1 Abs. 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung, § 2 Wiener Parkometergesetz 2006, § 4 Wiener Parkometergesetz 2006, § 9 VStG, § 9 Abs. 1 VStG, § 9 Abs. 7 VStG, § 5 Abs. 1 VStG
  • BFG vom 22.12.2016, RV/7501285/2016 (Abweisung; Revision nicht zulässig)

Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH zur dem § 2 Wiener Parkometergesetz 2006 inhaltlich gleichen Vorgängerregelung des § 1a Wiener Parkometergesetz, LGBl Nr 47/1974 idF LGBl Nr 24/1987, ist es Sinn und Zweck dieser Bestimmung, der Behörde die jederzeitige Feststellung des verantwortlichen Lenkers eines Fahrzeuges ohne langwierige und umfangreiche Erhebungen zu ermöglichen.
In der angeforderten Auskunft ist jene physische Person zu nennen, der zum fraglichen Zeitpunkt das mehrspurige Kraftfahrzeug überlassen war. Einem Auskunftsbegehren ist dann nicht entsprochen, wenn der Behörde mitgeteilt wird, das Fahrzeug einer Gesellschaft überlassen zu haben (vgl. VwGH 31.8.2016, Ra 2014/17/0032).

Voraussetzung für die Durchführung der mündlichen Verhandlung in Abwesenheit der Partei ist eine ordnungsgemäße Ladung (zu § 45 Abs. 2 VwGVG)

  • § 44 Abs. 1 bis 3 VwGVG, § 45 Abs. 2 VwGVG, § 19 Abs. 3 AVG
  • BFG vom 16.01.2017, RV/7500278/2016 (Abweisung; Revision nicht zulässig)

Voraussetzung für die Durchführung der mündlichen [Beschwerde]Verhandlung in Abwesenheit der Partei ist eine ordnungsgemäße Ladung. Eine solche liegt vor, wenn der Ladungsbescheid inhaltlich den gesetzlichen Erfordernissen (§ 19 AVG) entspricht und ordnungsgemäß im Sinne der Bestimmungen des Zustellgesetzes zugestellt wurde (vgl. VwGH 16.10.2009, 2009/02/0019).

Auslagendekoration ist keine Ladetätigkeit

  • § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung, § 25 StVO 1960, § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, § 43 Abs. 1 lit. c StVO 1960
  • BFG vom 13.01.2017, RV/7501145/2016 (Abweisung; Revision nicht zulässig)

Wird eine Ladezone zum vorgesehenen Zweck verwendet, ist das darin abgestellte Fahrzeug von der Kurzparkzonenregelung ausgenommen (1099 BlgNR XV. GP). Die Kurzparkzone wird somit nicht zur Gänze unterbrochen, sie gilt nur gegenüber jenen Fahrzeugen nicht, die ausschließlich für die Be- oder Entlade­tätigkeit dort abgestellt werden (VwGH 16.12.1983, 81/17/0168).
Die Ladetätigkeit erfasst ausschließlich das Be- und Entladen, nicht jedoch Dekorationsarbeiten in einer Apotheke mit zuvor entladenem Ladegut, welche die Bf. durchgeführt hat.

Wiederaufnahme von Verwaltungsstrafverfahren: res iudicata, wenn über den selben Antrag bereits ein rechtskräftiger Bescheid vorliegt

  • § 68 Abs. 1 AVG
  • BFG vom 27.01.2017, RV/7500853/2016 (Abweisung; Revision nicht zulässig)

Rechtssatz 1: Weder mangelhafte Ermittlungen noch die unrichtige Lösung einer Rechtsfrage im bereits rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren können an der entschiedenen Sache etwas ändern (VwGH 31.07.2006, 2006/05/0158).

Rechtssatz 2: Aus dem Gedanken der materiellen Rechtskraft folgt grundsätzlich eine Bindungswirkung an eine behördliche Entscheidung (vgl. dazu etwa VwGH 19.01.2016, Ra 2015/01/0070; VwGH 13.09.2016, Ro 2015/03/0045).

Rechtssatz 3: Alle Parteien eines rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens haben einen Rechtsanspruch auf Beachtung der eingetretenen Rechtskraft (VwGH 19.01.2016, Ra 2015/01/0070). Im Zusammenhang mit diesem Grundsatz ist die einschlägige Rechtsprechung zu § 68 AVG in sinngemäßer Weise heranziehbar. Daraus ist abzuleiten, dass über ein und dieselbe Rechtssache nur einmal rechtskräftig zu entscheiden ist (ne bis in idem). Mit der Rechtskraft ist die Wirkung verbunden, dass die mit der Entscheidung unanfechtbar und unwiderruflich erledigte Sache nicht neuerlich entschieden werden kann (Wiederholungsverbot). Einer nochmaligen Entscheidung steht das Prozesshindernis der entschiedenen Sache (res iudicata) entgegen (vgl. dazu VwGH 24.04.2015, 2011/17/0244).

Bescheidaufhebung wegen Festsetzungsverjährung

  • § 323 Abs. 38 BAO, FristVO, VO 1182/71, ABl. Nr. L 124 vom 08.06.1971 S. 1
  • BFG vom 17.01.2017, RV/7200102/2013 (teilweise Stattgabe; Revision nicht zulässig)

Im Zollrecht ist die Fristen-VO anzuwenden. Es trifft nicht zu, dass sich aus der Anwendung der Fristen-VO im Vergleich zu den Bestimmungen des § 108 Abs. 2 BAO generell eine um einen Tag längere Frist ergibt (siehe auch EuGH 11.11.2004, C-171/03).

Abrechnungsbescheid

  • Art. 213 ZK, § 216 BAO
  • BFG vom 31.01.2017, RV/2200033/2015 (Abweisung; Revision zulässig)

Ist ein Abgabenschuldner nur für einen Teil der auf einem Konto verbuchten Abgaben gesamtschuldnerisch verpflichtet, sind ihm Zahlungen der anderen Gesamtschuldner mangels Zuordenbarkeit erst dann anzurechnen, wenn und insoweit die offenen Abgabenschulden der anderen Gesamtschuldner den Betrag, für den der Abgabenschuldner herangezogen worden ist, nicht mehr übersteigen.

Inanspruchnahme eines Zollanmelders als Zollschuldner für nachträglich buchmäßig erfasste Einfuhrabgaben und Festsetzung einer Abgabenerhöhung

  • § 108 Abs. 1 ZollR-DG, § 279 Abs. 1 BAO
  • BFG vom 09.02.2017, RV/1200073/2015 (teilweise Stattgabe; Revision nicht zulässig)

Das Bundesfinanzgericht hat grundsätzlich auf Grund der zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung gegebenen Sach- und Rechtslage zu entscheiden (§ 279 BAO), soweit sich nicht insbesondere aus dem Grundsatz der Zeitbezogenheit von Abgabenvorschriften das Gebot zur Anwendung der zu einem bestimmten früheren Zeitpunkt maßgebenden Rechtslage ergibt oder ein Sachverhalt zu einem in der Vergangenheit liegenden Zeitpunkt zugrunde zu legen ist. Im Falle einer Festsetzung einer Abgabenerhöhung (nach dem früheren § 108 Abs. 1 ZollR-DG) hat das Verwaltungsgericht von der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt seiner Entscheidung auszugehen, da der Abgabenanspruch der Abgabenerhöhung erst mit der Festsetzung entsteht.

Beachte: Revision eingebracht (Amtsrevision).